08.03.2015 - 8:45 Uhr - 67,5 km / 725 Hm+ / 725 Hm- (Trainingslauf)
Ute's "Frauentagsrunde" widmet sich heute den Kirchengebäuden im westlichen Teil von Chemnitz.
Nach dem meteorologischen Frühlingsbeginn stehen standesgemäß die etwas längeren Wochenend-Läufe auf dem persönlichen Trainingsprogramm. Da bietet es sich regelrecht an, die noch fehlenden Gotteshäuser unserer ersten "Kirchen-Tour" von vor fünf Monaten, mit einer Besichtigungsrunde u.a. durch die westlichen Zwangseingemeindungen der späten neunziger Jahre, zu ergänzen.
Der Wetterdienst hat Sonnenschein und bis zu 17°C (Außentemperatur) gemeldet - es scheint sich also für den Wochenendausflug alles "im grünen Bereich" einzupegeln. Auch der heutige "Frauentag" hat längst seine ursprünglichen Ziele erreicht, so gibt es heute Gleichberechtigung von Mann und Frau, Frauenquoten und völlig sinnfreie "Innen"-Anhängsel für alle möglichen Personengruppen. Warum sollte es da in unserer Beziehung anders sein? Die Arbeit wird geteilt, indem Ute die Idee der "Kirchen-Tour Teil 2" hat und ich mich um eine relativ effektive Umsetzung dieser Vorgabe kümmere. Auch die Frauenquote liegt bei dieser Unternehmung bei 50% - alles ganz nach dem Geschmack der FrauenrechtlerInnen von vor über einhundert Jahren!
Bei 2°C und von Chemtrails durchzogenem, noch wolkenfreien Himmel starten wir von Altchemnitz nach Erfenschlag. Dort gibt es allerdings keine Kirche, jedoch steht neben der ehemaligen Schule die Friedensglocke, welche 2005 zum 60. Jahrestag der Bombardierung von Chemnitz geweiht wurde. Sie gehört einfach mit zu unserer Runde, da sie an die immensen sinnlosen Zerstörungen und an das Leid des Krieges erinnert. Viele (Chemnitzer) Kirchenbauten wurden in den Jahrhunderten ihres Bestehens immer wieder "Opfer" von Kriegen. Sie wurden ausgeplündert, zweckentfremdet oder niedergebrannt. So auch in Einsiedel, der mit 93% zerstörter Bausubstanz, meistbeschädigten Ortschaft in Sachsen, wo die Jakobikirche beim alliierten Bombenterror vollständig zerstört wurde.
Chemtrails über Chemnitz. Friedensglocke Erfenschlag.
Entlang der Zwönitz flußaufwärts laufend, gelangen wir nach Einsiedel - 1254 erstmals erwähnt und 1997 "freiwillig" nach Chemnitz eingemeindet. Dort biegen wir am Bahnübergang auf den Harthauer Weg hinauf zur Kirche ab. Bevor wir uns jedoch dem Sakralbau widmen, erweisen wir meinem Bruder auf dem Friedhof die Ehre. Er war 2003 im Wallis unter bisher nicht geklärten Umständen bei einer Bergtour ums Leben gekommen und erst elf Monate später durch einen Zufall gefunden worden. So sinnlos sein zu frühes Ableben auch war, es hat mir die Liebe zur Bergwelt zurückgegeben. Was wir als Kinder in der Hohen Tatra unternahmen und er bei seinen Bergfahrten in den Alpen erlebte, versuche ich nun (in etwas anderer Form) "nachzuholen". Meine sportlichen Interessen verlagerten sich später mehr vom Ball- zum Ausdauersport, denn sowohl beim Fußball, als auch beim Ski-Langlauf oder Laufsport war er um Längen besser als ich. Andy war ein Naturtalent!
Es fällt wie immer schwer, nach so einem Friedhofsbesuch zum Alltag überzugehen. Wir wechseln die Straßenseite und stehen vor der Jakobikirche. Deren Grundsteinlegung erfolgte am 14. Oktober 1822 und erst am 23. Juli 1827 wurde das neue Gotteshaus fertiggestellt. Die Weihe fand am 9. September 1827 statt. Der langwierige Bau verteuerte sich von veranschlagten 12.000 Talern auf 16.000 Taler, brachte aber eine der "schönsten Landkirchen in Sachsen" ins Zwönitztal. Am 5. März 1945 brannte sie, durch die Bombenangriffe, bis auf die Umfassungsmauern nieder, mit ihr wurde auch der 1510 beschaffte Flügelaltar in den Flammen vernichtet. Im Jahr 1953 begann der Wiederaufbau, wobei die neue Turmhaube eine wesentlich schlichtere Form, wie das Original aufweist. Am 18. September 1966 wurde die Kirche neu geweiht und in der Folgezeit weiter instandgesetzt.
Die ursprüngliche Einsiedler Kirche befand sich neben dem heutigen Standort auf dem alten Friedhof. Diese mittelalterliche Chorturmkirche (vermutlich aus dem 15. Jahrhundert) wurde nach der Weihe der neuen Kirche 1828/29 abgetragen und mit deren Material das Kantorat errichtet.
Wir verlassen nun die "Perle des Zwönitztals" und nehmen den weiteren Anstieg zum Aussichtspunkt Pappel. Von dort gelangen wir geradewegs nach Berbisdorf, welches 1935 von Einsiedel einverleibt und somit 1997 von Chemnitz "mitgeschluckt" wurde.
St.-Jacobi-Kirche Einsiedel. ... diese Friedhofsbesuche tun immer noch weh!
Die Berbisdorfer Kirche liegt direkt am "Ortseingang" unseres Weges. Sie wurde 1904/05 gebaut und überstand den 2. Weltkrieg fast unbeschadet. Jedoch mußten (wie fast überall in Deutschland) 1917 und 1942 die beiden größeren Glocken kriegsbedingt abgegeben werden. Sie wurden als "Metallspende des deutschen Volkes" eingeschmolzen und dienten so als wichtiger Rohstoff für die Rüstungsindustrie. Zudem wurden Anfang 1917 die 29 Orgelpfeifen vom Militärfiskus beschlagnahmt. Das Gotteshaus wurde in den Jahren 1955 bis 2003 immer wieder renoviert und erhielt 1964 einen neuen Glockenstuhl mit drei neuen Glocken. Von 1993 bis 2001 fehlte der Kirche jedoch das Turmkreuz, da es nach einem starken Sturm abgenommen werden mußte und erst nach achteinhalb Jahren ersetzt wurde.
Wir begeben uns nun durch die angrenzende, um die Jahrtausendwende errichtete Eigenheimsiedlung, zum Ortsausgang. Wir queren die B95 und gelangen auf der Landwirtschaftsstraße ins Würschnitztal nach Klaffenbach, welches ebenfalls 1997 von Chemnitz eingemeindet wurde. Zu den Sehenswürdigkeiten des um 1150 entstandenen Ortes zählt neben dem Wasserschloß aus dem 16. Jahrhundert das in den Jahren 1910/11 im Reformstil erbaute Gotteshaus, welches 1936 den Namen Kreuzkirche erhielt. Auch hier wurden die Bronzeglocken im 1. Weltkrieg eingezogen, welche 1920 durch Glocken aus Eisenhartguß ersetzt wurden.
Berbisdorfer Kirche. Kreuzkirche Klaffenbach.
Vorbei am Fußballplatz laufen wir auf der Straße Richtung Adorf, zum Nordrand des Mittelerzgebirges. Wir nehmen aber nicht den direkten Weg, sondern biegen auf einem Feldweg hoch zum Rödelwald ab und nehmen dann den Parallelweg zur Straße, der uns zum Adorfer Kindergarten bringt. Etwas talwärts liegt linkerhand der am 1. Oktober 1909 geweihte Friedhof mit dem am 13. Dezember 1909 geweihten Gotteshaus. Am 24. Mai 1909 wurde der Grundstein für die Adorfer Kirche gelegt und schon am 19. Juni konnte das Richtfest gefeiert werden.
Die drei bronzenen Glocken wurden 1918 für die Kriegswirtschaft eingezogen. Da die Schallöcher im Turm zu klein waren, wurden sie vor Ort zerschlagen und nach Einsiedel abtransportiert. Dort blieben die "Trümmer" der Glocken liegen, da sie für die Industrie im zu Ende gehenden Krieg nicht mehr benötigt wurden. Im März 1923 werden dann drei neue Klangstahlglocken geweiht - im Klang den alten Bronzeglocken "unterlegen", aber sie "überleben" (aufgrund ihres Materials) den 2. Weltkrieg.
Der Jakobsweg geleitet uns nun vom Friedhof zur Verbindungsstraße zwischen Adorf und Jahnsdorf. Wir queren den Ort (ohne "Kirchenbesuch") und nehmen am Freibad den Wanderweg neben der Würschnitz am Schwarzen Felsen entlang nach Leukersdorf. Es folgt ein größerer Straßenabschnitt und so ziemlich in der Mitte des langgezogenen Ortes treffen wir auf die Kirche, deren Geschichte bis in das Jahr 1250 zurückgeht. Die romanische Pforte ist als ältester Zeitzeuge noch erhalten, 1782 wurde der Innenraum erweitert und 1863 wurde eine mechanische Orgel eingebaut. Granateneinschläge zerstören 1945 das Dach und die Decke und im "Wendejahr" 1989 wird durch einen Gutachter die Baufälligkeit der Kirche festgestellt. Von 1991 bis 1997 erfolgte deshalb eine umfangreiche Rekonstruktion des Gotteshauses.
Die Kirchen von Adorf (li.) und Leukersdorf (re.) gehören zwar nicht zu Chemnitz, aber zu unserer Tour.
Entlang der Straße führt uns die Route zum 1999 eingegliederten Stadtteil Mittelbach, der 1331 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Vermutlich 1470 wurde die (heutige) Peter-Pauls-Kirche erbaut. Im Jahr 1473 erhielt sie ein Glockengeläut, welches 1917 dem 1. Weltkrieg zum Opfer fiel. Die daraufhin 1920 geweihten Bronzeglocken wurden 1942 kriegsbedingt eingeschmolzen. Von 1956 bis 2001 verrichteten danach drei Stahlglocken ihren Dienst, welche heute in der Glockenhütte neben der Kirche ausgestellt sind. Das Gerüst bildet dabei das über 500 Jahre alte Gebälk des Glockenstuhls, der 2001 ausgetauscht werden mußte.
Während ich mich um die Geschichte rund um die Kirche und den Friedhof kümmere, bemüht sich Ute um die Funktionalität ihres "streikenden" Fußes. Danach gibt es noch einen (geteilten) Snickers und etwas zu Trinken vom im Rucksack mitgeführten Proviant, bevor wir uns weiter in Richtung Grüna begeben. Auf dem Mittelbacher Fußball"acker" wird gerade dem runden Leder nachgejagt, auf dem traditionsreichen Grünaer Sportplatz Wiesengrund ist jedoch nur der Platzwart aktiv. An der Sportgaststätte hatten wir eine kleine Trinkpause eingeplant, werden aber enttäuscht. Oben auf dem Mittelbacher Fußballplatz wäre die Möglichkeit des Nachtankens gegeben, da die Spiele des FSV Grüna-Mittelbach zur Zeit alle auf jenem Platz ausgetragen werden, erfahren wir von einem Vereinsmitglied. So ziehen wir weiter und erreichen die Grünaer Kirche über den "Umweg" Schachtweg/Chemnitzer Straße.
Neben einer Denkmalanlage der örtlichen Kriegsgefallenen erhebt sich der imposante neugotische Ziegelbau der 1892 bis 1894 errichteten Kreuz-Kirche, deren Turm stattliche 65 Meter mißt. Von den ursprünglich geweihten vier Bronzeglocken ist heute nur noch eine erhalten, die anderen wurden 1916 und 1941 eingezogen und 1951 mit drei Eisenhartgußglocken ersetzt. Von 1968 bis 1989 mußte die Kirche Stück für Stück saniert werden, da "Pfusch am Bau" der Substanz mächtig zugesetzt hatte. Im Anschluß daran wurde der Kirchturm erneuert.
Kirche Mittelbach. Kirche Grüna.
Mein ursprünglicher Streckenplan sah nun den weiteren Verlauf zur St.-Georg-Kirche in Rabenstein vor. Da wir aber schon 30 Kilometer auf der Uhr haben, scheint die Sache kilometermäßig etwas aus dem Ruder zu laufen. Wir nehmen also den Anlaufpunkt Reichenbrand (der als Teil für den Rückweg über Neukirchen und Harthau gedacht war) als nächstes Zwischenziel auf den Plan. So sparen wir uns auch das zu erwartend große Gedränge am Grünaer Forsthaus und durch den Rabensteiner Wald.
Wir nehmen die "ruhigere" Dorfstraße und erreichen über die Rabensteiner die Hohensteiner Straße, welche uns direkt zur Johanneskirche in Reichenbrand führt. bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts führt die hiesige Kirchentradition zurück. Im Januar 1802 wurde die alte (von 1699 bis 1701 an den ursprünglichen Turm angebaute) Kirche abgerissen und im selben Jahr der Grundstein für den jetzigen klassizistischen Saalkirchenbau gelegt, der am 27. Juni 1810 geweiht wurde. Aber auch hier forderte der 1. Weltkrieg die Herausgabe der Glocken, dazu wurden die Zinnpfeifen der Orgel ausgebaut und eingeschmolzen. Die 1921 geweihten neuen Glocken aus Klangstahl verhinderten 1943 zwar eine Verwendung dieser für Rüstungszwecke, es mußten aber die 15 Deckenleuchten abgegeben werden.
Vorbei an den beiden, vor der Kirche stehenden, mächtigen Stieleichen, welche 1818 gepflanzt wurden, biegen wir auf den Radweg ab, der uns zum Park Siegmar führt. Dort machen wir einen kurzen Abstecher zu Marschners Eisdiele. Der Andrang ist groß und so müssen wir etwas Wartezeit für unsere zwei großen Gläser Radler einplanen, die umso schneller geleert werden. Wir bekommen von der Bedienung noch das obligatorische "Gute Fahrt!" (für Leute in Sportsachen) mit auf den Weg und begeben uns über die Kopernikusstraße hoch zum Harthweg. Hier entsteht gerade der Autobahnzubringer für Rabenstein, zumindest ist die Schneise durch die Kleingärten zur Oberfrohnaer Straße, als Anbindung, gut zu erkennen. Danach biegen wir zum Sportpark ab, wo gerade auf dem Kunstrasenplatz die Heimmannschaft erfolgreich eingenetzt hat. So nehmen wir es zumindest an, da der Jubel noch lange nachhallt, während wir im Carlowitz-Park die letzten Meter zur nächsten Kirche nehmen.
Die St.-Georg-Kirche entstand zwischen 1852 und 1854 als erste neugotische Kirche in Mittelsachsen, nachdem die alte Kirche im April 1852 abgerissen wurde. In den Jahren 1929 und 1982 bis 1992 wurde das weithin sichtbare Gotteshaus erneuert. Ein Denkmal für die Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71, sowie die 1913 gepflanzte Ernst-Moritz-Arndt-Eiche und die 1918 gepflanzte Lutherlinde säumen den Bau.
Johanneskirche in Reichenbrand. St.-Georg-Kirche Rabenstein.
Unser weiterer Weg führt uns vorbei am Friedhof an der Kreisigstraße hinauf zum Galgenberg. Danach queren wir die beiden Autobahnen A4 und A72 und erreichen das 1999 von Chemnitz "eingezogene" Röhrsdorf, welches mit dem 1992 eröffneten Einkaufspark Chemnitz-Center eine exquisite Steuereinnahmequelle in die "Ehe" mit der Großstadt mitbrachte. In diesem Zusammenhang wurden gleich mehrere Gemeinden an Chemnitz angeschlossen, welche nicht so attraktiv/lukrativ für die Stadtkasse waren (z.B Mittelbach oder Wittgensdorf), es ging ja schließlich nicht nur ums Geld bei der Umsetzung der Gemeindegebietsreform.
Eine über einhundertjährige Winterlindenallee säumt nun den Weg hinauf zum Friedhof mit der 1346 erbauten und danach mehrfach umgebauten Kirche. Sie besitzt einen sehr markanten Glockenturm, welcher sein Geläut auch dem Krieg 1914/18 opfern mußte. Am Eingang, direkt an der Friedhofsmauer thront ein mächtiges Naturdenkmal in Form einer Winterlinde mit fast vier Metern Stammumfang.
Vorbei an der Schule und dem Reitplatz gelangen wir übers Feld zur B95, die wir überqueren und nordwestlich des Chemnitz Centers auf Wittgensdorfer Flur gelangen - mit 4 Stunden und 16 Minuten reiner Laufzeit (also ohne Pausen) ist hier die Marathondistanz geschafft. Entlang der Bahnstrecke Chemnitz-Leipzig laufen wir zur Hauptstraße, welche uns dorfabwärts zur Kirche führt. Den Eingang zur Kirche flankieren zwei 160-jährige Blutbuchen und zwei 1817 gepflanzte Luthereichen (Stieleichen).
Seit Anfang des 15. Jahrhunderts muß es in Wittgensdorf eine Kirche gegeben haben - ein 1404 genannter Pfarrer Johannes zu Wyttichendorf untermauert diese These. Diesem Kirchbau wurde 1728 mit dem Glockenturm und 1843 mit einer weiteren Vergrößerung die heutige Form gegeben. Auch die Wittgensdorfer Bronzeglocken wurden im 1. Weltkrieg abgenommen und eingeschmolzen. Ein Dreiglockengeläut aus Eisenhartguß, welches 1920 diese ersetzte, blieb von der Abgabe im 2. Weltkrieg verschont. Sie mußten jedoch 2002 durch neue Bronzeglocken ersetzt werden, da Risse in der Aufhängung aufgetreten waren. Heute stehen sie vor der Kirche zur Ansicht.
Kirche Röhrsdorf. Kirche Wittgensdorf.
Über den Friedhof führt der weitere Weg an der Lungenheilstätte vorbei aus Wittgensdorf, am Bahrebachviadukt über die A4 hinauf zur Körperbehindertenschule zum nächsten Gotteshaus. Es ist die Gnadenkirche im Stadtteil Borna. Sie wurde als Notkirche aus Abrißziegeln nach dem 2. Weltkrieg errichtet. Am 11. Juni 1950 war die Grundsteinlegung und am 29. Juli 1951 wurde sie eingeweiht. Im Dezember 1954 wurde der Kirchturmbau vollendet und am 14. August 1955 bekam sie ihre Glockenweihe.
Auf der Wittgensdorfer Straße geht es Richtung Küchwald, wo wir auf die andere Straßenseite der B95 in den Crimmitschauer Wald wechseln. Dort wollen wir uns die mitgeführten Trinkflaschen an der Frischbornquelle auffüllen, verpassen jedoch (ins Gespräch vertieft) den Abzweig und gelangen daher auf direktem Weg zur Blindenanstalt in Altendorf.
Dort befindet sich die sog. Anstaltskirche, welche an der Giebelseite mit der Blindenschule verbunden ist. Sie wurde 1905 im Jugendstil errichtet. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde die Kirche von den sowjetischen Besatzern als Kultursaal zweckentfremdet - der Altar, die Kanzlei und die Orgel wurden deshalb von ihnen entfernt. Nach der Freigabe wurde von 1947 bis 1952 der alte Zustand wieder hergestellt und um die Jahrtausendwende wurden (wegen Baufälligkeit) Dach und Turm erneuert.
Gnadenkirche Borna/Heinersdorf. Kirche in der Blindenanstalt Altendorf.
Durch das Flemminggebiet machen wir uns nun auf zum Kaßberg. Dort steht an der Ecke Weststraße/Kaßbergstraße die Altlutherische Dreieinigkeitskirche, deren Grundstein am 30. Juli 1882 gelegt und welche am 24. Juni 1883 geweiht wurde. Sie brannte beim anglo-amerikanischen Bombardement 1945 bis auf die Mauern nieder. Daraufhin wurde auf dem benachbarten Grundstück eine Notkirche aus Holzfertigteilen, gespendet von amerikanischen Christen, errichtet. Dieses Kulturdenkmal wurde 2009 abgetragen, eingelagert und 2012 als Gasthaus Wegwarte an der (rund einen Kilometer Luftlinie entfernten) Ahornstraße neu aufgestellt. Der Wiederaufbau der Dreieinigkeitskirche begann erst 1977 und endete am 14. Oktober 1979 mit deren Weihe.
Einige hundert Meter weiter zur Zwickauer Straße zu steht der nächste Kirchenbau unserer Liste. Es ist die katholische Propsteikirche St. Johannes Nepomuk an der Hohen Straße. Sie wurde in den Jahren 1953 bis 1955 gebaut, da die alte 1828 gebaute Kirche der St.-Nepomuk-Gemeinde (mit Standort Roßmarkt) bei der Bombardierung am 5. März 1945 vollständig zerstört wurde. Bis zur politischen Wende war das neue Bauwerk jedoch ohne Glockenturm, da dieser von staatlicher Seite in den fünfziger Jahren nicht genehmigt wurde. Im Jahr 2004 wurde der 1992 errichtete Turm dann mit fünf Bronzeglocken bestückt.
Altlutherische Dreieinigkeitskirche auf dem Kaßberg. St.-Johannes-Nepomuk-Kirche.
Wir sind nun auf dem Heimweg durch den Chemnitzer Stadtpark und könnten in Altchemnitz nach Hause abbiegen, aber wir müssen ja noch nach Harthau. Dort sind noch zwei Kirchen abzuhaken, was einen "Umweg" von ca. fünf Kilometern bedeutet.
Zuerst gelangen wir zur Alten Kirche von Harthau, sie liegt oberhalb der Würschnitz am Kirchsteig. Dieses Gotteshaus wird 1539 erstmals erwähnt und in den Jahren 1609, 1765, 1866 und 1890 erweitert oder erneuert. Als Anfang des 20. Jahrhunderts die neue Harthauer Kirche entstand, blieb sie erhalten, weil der Neubau auf der gegenüberliegenden Seite des Würschnitztales entstand. Der alte Steinbau wurde nach dem 1. Weltkrieg in eine Kriegergedächtniskirche umgewidmet. Nach dem 2. Weltkrieg verfiel sie immer mehr und wurde zudem mutwillig zerstört. Nachdem in den siebziger Jahren die Kirche beräumt und die Bausubstanz gesichert wurde, begann man ab 1990 mit der schrittweisen Sanierung.
Nur einen Kilometer entfernt thront der rote Klinkerbau der Lutherkirche auf dem Hang des Schindlerberges. Sie wurde zwischen 1906 und 1908 erbaut, weil die Alte Kirche von Harthau zu klein geworden war. Sie trug im Krieg keine Schäden, verlor jedoch 1942 drei ihrer Glocken an die Rüstungsindustrie. In der Nachkriegszeit verfiel sie zusehends und erst ab 1988 wurde sie umfassend restauriert.
Rund drei Kilometer später ist der Kreis geschlossen und wir haben unsere zweite Chemnitzer Kirchen-Tour beendet. Mit insgesamt 15 aufgesuchten Sakralbauten (davon 13 auf Chemnitzer Flur) war der Ausflug doch recht erfolgreich. Somit fehlt uns jetzt nur noch das läuferische Aufsuchen der Kirchen in Euba und Altenhain-Kleinolbersdorf, um die sehenswerten Chemnitzer Gotteshäuser (für uns) vervollständigt zu haben.
Alte Kirche in Harthau. Lutherkirche Harthau.
Insgesamt waren wir neuneinhalb Stunden unterwegs. Unsere Netto-Laufzeit von 6:58:40 Stunden ergibt einen Schnitt von 6:11 Minuten pro Kilometer. Während unseres Ausfluges teilten wir uns insgesamt drei Snickers-Riegel und drei Liter Getränk. Neben den "normalen" Verschleißerscheinungen bei solch einer Trainingseinheit, hatte Ute auch immer wieder mit ihrem rebellierenden Fuß zu tun, der jedoch ihrer Sturköpfigkeit gehorchen mußte. Alles in Allem eine lohnende Unternehmung bei bestem Frühlingswetter.