23.08.2015 - 8:30 Uhr - 9,6 km / 1.766 Hm+ / 12 Hm- (Trophée La Tourche)
Start- und Zielbereich des "Parcours jubilé" (Aufnahme von der Chapelle du Notre-Dame du Scex).
Im 40. Jahr der "Trophée des Martinaux" bietet der Veranstalter zusätzlich zum althergebrachten Berglauf einen "Parcours jubilé" an - er führt vom bisherigen Ziel, der Hütte "Les Martinaux" (1.657 m), zur Cabane de la Tourche (2.198 m).
Der Urlaub beginnt demzufolge am Freitag mit einer Streckenbesichtigung, da uns der Abschnitt von Les Martinaux hoch zur La Tourche unbekannt ist. Der Wegweiser im Startort Lavey-Village hat für die Wanderung zur Zielberghütte unterhalb der Dents de Morcles 5:10 Stunden veranschlagt. Ein Fakt, der uns sicherlich etwas abschreckt, denn es ist (bei unserem Eintreffen in Lavey) kurz vor 11 Uhr und unsere Erkundungstour dürfte sich somit bis in die Abendstunden ziehen. Bis zur Skihütte Les Martinaux sind allerdings auch satte 3:45 Stunden angeschrieben, welche wir sicherlich nicht benötigen werden.
Die ersten 6,6 Wettkampfkilometer sind uns von den Teilnahmen 2011 und 2014 noch gut in Erinnerung, zudem nach dem Berglauf die selbe Strecke wieder hinabgelaufen werden muß, um zum Start zu gelangen. Es ist verdammt warm, dafür ist die Sicht phantastisch und so haben wir schon mal kurz vor Morcles (1.160 m) einen ersten Blick zum "neuen" Endpunkt der Strecke auf 2.198 Metern Seehöhe. Nach 2:10 Stunden passieren wir das (bisherige) Ziel Les Martinaux, wo schon für den Wettkampf die Absperrungen angebracht sind. Ebenso ist die Strecke markiert, nur zwei Kilometer-Schilder stehen (noch) am falschen Ort!
Zielort "Les Martinaux" auf 1.657 Metern Seehöhe. Die Cabane de la Tourche als "erweitertes" Ziel.
Der folgende Streckenabschnitt verläuft ausschließlich auf dem rot-weiß markierten Wanderweg, der sich durch Kuhweiden und einen steilen Wiesenabschnitt hoch zur Hütte schlängelt. Nach genau 3:01 Stunden (inklusive aller Pausen) stehen wir kurz vor 14 Uhr hinter der schon mit Holzspänen aufgebrachten Ziellinie. Wir werden mit einem herrlichen Panorama für unsere Mühen belohnt und gönnen uns zusätzlich je ein Bier (0,33-er Büchse für 5 SFr.). Nach zwei Stunden Nichtstun erfolgt der Abstieg über Rionda (2.156 m) und Plan du Pré (1.315 m) nach Morcles und weiter nach Lavey. Von dort sind es dann noch gut vier Kilometer bis zu unserer Unterkunft.
Der Sonntagmorgen gegen 7 Uhr präsentiert sich, entgegen der vergangenen zwei Tage, mit 19°C regelrecht kühl - dazu ist der Himmel mit Regenwolken verhangen. Ab 7:30 Uhr erfolgt in der Schule von Lavey (444 m) die Startnummernausgabe, für die es keine Voranmeldung gibt und somit für alle Teilnehmer 35 Franken kostet. Um der prekären Parkplatzsituation zu entgehen, sind wir schon zeitig vor Ort und ergattern sogar noch eine Fahrzeug-Abstellmöglichkeit im Schulgelände.
Eine Stunde vor der "Trophée des Martinaux" (6,6 km / 1.225 Hm+ / 12 Hm-), die durch die Aufteilung in zwei Streckenlängen nur 52 Teilnehmer verzeichnen wird, startet der Wettbewerb zur La Tourche. Auch der Start der "Nordic marcheurs", mit Zielankunft Les Martinaux, fällt mit in diese Uhrzeit. Die letzten zehn Sekunden werden heruntergezählt und alle Teilnehmer (egal ob mit oder ohne Stöcken) stürmen im Laufschritt los. Wir haben uns, leistungsgerecht, hinter den "Berglaufmaschinen" eingeordnet und so verläuft unser Start aus dem Schulgelände doch etwas holprig, da ein Überholen im Ort schlecht möglich ist. Das kann man nach einem Waldabschnitt mit engem Pfad auf der breiten Straße nach Savatan (620 m) tätigen.
Hohe Startnummer - überschaubares Teilnehmerfeld.
Nach anderthalb Kilometer stehen vor der Polizeischule in Savatan die ersten Trinkbecher mit Wasser bereit. Danach verschwindet die Strecke im Wald, wo sich zum Regen ein ungewöhnlich starker Gegenwind gesellt. Das läßt für den finalen Zielsturm über die ungeschützte Grasfläche nichts Gutes erahnen. Ich habe jedoch andere Probleme, als mich jetzt schon intensiver mit der Zielankunft zu beschäftigen. Es gilt für mich, den Kontakt zum Vordermann nicht abreißen zu lassen - ein (vorsichtig geschätzt) zehn- oder zwölfjähriger Junge ist anfangs hier mein Tempomacher! ich kann mich zwar später von ihm nach vorn lösen, büße meinen Vorsprung und weitere vier Plätze an der Verpflegung in Morcles (1.160 m) ein, da ich dort das All-inclusive-Paket buchen muß: Tee, Iso, Wasser und zwei Apfelsinenstücke.
Diese ersten fünf Kilometer dienen offensichtlich den meisten Einheimischen hier nur zum "Einlaufen" - der richtige Wettkampf beginnt erst jetzt mit einem sehr steilen Wiesenaufstieg, der im nachfolgenden Wald in eine noch steilere Schotterpiste mündet. Dieser Kilometer hält rund 400 Höhenmeter im Anstieg bereit und ist schon sehr kräftezehrend. Die anschließende Wasserstelle (ca. 900 Meter vor Les Martinaux) erreiche ich, wie im Vorjahr, nach genau einer Stunde Wettkampfzeit. Nur ist es heute nicht so warm wie damals, aber die Strecke ist heute für mich (noch) drei Kilometer länger. Einer steilen Wiese folgt ein laufbarer Abschnitt auf einer Forststraße und rund 400 Meter "Skihang". Nach 1:14:45 Stunden passiere ich den abgesteckten Zielbereich von Les Martinaux (1.657 m) und bin damit 45 Sekunden langsamer als 2014.
Nun beginnt das Zusatzstück mit einer zünftigen Verpflegung (Tee, Wasser, Früchteriegel) und einer fast flachen Schotterstraße zum Parkplatz der Tourche-Hütte, wo der weitere Aufstieg auf einem Trampelpfad stattfindet. Es ist nicht mehr so steil und ich komme deshalb auch gut voran, trotzdem werde ich auf diesem letzten Abschnitt noch von drei Läufern überholt. Zudem gibt es Anfeuerung von den sich auf dem Rückweg befindlichen ersten Läufern des Wettkampfes. Sie sind in Folie-Müllsäcke gehüllt, um nicht auszukühlen. Es ist schon etwas ungemütlich in dieser "Waschküche", für mich aber immer noch bessere Bedingungen, als bei voller Sonneneinstrahlung. Nach 1:47:46 Stunden überquere ich völlig entkräftet die Ziellinie - mit der Luft habe ich (fast) keine Probleme, nur die Beine scheinen mit Pudding durchzogen zu sein.
Die letzten 200 Meter bis zur "La Tourche". Ute im Zieleinlauf.
In der Hütte gibt es zur Stärkung heißen Tee, Apfel- und Orangenstücke, Brot, Wurst, Käse und Nußschokolade. Mir bleibt jedoch nicht viel Zeit zur "Erholung", denn Ute wird ja auch bald hier oben aufschlagen. Deshalb begebe ich mich wieder ins Freie, um sie bei ihrem Zielsprint zu unterstützen. Während Ute also mit den letzten Höhenmetern und dem finalen Flachstück der Strecke kämpft, begeben sich mehrere Rettungskräfte von der Hütte den Zickzack-Pfad hinab. Doch so etwas registriert man nur nebenbei. Was soll da schon Schlimmes passiert sein?
Auch Ute benötigt nun eine etwas längere Pause, bevor wir den Abstieg ins Tal in Angriff nehmen werden. Bei unserem Aufbruch hat es wieder angefangen zu regnen und wir bedienen uns von der Müllsackrolle, um uns einen Witterungsschutz für den Abstieg zu basteln. Wir verabschieden uns von den Leuten der Zeitmessung und nehmen den Rückweg im Laufschritt in Angriff.
Zieleinlauf! In der Cabane de la Tourche.
Vielleicht 300 Meter unterhalb des Zieles sehen wir die vorhin ausgerückten Sanitäter, geschützt unter einer von zwei Personen gehaltenen Plane, bei der Herzdruckmassage an einem Läufer. Mit einem Male ist die gute Laune bei uns dahin! Wir waren mit unseren Zeiten rundum zufrieden, auch wenn es bei Ute nicht unter die zwei Stunden-Marke gereicht hat, und jetzt diese Szene. Alles ist auf einmal nebensächlich - hier geht es um ein Menschenleben! Unsere Hilfe wird jedoch nicht benötigt, daher überlasse ich einem der Helfer meinen Mülltütenumhang, weil er selbst nur mit einem Baumwollhemd bekleidet ist. Kurz darauf kreist der Hubschrauber der Bergrettung über dem Hang und wir hoffen das Beste für den Läufer und alle Beteiligten.
An der "Les Martinaux" steht der Transporter mit unseren Wechselsachen bereit.
Es tröpfelt nun nur noch leicht, ist aber durch den Wind verdammt frisch. An der Les Martinaux können wir unsere nassen Sachen gegen die mitgegebenen trockenen Kleider tauschen, da hier der Transporter mit den Läuferbeuteln bereitsteht. Wir nehmen noch etwas von der angebotenen Verpflegung und sehen den Zieleinlauf des Besenläufers mit der letzten Frau des heutigen "petit parcours".
Der Abschnitt oberhalb von Morcles ist durch den Regen nun bergab noch schwieriger als sonst. Im Ort gibt es, wie immer an der Verpflegung (die sich aufgrund des Regens unter das Dach eines Brunnens verzogen hat), Wein und Käse, dazu die übriggebliebenen Riegel und Nüsse. Mindestens ein Rot- und ein Weißwein muß hier probiert werden um die netten Frauen vom Ausschank nicht zu verärgern. Wir schwatzen noch (so gut es auf französisch oder deutsch geht) mit den Anwesenden, wobei einer von ihnen sogar Chemnitz und Karl-Marx-Stadt in Verbindung bringen kann.
Nun gilt es den leichten Teil der Strecke noch zu absolvieren, aber nur einige hundert Meter unterhalb von Morcles beobachten wir wieder Hubschrauberaktivitäten an der La Tourche. Wir machen uns ernsthaft Gedanken, da wir den Helikopter nun nicht mehr am Berg vermuteten. Im Tal haben wir dann Gewißheit - für einen 42-jährigen Läufer aus dem Wallis kam heute jede Hilfe zu spät.
Morcles: die obligatorische Wein- und Käseverkostung auf dem Rückweg.
Möge dieses tragische Ereignis nicht negativ auf zukünftige Austragungen der "Trophée des Martinaux" wirken, denn diese familiäre Veranstaltung ist für mich (u.a. durch die Weinverkostung in Morcles und die kleinen Geschenke für die Teilnehmer) mehr als nur ein Berglauf.
Ergebnis (La Tourche) - Männer: 42 im Ziel
1. Costa, Cesar (Asics / Martigny - SUI) - 1. Seniors - 1:11:24 h
2. Käser, Erwan (SC Bex - SUI) - 2. Seniors - 1:21:23 h
3. Fao, Samuel (Verbier - SUI) - 1. Vétérans 2 - 1:24:37 h
4. Gabioud, Frédéric (Team Hoka Suisse - SUI) - 1. Vétérans 1 - 1:26:18 h
5. Barbey, Vincent (Vessy - SUI) - 2. Vétérans 1 - 1:26:58 h
5. Perrier, Nicolas (Monthey - SUI) - 3. Seniors - 1:26:58 h
25. Delling, Thomas (LV Limbach 2000) - 8. Vétérans 1 - 1:47:46 h
Ergebnis (La Tourche) - Frauen: 20 im Ziel
1. Gobiet, Mélanie (Troistorrents - SUI) - 1. Dames - 1:33:14 h
1. Cavalli, Paola (Les Mayens-de-Sion - SUI) - 1. Dames - 1:33:14 h
3. Donzallaz, Nicole (Vaulruz - SUI) - 3. Dames - 1:36:17 h
4. Ballay, Marie-Pierre (Lavey - SUI) - 1. Dames 1 - 1:39:18 h
5. Gaist, Jessica (CR Ovronnaz - SUI) - 2. Dames 1 - 1:44:16 h
6. Silva, Carmo (Fully - SUI) - 3. Dames 1 - 1:45:40 h
14. Herfurt, Ute (LV Limbach 2000) - 5. Dames 2 - 2:03:33 h