09.03.2013 - 7:40 Uhr - 81,00 km / 560 Hm+ / 560 Hm- (Trainingslauf)
Chemnitz - ehemals sächsische Industriemetropole, heute nur noch ein Ortsteil von Blankenhof??
Das Haus Annett Biefeld - Mirko Brommont läd zur Geburtstagsfeier nach Neustrelitz und wir stehen mit auf der Gästeliste! Um jedoch aktiv und ohne Gewissensbisse am abendlich-nächtlichen Umtrunk und Freßgelage teilnehmen zu können, muß tagsüber der Körper auf so eine außergewöhnliche Extremsituation vorbereitet werden, d.h. Fettspeicher leeren und dem Gehirn mit Lauf-Sport eine sonst gesunde Lebensweise vorgaukeln.
Mecklenburg-Vorpommern bietet aufgrund seiner vielen Rad- und Wanderwege genügend ausgeschilderte Laufstrecken. Für den Neustrelitzer bietet sich da die Tollensesee-Umrundung an, vielleicht auch noch mit Hin- und Rückweg von bzw. nach Neustrelitz. Das wären so rund 64 Kilometer mit 500 Höhenmetern. Doch ich will unbedingt beim Namensvetter meiner Heimatstadt vorbeischauen, also muß der Bogen bis Chemnitz, westlich von Neubrandenburg gelegen, ausgedehnt werden.
Freitagabend treffen wir bei unseren Gastgebern ein. Es gibt viel zu erzählen, deshalb ist die Nacht auch recht kurz. Im Morgengrauen verlassen Ute und ich unbemerkt (?) das Haus am Bürgerhorst im Süden der Stadt. Das wir den Tag mit Laufen verbringen wollen ist bekannt und bis zum Beginn der Feier um 18 Uhr haben wir ja auch genügend Zeit dafür.
Nach Neubrandenburg würde auch ein Zug fahren! Nur noch 400 Meter bis zum Polarkreis?
Entgegen der angsteinflösenden Wetterprognose (15 bis 20 cm Neuschnee) vom Vortag ist es trocken und sogar die Sonne läßt sich bei unserem Start blicken. Ein eisiger Wind weht uns durch's Haar, während wir die ersten Kilometer durch Neustrelitz laufen. Es folgt der Radweg über Weisdin nach Blumenholz, immer an der B96 entlang. An den Naturschutzgebieten Hellberge und Ziemenbachtal vorbei, durch Wendfeld nach Prillwitz säumen alte Robinien, Birnbäume und Pappeln mit Mistelbewuchs unseren Weg.
Unterhalb des Sees Lieps biegen wir Richtung Usadel ab. Unzählige, nummerierte Kopfweiden, welche stellenweise nur noch von der Rinde zusammengehalten werden, stehen entlang des im Profil welligen Radweges. Bis Klein Nemerow bietet die Strecke ständig Blickkontakt zum Lieps und zum Tollensesee.
Gefällemeter... ... und Steigungsmeter.
Der Weg verläuft nun im Wald in Ufernähe des Tollensesees und nach 32 Kilometern erreichen wir Neubrandenburg. Wir müssen jetzt allerdings das Seeufer verlassen und uns weiter in die Stadt wagen, da der Magen knurrt und es ja auch schon straff auf Mittag zugeht. Ein "Norma"-Markt eignet sich hierbei hervorragend als Verpflegungspunkt. Während Ute den Einkauf (der sich jedoch nur auf den Erwerb von "Zuckerwasser" beschränkt) erledigt, mache ich mich nochmal mit der Wanderkarte vertraut. Zum "Energydrink" aus dem Laden gibt es "Snickers" aus dem Rucksack - der Körper ist somit bestens versorgt und zu neuen Taten bereit.
Im Nemerower Holz am Tollensesee. Die Grüne (Bambini-)Runde ist uns zu wenig!
Wir verlassen die "Stadt der vier Tore" in westlicher Richtung auf dem Radweg an der B104. Er führt bis kurz hinter Weitin. Dort müssen wir dann zum Laufen auf die Bundesstraße ausweichen, da kein Weg mehr vorhanden ist. Es sind aber "nur" 3 Kilometer und dann stehen wir am Ortsschild von Chemnitz. Der Fotoapparat glüht! Mehrere gestellte Szenen rund um dieses und weitere "Chemnitz"-Schilder werden für die Nachwelt festgehalten.
Wir begeben uns ins Ortsinnere. Ein ausgeschilderter Sportplatz erzeugt Interesse und nach absolvierter Marathondistanz ist dieser dann auch erreicht. Schön, daß hier für die Kinder des Ortes ein Bolzplatz zur Verfügung steht, dachte ich mir beim Anblick der Wiese. Aber hier wird Landesklasse-Fußball gespielt, der "SV 1950 Chemnitz e.V." hat hier sein Domizil!
"LPG-Arena": die Spielstätte der Nr. 1 im Chemnitzer Fußball, die des "SV 1950 e.V.".
Eine Besichtigung der Dorfkirche, welche 1305 erstmals erwähnt wurde, folgt. Dann geht es weiter Richtung Penzlin. Es folgt der Ortsteil "Chemnitz Ausbau" - nur ein paar Häuser und dazwischen ein ständig geschlossener Bahnübergang. Per Sprechfunk kann man die Öffnung der Schranken beim Wärter beantragen. Ute tut dies, obwohl wir als Fußgänger auch so weiter kämen. Eine undeutliche Ansage der Bahnmitarbeiterin läßt uns anfangs noch auf ein schnelles Passieren der Schienen hoffen, aber mit Minute für Minute verfliegt diese Hoffnung so nach und nach. Der mittlerweile ebenfalls wartende Postbote, meint, daß es dauert, wenn ein Zug im Anmarsch ist. Und kurz darauf ist es auch so weit, ein schier endloser Güterzug rollt an uns vorbei.
Auf unserem weiteren Weg kommen wir durch ein Waldstück, dort kann man noch Ruinenteile einer 1952 stillgelegten wasserbetriebenen Getreidemühle erahnen. Zwischen dem Brandmüllerberg (59 m üNN) linkerhand und dem Bäkenberg (62 m üNN) rechterhand verläuft die nun leicht steigende Straße nach Wulkenzin. Vor dem Ort biegen wir auf den alten Bahndamm ab. Dieser bringt uns direkt zum zweiten Verpflegungspunkt nach Penzlin. Im "Netto" dann die gleiche Rollenverteilung wie in Neubrandenburg. Ute überrascht mich diesmal mit Salzstangen (jedoch fast ohne Salz), Cola (im mitnahmefreundlichen 0,33er Gebinde) und Radler (in der Plasteflasche) zum Sofortverzehr. Ich kenne in der Zwischenzeit den weiteren Weg durch "Punschendörp" zum Großen Stadtsee.
Diesen umlaufen wir am Westufer anfangs noch auf gut zu erkennenden Wanderwegen, welche später in Trampelpfade und dann in Wiese und Morast übergehen. Natur pur - vom See her tönt lautstarkes Geschnatter und Rehwild flüchtet vor uns durchs Dickicht. Nur Holzbrücken über kleinere Kanäle künden noch von der Erschließung dieses Gebietes für den Wanderer (oder Läufer).
Leider verlasse ich mich in diesem Terrain ganz auf meinen Orientierungssinn und so kommt es, das wir am Ende des Kleinen Stadtsees nicht den Weg Richtung Hohenzieritz nehmen, sondern zurück nach Werder laufen. Nun wird aus der gewollten Abkürzung doch der etwas längere Weg über Zippelow nach Prillwitz.
Noch 13 Kilometer sind es vom Prillwitzer Dammwildgehege bis zur Geburtstagsfeier. Es werden so ca. 80 Kilometer - jetzt muß ich Ute erklären, daß ich diese Distanz nicht geplant hatte. Es gelingt mir! Der Rest der Strecke ist uns vom Hinweg her bekannt. Beim Durchlaufen Weisdin's erkundigt sich die "Wettkampfleitung" aus der Bürgerhorststraße telefonisch nach unserem Bleiben und ob sie uns mit dem Auto abholen sollen. Jetzt kurz vorm Ziel ein DNF? Nicht mit uns! Und um dies zu untermauern, wird aus einer von mir gut gemeinten "Abkürzung" noch ein kleiner (etwas längerer) Stadtrundgang durch Neustrelitz. Auch biegen wir nicht gleich in unser Quartier ein, da wir wenigstens noch den letzten Kilometer "voll" machen wollen: 9:40 Stunden Brutto (also mit Pausen) oder 8:15 Stunden reine Laufzeit werden letztendlich ins Trainingstagebuch notiert.
Kilometer 60, es folgt noch ein Halbmarathon! Glücklich im Ziel in Neustrelitz-Süd.
Gefeiert wurde dann auch! Trotz "Vorbelastung" gehören wir zur Handvoll Finisher, die bis 4 Uhr durchhalten. Der Morgen bringt die angekündigten 15 cm Neuschnee und die Heimfahrt zieht sich deshalb ungewollt in die Länge. Trotzdem war es ein schönes Lauf- und Sauf-Wochenende in MV!
Zur Heimfahrt am Sonntag ist der Winter zurück! Buntspecht beim Frühstück.
Weitere Bilder gibt es hier!