26.01.2020 | 11 Uhr | 30 km | 15 Hm+ | 15 Hm- | (kein Wettkampf) |
Wenn persönlicher Trainingsplan (mit GA1-Dreißiger) und regionaler Laufkalender (mit 30-km-Erlebnislauf ohne Zeitmessung) taggenau harmonieren, sollte man diese Übereinstimmung nutzen und beides miteinander verbinden. Es ist ja schließlich recht nervig und öde, die Vielzahl der geforderten 30-km-Trainingsläufe auf den dafür begrenzten heimischen Parcours unterzubringen. Auch wenn wir die Frostwiesenlauf-Strecke zwischen Burg-Kauper, Buschmühle und Leipe nicht zum ersten Mal abtippeln, ist es für Ute, Siggi und mich eine sehr willkommene Abwechslung in der monotonen Saisonvorbereitung.
Wie oft die Wiesen im Biosphären-Reservat bei unseren Teilnahmen dann auch wirklich "zugefroren" waren, läßt sich heute nur noch schwer eruieren. Schuld daran ist ein Erlaß des Veranstalters, welcher private Fotos der Veranstaltung für eine öffentliche Nutzung nur gegen eine Genehmigung oder eine mittlere vierstellige Geldstrafe genehmigt. Schon 2017 entsorgten wir daraufhin die während des Laufes vollgeknipste 36er Filmdose auf unserem Heimweg in einem Seitenarm der Spree, um später nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen (waldundwiesensport.de berichtete). Doch daraus haben wir drei Sünder gelernt - daher gibt es vom diesjährigen Frostwiesenlauf erst gar keine Aufnahmen vom Veranstaltungsgeschehen und der Bericht ist ausschließlich mit sogenannten Symbollbildern bestückt, um dem Leser einen annähernden Eindruck vom Schauplatz vermitteln zu können.
Frost herrscht diesmal jedenfalls (wieder einmal) nicht, zumindest nicht in Burg und auch nicht im angrenzenden Spreewald. Das sieht bei unserer frühmorgendlichen Abfahrt in Chemnitz wesentlich anders aus - mit Reif überzogene Rasenflächen und Straßenzüge bestimmen da das Bild, von denen eines symbolisch zu Beginn des Berichtes Verwendung findet, um die (in Burg-Kauper) nicht vorhandenen namensgebenden Eisablagerungen auf dem Grün zu dokumentieren. Der Ist-Zustand des brandenburgischen Rasens wird später etwas abseits vom Lauf-Geschehen im Foto festgehalten und so (im Bericht) dem sächsischen Bodenfrost bildlich entgegengesetzt. Egal, wie die Bodentemperatur im Spreewald auch ist, auf den Lauf hat sie keinen entscheidenden Einfluß, denn die Streckenführung verläuft auf Straßen und Wegen - zugefrorene Wiesen wären dabei nur ein optischer Zusatzpunkt.
Die Laufvorbereitung beginnt für Siggi schon auf der Hinfahrt. Schließlich will er sich (auch wenn er es nicht zugibt) für seine Schmach von vor drei Jahren (als Ute und ich ihn bei Kilometer 20 einfach in der Wildnis zurückließen) standesgemäß bei uns revanchieren. Dafür müssen für seine kontraproduktive Gemütsruhe erstmal Streßhormone gebildet und als Adrenalin freigesetzt werden, dann wird der Blutdruck automatisch hochgefahren und Siggi wird in seinem Tatendrang kaum noch zu bremsen sein. Deshalb verläßt er auch schon weit vor dem Dreieck Spreewald die Autobahn. Schließlich tingelt es sich über die Dörfer mit ständigem Tempiwechseln und den unbekannten stationären Blitzern viel zermürbender, als auf der BAB15, wo traditionell vor Vetschau der gemeine Frostwiesenläufer mit einer plötzlichen Geschwindigkeitsbegrenzung und dem daraus erhofftem Überraschungsbild nur relativ kurzzeitig aus seiner Lethargie gerissen wird (so wie ich 2017). Mental ist Siggi voll bei der Sache - nicht ein Tropfen Schweiß verläuft sich daher während seiner stakkatoartigen Fußarbeit zwischen Kupplungs-, Brems- und Gaspedal auf seinem Gesicht. Mir schwant daher nichts Gutes.
Ein paar seiner Vereinskumpels treffen wir bei unserer Ankunft auf dem Parkplatz, später auf dem Kurs werden wir sie nicht noch einmal zu Gesicht bekommen - zumal sie den sogenannten Vorstart (Loslaufen, wie und wann man lustig ist!) weit vor dem richtigen Beginn (11 Uhr) wählen. Sie sind vielleicht schlecht trainiert und müssen immerhin den Zwanziger vor Einbruch der Dunkelheit geschafft haben und der ist für heute auf 16:40 Uhr taxiert. Anders kann ich mir diese Vorgehensweise nicht erklären. Insgesamt 2.300 Teilnehmer werden die Rundkurse nordwestlich von Burg bevölkern, da ist es wiederum lobenswert, wenn sich durch diese Startfolge das riesige Feld doch etwas entzerrt.
Der Dreißiger beginnt dabei seinen Tag mit dem Ablaufen der 10-km-Strecke und fügt dieser Runde anschließend den Zwanziger hinzu. Vom Tiergehege am Landhotel geht es anfangs gemeinsam zur Ringchausee, wo nach rund zwei Kilometern die 20-km-Runde abzweigt, und weiter Richtung Kaupen. Am Nordumfluter führt der langgezogene Damm zur Buschmühle, dem einzigen Verpflegungspunkt auf dem Zehner, nach rund sieben zurückgelegten Kilometern. Hier gibt es den ersten (und zweiten) Glühwein, die ersten Gewürzgurken und etwas Schokolade für eine erste Magenirritation. Derweil hält ein Kamerateam das Kommen und Gehen am VP in Bewegtbildern (höchstwahrscheinlich mit Genehmigung für eine öffentliche Wiedergabe) professionell fest.
Während am Ende der Gerade des Weidenwegs die Kurzstreckler dem Ziel entgegenhecheln, bietet sich uns auf der Gegenseite die Chance zur nächsten Stärkung. Siggis Druck ist allerdings schon so enorm, daß sich Ute und ich ein Zugreifen am Verpflegungstisch verkneifen. Er lotet damit schon recht frühzeitig unsere Standfestigkeit aus. Zum Glück gibt es seit 2018 die minimale Streckenverkürzung beim Rundendurchlauf. Früher mußte man nämlich noch den Stichweg zum Start/Ziel nehmen, bevor es in die zweite Runde ging, das wird uns nun "geschenkt".
Im zweiten Abschnitt forciert und drosselt Siggi nun nach Belieben sein Tempo. Er findet scheinbar Gefallen an seiner späten Revanche. Er könnte uns (wie wir ihn damals) mitten im "Sumpfgebiet" stehen lassen - doch das macht er nicht, schließlich trinkt sich der Glühwein an den Verpflegungen "in Gesellschaft" viel genüßlicher.
An Holgers VP bei Kilometer 25 müssen wir, wenn man sich schon mal wieder über den Weg läuft, die Jahres-Wettkampfplanung in Alpen und Pyrenäen mit ihm durchgehen. Das kostet nun mal viel Zeit und dort gibt es ausgerechnet keinen Glühwein, sondern nur warmen Tee. Doch selbst bei diesem Heißgetränk kommt man zwangsläufig ins Schwärmen (Land und Leute) und Kritisieren (unverhältnismäßige Startgeld-Kostenexplosion und diverse Wettkampf-Regularien) - während Siggi schon wieder mit den Füßen scharrt. Nun hat er endgültig die Faxen dicke und zeigt uns, wie er hätte schon die gesamte Zeit gekonnt: leichtfüßig zieht er nun bis zum Doppel-Verpfleger (Kilometer 17 und 28) davon. Dort gießen wir dann wieder gemeinsam mit Glühwein und Cola nach und überqueren wenig später im Trio die Ziellinie. Mit einer Eiskristall-Nachbildung um den Hals werden nun noch die Auslagen am Start/Ziel geplündert (Kekse, Glühwein, Gewürzgurken, Suppe), ehe es leicht fröstelnd zur Urkundenausgabe im Landhotel geht.
Der Parkplatz ist nur noch minimal mit Fahrzeugen belegt. Siggis Burgstädter Vereinskameraden haben scheinbar ihren Zwanziger vor uns beendet, denn ihre Wagen sind ebenfalls verschwunden. Sie haben also Siggi allein mit zwei Personen vom Lokalrivalen (LV Limbach 2000) zurückgelassen - unverantwortlich! Doch Siggi wird dies bei Gelegenheit zurückzahlen, so wie er uns heute spielerisch unsere Grenzen aufgezeigt hat.
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