11.12.2022 | 9:27 Uhr | 42,195 km | 90 Hm+ | 100 Hm- | Gruppenlauf |
Na so war das aber nicht gedacht! Hat da etwa jemand vor einem Monat beim Zweiundvierziger in und um Borna Blut geleckt? Das "Jahr des Nichtstuens" geht straff dem Ende zu und urplötzlich flackert das Marathonfieber in Ute und mir klammheimlich wieder auf. Wie vereinbart sich denn auf einmal die herbstmüde Sofalägerigkeit mit dem Drang nach Ausdauerlauf? Genau genommen ist ein Marathon ja nur der kleine Bruder vom richtigen Ausdauersport, dem Ultralauf, und im regenerativen Nachhinein betrachtet, relativ "pflegeleicht" und unkompliziert. Warum dann also nicht auch noch die altehrwürdige Oberelbemarathon-Strecke von Königstein nach Dresden abtippeln, wenn es denn einmal so angeboten wird? Lassen wir den zwei Unbelehrbaren doch den Spaß!
Klar war der Borna-Marathon nicht frei von sportlichen Unzulänglichkeiten - das Gruppenziel von fünf Stunden (!) wurde deutlich verfehlt und das ein oder andere Zwicken in der Beinmuskulatur war an den Folgetagen auch zu vernehmen. Doch so schnell sollte man dann doch nicht verzagen und muß einfach mal dranbleiben. Am ersten und zweiten Advent wurden dafür die Laufschuhe im Chemnitzer Stadtpark ausgeführt. Da ging es vordergründig nicht um einen Crashkurs in Sachen Marathonbestzeit, sondern um das Hauptsache-an-der-frischen-Luft-Gefühl. Mit Streckenlängen von 12 bzw. 13 Kilometern blieben wir weit hinter den eigenen Erwartungen zurück und nur den Schuhen wurde wenigstens der Eindruck vermittelt, doch noch irgendwie gebraucht zu werden. Zumindest sind die Sohlen der Latschen dabei schön elastisch geblieben - nicht zu vergleichen mit der Spröde unseres Bewegungsapparates.
Doch nun zum Adventslauf auf der Oberelbemarathonstrecke - für viele scheint dies verwirrend, aber: Ja, der "richtige" Oberelbemarathon findet immer noch im Frühjahr statt! Dann, wenn es wieder in die heiße Phase, der für die Saison geplanten Wettkämpfe geht. Am dritten Advent ist dagegen ein besinnliches Ausrollen zum Saisonende auf dem Elberadweg zwischen Königstein und Dresden anberaumt. Es geht nicht um Streckenrekorde oder persönliche Bestzeiten, wobei man die Uhr trotzdem "mitlaufen" lässt. Diese Unsitte steckt einfach noch irgendwie drin und gehört ja auch zwangsläufig zur eigenen Standortbestimmung im Marathon-Ranking des Freundeskreises.
Mit dem Zug geht es früh von Dresden-Mitte nach Königstein. Dabei kann man sich (oder muß man das sogar noch?) eine dreiviertelstündige Atemreduktion (mit einem sogenannten Mund-Nasen-Schutz) gönnen - sozusagen als letzten (etwas ungewöhnlichen) Trainingsanreiz zum bevorstehenden Marathonlauf. Eine vage Erklärung diesbezüglich wäre folgende: das erzwungene Sauerstoffminus bewirkt eine Übersäuerung der noch untätigen Muskulatur und somit ist der erste mentale und schöpferische Tiefpunkt schon mal vom üblichen Kilometer 35 an die Startlinie vorverlegt. Die daraufhin zu erwartende Trotzreaktion des Körpers würde dann die "zweite Luft" freisetzen und körpereigene Endorphine ausschütten. Im Banne dieses Hochgefühls läuft sich so ein Marathon dann schlichtweg von allein. Soweit die Theorie - ob sich diese neumodische "Trainingsmethode" auch durchsetzen wird, ist fraglich. Man erinnere sich hierbei nur an den kurzlebigen Hype der sogenannten Nasenpflaster, welche die Atemwege zur verbesserten Luftaufnahme erweitern sollten. Man muß eben nur daran glauben! Heute trägt jedenfalls niemand so ein Ding auf dem Kolben, auch wenn die auf -3°C abgekühlte Luft die Nasenflügel zusätzlich verengt.
Eiszeit an der Bastei
Im windgeschützten Bereich unter der Bahnbrücke, nahe dem Start, befinden sich die Umkleide und die Garderobe - letztgenannte in Form eines Transporters. Dort wird auch noch warmer Tee unter das Laufvolk gebracht. Nach einer kurzen Ansprache setzt sich das rund 50-köpfige Feld unspektakulär in Bewegung. Es geht entlang der Elbe flußabwärts, wobei anfangs noch ein, zwei Hucken das Streckenprofil etwas anheben werden. Zudem hat der Veranstalter Frau Holle in seine Bemühungen einbezogen. Erstmals liegt bei einem der Oberelbemarathon-Läufe etwas Weiß entlang der Strecke.
Pirna - Weihnachtsmarkt und Pyramide
Im lockeren 6-Minuten-Tempo nehmen wir im Pulk die ersten vier, fünf Kilometer und passieren dabei die Festung Königstein, welche 230 Meter über uns, auf dem gleichnamigen Tafelberg thront. Mit den Felsen der Bastei und deren 76,5 Meter langen Basteibrücke auf der anderen Flußseite folgt die nächste Sehenswürdigkeit. Später komplettieren die stark verwinkelte Streckenführung durch die Altstadt von Pirna, das Schloß Pillnitz, das Blaue Wunder (Löschwitzer Brücke), sowie die Elbschlösser (Albrechtsberg, Eckberg und Lignierschloß) diesen kulturellen "Ausflug", ehe auch noch die Dresdner Frauenkirche, kurz vorm Ziel, den Streckenrand säumt.
Mit insgesamt vier Verpflegungspunkten, deren Hauptaugenmerk auf dem vorweihnachtlichen Genuß liegt, ist für ausreichend "Nachhilfe" gesorgt: Tee, Wasser, Cola, Schokolade, Riegel, Gebäck und Suppe wecken dabei nur kurzzeitig neue Kräfte. Am schwierigsten ist das Wiederaufraffen zum Laufen nach diesen langen Eß- und Trinkpausen. Der Körper ist nach den Stopps ausgekühlt und benötigt rund zwei Kilometer, um wieder auf Betriebstemperatur zu kommen. Das heißt natürlich nicht, daß wir dann auch unser vorher gelaufenes "Tempo" wieder erreichen. Mit zunehmender Streckenlänge wird es immer zäher, der Körper sträubt sich, weiterzulaufen. Eine laxe Marathon-Vorbereitung bedankt sich eben mit solchen Unannehmlichkeiten.
... einigen wir uns auf 42,195 km in 4:44:14 Stunden
Heute ist das Ziel am Eingang zur Ballsport-Arena, welche sich hinter der (im Neubau befindlichen) Haupttribüne des Heinz-Steyer-Stadions befindet. Eine halbe Minute (in Marathonkreisen redet man da von "Welten") eher als bei unserem letzten Oberelbe-Adventslauf, drücke ich die Uhr aus - nach 4:44:14 Stunden. Das ist nun wahrlich kein Ergebnis, mit dem man hausieren geht, doch ganz leicht zeigt die Formkurve wieder nach oben.
Nur die halbe Strecke und trotzdem mit einer "Finisher"-Medaille bedacht: Enrico vom BLV
Im VIP-Raum der Sporthalle werden dann für diese Entbehrungen noch eine Urkunde und eine Medaille nachgereicht. Dafür hätte man zwar nicht einmal zwingend die Marathondistanz bewältigen müssen, denn die gleichen "Beweismittel" gab es auch für das Bezwingen der 7- und der 22-km-Strecke. Man könnte sich jetzt dafür (neben der im Startgeld inbegriffenen Roster und dem hausgemachten Glühwein) umso mehr an Stollen und Plätzchen vergreifen, doch das hier ist immer noch eine Sportveranstaltung und kein Weihnachtsmarkt!
Nachfolgend noch ein paar persönliche Zahlen zum Wettkampf- bzw. Genußlaufen auf dem Elberadweg mit Ziel Ostra-Gehege:
Datum | Veranstaltung | Distanz | Ute | Thomas |
30.04.2006 | 9.Oberelbemarathon | 21,0975 km | 2:05:34 h | - - - |
29.04.2007 | 10. Oberelbemarathon | 21,0975 km | 1:54:17 h | - - - |
27.04.2008 | 11. Oberelbemarathon | 42,195 km | 4:25:03 h | 3:28:26 h |
16.12.2018 | 5. Adventslauftreff | 42,195 km | - - - | 3:45:58 h |
15.12.2019 | 6. Adventslauftreff | 42,195 km | 4:44:44 h | 4:44:44 h |
11.12.2022 | 9. Adventslauftreff | 42,195 km | 4:44:14 h | 4:44:14 h |
waldundwiesensport.de wünscht ein friedvolles Fest!