29.04.2017 | ab 9:30 Uhr | 141 m / 260 Stufen |
50 Hm+ | 0 Hm- |
Hoch über der Zschopau thront Schloß Sachsenburg
Endlich ist es soweit: die Premiere für den Treppenlauf im Frankenberger Stadtteil Sachsenburg steht an! Sicherlich ist der Termin für diese Erstaustragung etwas ungünstig gewählt, denn im nahen Chemnitz prognostiziert der zeitgleich stattfindende KKH-Lauf um Dieter Baumann rund 3.000 Teilnehmer und im noch näheren Mittweida werden am Nachmittag 1.000 Läufer zum Landkreislauf erwartet. Deshalb ist das Teilnehmerfeld im Anstieg zwischen Zschopau und Schloß Sachsenburg beim ersten Schloßtreppenlauf mit nur 30 Wagemutigen auch regelrecht handverlesen.
Seit Bekanntwerden der Veranstaltung Anfang 2017 erfuhr die Treppe einen verstärkten Abnutzungsgrad, der die Haltbarkeitsdauer des am 12. Juni 2016 eröffneten Bauwerkes um einige Jahre verringern dürfte. So zumindest waren die täglichen Frontberichte vom Sachsenburger Arbeitskollege Heiko zu definieren, der dort einen übermäßigen Trainingsbetrieb an den Feierabenden und Wochenenden registrierte. Natürlich mischte er sich munter in die Reihen der Akteure und berichtete stets von persönlichen Leistungssteigerungen oder gelegentlichen Mißerfolgen. Für mich als Außenstehenden war klar: dort konnte nur bestehen, wer aus den "Bergdörfern" Sachsenburg oder Irbersdorf stammt, welche oberhalb der Treppe angesiedelt sind. Auswärtige werden bei der Vergabe des Treppenlaufsieges wohl kaum ein Wörtchen mitzureden haben.
Deshalb wurde eines schönen Tages nach Arbeitsschluß die Treppe von Heiko und mir gemeinsam besucht. Und Heiko hatte recht! Es herrschte Hochbetrieb auf dem Weg zum Schloßhof. Polizeikräfte übten dort in voller Montur, unter lautstarker Anweisung den Transport einer Person im Mannschaftsverbund die Stufen empor. Wie viele Male sie das schon praktizierten, ehe sie sich im Laufschritt wieder zu ihren Fahrzeugen am (rund zwei Kilometer entfernten) Schilfteich in Frankenberg machten, ist uns nicht bekannt. Ihnen fehlte jedoch (sichtlich) die Frische und mir kurz darauf auch. Schließlich ging es in unbequemen Arbeitssachen zuerst gemeinsam und dann nochmal allein die Piste hinauf - Pudding in den Beinen und eine Zeit von 1:28 Minuten als Gratmesser im Gepäck, wohlwissend, daß Heiko für die Treppe schon mehrfach unter einer Minute blieb.
Start auf Flußhöhe der Zschopau | Ziel im Burghof von Schloß Sachsenburg |
Der einzige Hoffnungsschimmer, der mir nun noch bleibt, ist die Ausschreibung, in der es heißt, daß nicht unbedingt der schnellste Läufer diesen Wettbewerb gewinnt. Zusätzlich zum sportlichen Teil, gilt es nämlich, eine Frage rund um das Schloß richtig zu beantworten. Nun kam da (auf den ersten Blick) natürlich nur das Jahr der ersten urkundlichen Erwähnung Sachsenburgs (1197) in Frage, welches sich 2017 zum 820. Mal jährt. Doch diese Frage war mir zu einfach (bot sie zwar den möglichen Raum eventuelle Strafsekunden pro verfehltem Jahr bei der gegebenen Antwort aufzuerlegen) und so belas ich mich weiter: ab 1210 muß eine Burganlage auf dem Fels über der Zschopau existiert haben, welche von 1480 bis 1488 zu einem Schloß umgebaut wurde. Vom 17. bis zum 19. Jahrhundert diente die Anlage als Verwaltungssitz, später wurde sie als Strafanstalt, Kriegsgefangenenlager, Volksschulheim, Schutzhaftlager, Außenstelle des Robert-Koch-Institutes, Jugendwerkhof und Kinderferienlager genutzt. Mittlerweile gehört die Immobilie der Stadt Frankenberg und wird vom "Kuratorium Schloß Sachsenburg e.V." betreut.
Stutzig machte mich zudem die stets abweichenden Angaben zur Anzahl der Stufen in den Pressemitteilungen. Sollte etwa hier der Veranstalter, die DLRG Mittelsachsen, den Hebel ansetzen? Möglich wäre es ja, da selbst Einheimische diese Frage nicht aus dem Stegreif heraus beantworten konnten. Deshalb will ich unbedingt vor der Veranstaltung die Stufenanzahl noch ermitteln, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Kurz vor 9 Uhr ist am Fuße der Sachsenburg noch keine Aktivität (in Bezug auf Anmeldung) zu verzeichnen und so mache ich mich im leichten Trab auf der Schloßtreppe mit dem Zusammenzählen der einzelnen Stufen vertraut. Laut Adam Ries und meinen Rechenkünsten komme ich dabei auf ein Ergebnis von 260 Stufen, welches mir Heiko dann auch bestätigt. Schließlich hat auch er diese "Bildungslücke" als Sachsenburger mittlerweile geschlossen und vielleicht liegt darin der Schlüssel zum Erfolg begraben?
Die Schloßtreppe (neu und alt) und ihr berüchtigter Schlußanstieg zum Burghof |
In der Reihenfolge der Anmeldung vollzieht sich ab 9:30 Uhr der Start. Bis dahin gibt es noch die erforderliche Erwärmung mit einem Ausflug auf die andere Flußseite und ein paar Kniehubübungen. Da sich die Beteiligung anfangs recht spärlich gestaltet, sichert sich Heiko den (ungewollten) ersten Startplatz - ich werde als zweiter Teilnehmer ins Rennen gehen. Die dazugehörige Startnummer gibt es mit Edding auf die Hand gemalt und per Sprechfunkkoordination werden die insgesamt 30 Teilnehmer danach einzeln auf ihre kurze Reise geschickt. Im Zustand des blut- und sauerstoffleeren Kopfes wird dann bei Zielankunft die ominöse Frage gestellt, die das Klassement noch einmal kräftig durcheinanderwirbeln wird. Ja, daß es leicht wird, hat niemand behauptet!
Während Heiko einen kraftvollen Start hinlegt und die anwesenden Teilnehmer mit einem Staunen zurückläßt, begnüge ich mich kurz darauf mit einem "gemütlichen" Loslaufen. Schließlich gilt es für mich, die wenige vorhandene Kraft maßvoll einzuteilen. Zu tief haben sich die unangenehmen Erinnerungen vom Trainingslauf im März bei mir eingebrannt. Pro Schritt zwei Stufen und im oberen Teil darf/muß dann auch der Handlauf mit zu Rate gezogen werden. Die Uhr stoppt nach 1:10 Minuten und die Frage zur Verbesserung der Laufleistung lautet: "Wie viele Stufen hast du gezählt?" Wenn jetzt alle Murmeln im Kopf richtig aufgereiht sind, dürfte ich die vorher ermittelte Zahl auch fehlerfrei wiederholen können. "Zweihundertsechzig.", quillt es aus mir heraus. Die Angabe wird nun im Protokoll vermerkt und ich kann die arg geschundenen Beine ausschütteln gehen. Die aktive Erholung findet etwas später ein paar Höhenmeter weiter oben statt - beim alkoholfreien Weizen in Heikos Garten.
Schloß Sachsenburg | Gesamtsieger + Lokalmatador Heiko Stockhecke |
Gegen 11 Uhr ist im Schloßhof die Siegerehrung angesetzt. Es gibt allerdings nur eine Ehrung der ersten Drei und des Vorletzten. Dabei werden ein Tankgutschein (50 Euro), ein mit 45 Euro finanzierter Gaststättenbesuch in der Sachsenburger Fischerschänke und zwei 30-Euro-Gutscheine einer Gastronomie im Frankenberger Stadtpark an die Geehrten verteilt. Zur Laufzeit kommen nun, bei exakter Antwort auf die Zielfrage, zehn Bonussekunden - aus meiner 1:10,49 wird demzufolge eine 1:00,49 min. Pro abweichender Stufenzahl kommt eine Strafzeit von zwei Sekunden auf das Ergebnis. Durch diesen Umstand rutsche ich mit der viertbesten Laufzeit noch auf Platz 2. Gesamtsieger wird natürlich Lokalmatador Heiko, der seinen Heimvorteil konsequent ausspielt und verdient gewinnt.
Ergebnis: 30 Teilnehmer (12 w / 18 m)
Platz | Name | Laufzeit | Bonus | Endergebnis |
1 | Stockhecke, Heiko | 0:56,50 min | - 10 sec | 0:46,50 min |
2 | Delling, Thomas | 1:10,49 min | - 10 sec | 1:00,49 min |
3 | Hoffmann, Nils | 0:58,08 min | + 4 sec | 1:02,08 min |
4 | Feiereis, Markus | 1:21,67 min | - 10 sec | 1:11,67 min |
5 | Buschmann, ... | 1:27,81 min | - 10 sec | 1:17,81 min |
6 | Ullbricht, ... | 1:21,06 min | + 6 sec | 1:27,06 min |
Eine (durch die Zusatzfrage) etwas außergewöhnliche Laufveranstaltung, welche die DLRG Mittelsachsen im Rahmen des "2. Schloßtreppenfestes" da veranstaltete - kurz und schmerzhaft, familiär und mit Witz.
Heimvorteil genutzt: Treppenlaufsieger Heiko | Platz 2 durch die Zusatzfrage-Bonussekunden |