09.08. bis 05.09.2024 / 28 Etappen / 573,4 km / 28.059 Hm+ / 28.488 Hm-
„Trist, trister, Triest“ - dieser per Videodokument überlieferte Ausspruch eines leicht angesäuerten Alpenüberquerers beschreibt die am Zielort vorgefundene Situation „zum Strandgang von Salzburg nach Triest“ nur ansatzweise. Dabei wurde hier nur vom durchnässten Wandersmann der wolkenverhangene und verregnete Blick auf die Hafenstadt kommentiert. Wenn dieser Typ (zu diesem Zeitpunkt) gewußt hätte, daß Triest gar keinen klassischen Strand besitzt und der ganze 28-tägige Aufwand somit für die Katz’ war, wären sicherlich Tränen geflossen.
Am 09.08. wirft der Wecker Ute und mich um 4:08 Uhr aus den Federn. Somit bleibt genügend Zeit, die restlichen Handgriffe für den bevorstehenden Urlaub zu tätigen. Um 5:20 Uhr nimmt uns Sohnemann Bruno auf seinem leicht veränderten Arbeitsweg bis zum Chemnitzer Hauptbahnhof mit. Nun sind wir auf Gedeih und Verderb der Deutschen Bahn AG ausgeliefert, denn hinter vorgehaltener Hand hört man zu diesem Beförderungskonstrukt allerlei Beunruhigendes: Streiks, Zugausfälle, Verspätungen. Doch heute muß die „Nahrungskette“ stimmen, damit wir an deren Ende pünktlich im Salzburger Hauptbahnhof ausgeschieden werden - schließlich steht (im Anschluß) Etappe 1 noch auf dem Programm.
Die Bebilderung des Artikels erfolgt peu a peu in den nächsten Tagen, Wochen ...
Pünktlich 5:53 Uhr nimmt uns die Regionalbahn nach Hof auf. Der Zeitplan stimmt und der Umstieg in den nächsten Regionalzug nach Nürnberg klappt reibungslos. Für Bahnverhältnisse funktioniert dieser Ablauf schon etwas zu reibungslos - vielleicht wird aus diesem Grund auch eine Umleitung der Strecke veranlasst. Zudem fährt unser Anschlusszug plötzlich und unerwartet drei Minuten eher von Nürnberg ab. Aus elf werden nun acht Minuten Umsteigzeit. Der Nervenkitzel steigt, ist allerdings noch nicht ganz ausgereizt und siehe da: unser Zug wird verspätet sein Ziel erreichen und unser Umstieg in den ICE nach München (für den wir eine Zugbindung haben) laut DB-App nicht mehr erreichbar. Bei einer Verspätung von über 20 Minuten ist die Zugbindung ohne besondere Bescheinigung aufgehoben, für unseren „Kick“ sind es aber nur acht Minuten. Alte läuferische Vorkenntnisse sind nun gefragt, um die halbe Minute „Umstiegszeit“ von Gleis 17 zum Gleis 9 zu bewerkstelligen. Doch da kommt uns die Deutsche Bahn zu Hilfe, denn der ICE hat eine minimale Verspätung von zwei Minuten, welche uns reicht, die „Kette“ fortzusetzen. Der Umstieg in München ist dann wieder altersgerecht mit zehn Minuten veranschlagt, welche wir im Gewühl der Wochenendtouristen fast aufbrauchen. Das die Regionalbahn mit einer Verspätung von zehn Minuten um 12:55 Uhr in Salzburg ankommt, fällt für uns nicht mehr ins Gewicht, da wir für das restliche Tagesprogramm selbst verantwortlich sind. Auf dem Weg zum Kurpark (dem offiziellen Startort der Alpenüberquerung) werten wir in humorvoller Weise die permanente DAV-Propaganda von einer „klimaverträglichen“ Anreise in die Berge aus - diese Anreiseform kann man gern von München aus wählen, sobald aber Umstiege diesen Weg pflastern, wird es ungemütlich. Ebenso widersprüchlich sind die vom Alpenverein angeratenen Hüttenschlafplatzreservierungen und das „Entschleunigen in den Alpen“ - beides harmoniert nun mal nicht! Bei einer Mehrtageswanderung spielen viele Fakten eine Rolle, um das anvisierte Tagesziel auch zu erreichen, wie z.B. das Wetter (Regen, Gewitter, Temperatur) oder die körperliche Verfassung (topfit oder schwächelnd, gesund oder unterwegs verletzt). Da bricht das (vor Reisebeginn gebaute) Kartenhaus von Reservierungen auf den Berghütten auch schnell zusammen, wenn einer dieser Faktoren sich querstellt. Daraufhin eine unkomplizierte Umbuchung oder Stornierung vorzunehmen, scheitert am unzureichenden Funknetz in den Bergen. Warum kann man da nicht alles so lassen, wie es einst gehandhabt wurde? Das Telefon wird nur für den Notfall oder die Bilddokumentation gezückt und in der eventuell überfüllten Hütte wird im Notquartier (Winterraum oder Gaststube) genächtigt. Eine „Entschleunigung“ in den Bergen kann doch nur ohne permanente Mobilfunknutzung funktionieren!
09.08.2024 / 13:20 Uhr / 16,3 km / 1.350 Hm+ / 116 Hm-
Salzburg (429 m) - Zeppezauerhaus (1.663 m)
Die Inspiration für diesen Fußmarsch über die Alpen lieferte der beim Rother-Verlag erschienene Wanderführer „Alpenüberquerung Salzburg - Triest“ von Christof Herrmann (ISBN 978-3-7633-4494-9). Diese Art Lexikon zu der bevorstehenden Tour enthält so ziemlich alle „überlebenswichtigen“ Details (Anforderungen, Unterkunft, Wissenswertes, Einkehr bzw. Versorgung oder Wasser unterwegs) zu diesem Vorhaben, ist mit zudem mit Tourenvarianten versehen, falls eine Hütte seine Übernachtungskapazität erreicht hat oder man einen (für sich) zu schwierigen Teilabschnitt umgehen möchte. Sicherlich ist ein Großteil der Informationen der Schnellebigkeit der Zeit zum Opfer gefallen (Gasthäuser unterwegs, Preisangaben, Wasserstellen) und doch ist dieses 216-seitige Nachschlagewerk für den Wanderer unverzichtbar - Ute und ich sind komplett nur nach dieser Beschreibung gewandert (nur drei-, viermal wurde von uns die digitale Karte auf dem Telefon zur Richtigstellung zu Rate gezogen).
Bei leichter Bewölkung und um die 30°C Außentemperatur beginnen wir unser Abenteuer im gutbesuchten Kurpark von Salzburg - als Startmotiv muß der am 2. Dezember 2023 unter der Schneelast zusammengebrochene Trompetenbaum (Catalpa bignonioides) herhalten Die erste (nicht als solche im Führer titulierte) Gebirgskette liegt, gleich hinter der Salzach, vor uns. Es geht hinauf zum Mönchsberg (460 m), der (in Verbindung mit der intensiven Sonnenbestrahlung) so manchem Salzburger Tourist auch ohne zusätzlichem Rückengepäck den Zahn zieht. Ute, mit 12 Kilogramm Rückenlast, und ich, mit 18 Kilogramm schwerer „Strandtasche“, können hier jedoch keine Schwäche zeigen. Am Ende des Anstiegs wartet am Imbiss an der Richterhöhe die erste Belohnung: eiskaltes Bier bzw. Radler.
Wir lassen die Festungsanlage Hohensalzburg am Wegesrand liegen und nehmen den Weg ins Tal, der sich entlang des Almkanals fortsetzt. Es zieht sich und erst gegen 15:45 Uhr stehen wir am Fuß des Untersbergs, an der Rosittenbrücke (465 m). Bis zum Etappenziel sind es laut Wegweiser noch drei Stunden (auf schwarzer Wegführung). Es ist schwül und der Schweiß läuft permanent, als wir die ersten ernsthaften Höhenmeter unseres Alpenurlaubs „genießen“. Eine, am Bach eingelegte, 20-minütige Eßpause erleichtert nur etwas den schweren Rucksack und auch so kommen wir noch nicht richtig in Tritt. Oberhalb des Waldes begrüßen uns dann rund 20 Gämsen, die ohne Berührungsängste am Wegrand äsen.
Der Dopplersteig bringt uns dann, auf in den Fels gehauenen Stufen zügig nach oben. Danach nehmen wir noch ein paar Biegungen durchs Latschengebüsch und stehen kurz nach 19 Uhr am Zeppezauerhaus (1.663 m). Mit Linsensuppe (in der wir aber nur Bohnen entdecken) und zwei Bier belohnen wir unsere ersten 29.423 Schritte (lt. Polar-Aufzeichnung) Richtung Triest.
Startbild im Kurpark von Salzburg
Salzburg
Festung Hohensalzburg
Der Reitsteig ist die sanfte Aufstiegsvariante zum Zeppezauerhaus.
Aufstieg am Rosittenbach
Treppenlauf (li.) und Wasseraufnahme am Wegesrand (re.)
Gämsen als treue Wegbegleiter
Gedenktafel im Fels
Dopplersteig
Dopplersteig
Sepp-Forcher-Steig
Bergstation Untersbergseilbahn: Startpunkt professioneller Anbieter für die Alpenüberquerung Salzburg (!) - Triest
Zeppezauer-Haus
Sonnenuntergang
Salzburg am Abend
10.08.2024 / 7:00 Uhr / 26,1 km / 560 Hm+ / 1.633 Hm-
Zeppezauerhaus (1.663 m) - Schönau (590 m)
Ohne Frühstück gehen wir in die Spur, da dieses erst ab 7:30 Uhr in der Hütte aufgetischt wird. Dieses holen wir wenig später bei einer halbstündigen Pause (mit Aussicht) auf dem Salzburger Hochthron (1.853 m) nach. Ausreichend gestärkt und in die Topographie der neuen Umgebung „eingelesen“ gehts weiter. Doch so richtig in Fahrt kommen wir immer noch nicht. Zudem bremst uns nasses Gestein auf unserem Abstieg zur Mittagsscharte (1.671 m) aus und ein größerer Verläufer ergänzt das Dilemma. Man muß sich eben wieder langsam an die Begebenheiten im Gebirge gewöhnen. Das zeigt uns dann auch der Berchtesgadener Hochthron (1.972 m), der uns den (sichergeglaubten) Blick zum gegenüberliegenden Watzmannstock verwehrt. Nach einer halben Stunde hoffnungsvollen Wartens auf bessere Sichtverhältnisse, steigen wir zum Störhaus (1.894 m) ab. Es ist kurz nach 11 Uhr und Zeit für eine ausgedehnte Mittagspause (Bier und Debreziner) in die auch die Quartiersuche für die kommende Nacht integriert wird. Doch dieser Versuch scheitert nunmal krachend an der fehlenden Netzabdeckung. Dann müssen wir uns eben vor Ort darum kümmern - es wird sich schon irgendeine Bleibe finden.
Gegen 12:20 Uhr brechen wir zum langgezogenen Abstieg in den Berchtesgadener Talkessel auf. Nach einem Steilstück geleiten uns der (1906/07 gebaute) Stöhrweg und später der Klammweg sanft nach unten. Kurz vor der ersten Bebauung von Am Etzerschlössl (670 m) nehmen wir ein Bad im Gerner Bach. Dabei wird auch die Wäsche mit „gewaschen“, die danach am Körper (bei sonnigen 30°C) schnell wieder abtrocknet. In Berchtesgaden (571 m) wird danach nur zum Einkauf von Lebensmitteln und einer kurzen Essenpause gehalten - eine Übernachtung haben wir in Schönau geplant. Doch dort wird es nervenaufreibend, denn zehn, zwölf von uns angesteuerte Unterkünfte sind ausgebucht. Auch ein Hotel mit über 200 Betten ist voll. Wir sind nach unserem Zickzack durch den Ort schon am Ende von Schönau angelangt. Einen Versuch haben wir noch! Alternativ zur erfolglosen Quartiersuche schwebt mir die Übernachtung in einer Art hölzernem Bushäuschen vor, welches ich (aus den Erinnerungen von vor 20 Jahren) am Parkplatz vor dem Königssee verorte. Doch Ute bleibt hartnäckig und kann eine Übernachtung „bei uns’rer letzten Chance“ klarmachen. Das private Gästezimmer wird daraufhin hergerichtet und mit einem Bier die Wartezeit verkürzt.
Zeppezauerhaus am Morgen
Menschenleerer Untersberg - doch die Seilbahn schafft bald Abhilfe!
Gipfelkreuz Geiereck - errichtet zum 25-jährigen Gründungsfeste des Untersberger Gemütlichkeits-Clubs (1904)
Wegkarte an der Bergstation der Seilbahn
Gebirgsjäger-Ehrenmal (im Hitergrund der Salzburger Hochthron)
Salzburger Hochthron
"Steiniger" Weg zum Berchtesgadener Hochthron (im Bild ganz links)
Berchtesgadener Hochthron
Stöhrhaus
Schönfeldspitze, Watzmannstock (mit Watzmannfrau und Watzmannkindern) und Großer Hundstod (v.l.n.r.)
Stöhrweg
Ehemaliger Gemischtwarenhändler in Maria Gern
Berchtesgaden
Berchtesgaden, Schloßplatz
11.08.2024 / 8:35 Uhr / 15,5 km / 1.913 Hm+ / 767 Hm-
Schönau (590 m) - Carl-von-Stahl-Haus (1.736 m)
Heute steht nur eine Mutter-Kind-Tour auf dem Plan, da wir das gestrige Etappenziel Berchtesgaden schon ein Stück hinter uns gelassen haben. Deshalb können wir auch in aller Seelenruhe das Frühstück in unserer Bleibe auskosten und müssen nicht überhastet losstürzen. Der alltägliche Rummel am Königssee (602 m) kommt so langsam in die Gänge, als wir ihn passieren. Vor rund vier Jahren waren wir mit dem Rad aus Chemnitz bis hierhergefahren und hatten uns mit unseren Drahteseln im See stehend, ablichten lassen. Für so einen Schnappschuß müssten wir jetzt aber wenigstens die Schuhe ausziehen - doch das wäre uns zu umständlich. Also geht es ohne Erinnerungsfoto weiter - vorbei am Malerwinkel (618 m), wo aufgrund des aufziehenden Nebels nur weiße Bilder entstehen würden. Die Königsbachalm (1.200 m) lädt zur halbstündigen Getränkepause und nur eine Stunde später die Hafnerkaseralm (1.578 m) zum anderthalbstündigen Mittagsmahl. Danach ist es keine halbe Stunde Fußmarsch mehr und wir stehen 14 Uhr vor dem Carl-von-Stahl-Haus (1.736 m).
Da auf der Uhr noch genügend Platz für eine kleine Feierabendrunde ist, machen wir uns kurz nach 15 Uhr zum Hohen Brett (2.340 m) auf. Es ist mit zweieinhalb Stunden angeschrieben, darf aber aufgrund des fehlenden schweren Rucksacks nicht so lang dauern. Mit „Handgepäck“ geht es sich wesentlich angenehmer und schon nach 70 Minuten haben wir das Gipfelkreuz erreicht. Dieses befindet sich auf der deutsch-österreichischen Grenze und hat zwei verschiedene Höhenangaben: 2.340 „Meter über Normalnull“ nach deutscher Messung, wofür der Pegel in Amsterdam verantwortlich zeigt, und 2.338 „Meter über der Adria“ nach österreichischer Messung. Als Bezugshöhe wird dabei seit 1875 der mittlere Adriastand vom damals noch zu Österreich-Ungarn gehörenden Triest verwendet (Pegel Triest 1875).
Zwanzig Minuten genießen wir die Aussicht und entdecken auf dem Rückweg sogar noch mehrere Alpen-Edelweiß (Leontopodium nivale) am Wegesrand - welche in dieser Höhe von rund 2.000 Metern eher noch seltener sind. Halb sechs treffen wir wieder am Stahlhaus ein und bemerken das Fehlen unserer eigenen Hüttenschuhe. Natürlich bin ich da, in Bezug auf diese neue Form des Hütten(zusammen)lebens, schnell auf „180“ - glücklicherweise klärt sich das ganze Dilemma jedoch schon nach kurzer Zeit auf. Mit Normalpuls konsumieren wir dann noch zwei Halblitertöpfe, statt dem angebotenen Abendmahl. Wir kommen mit zwei Schweizern ins Gespräch, die auch diese Alpenüberquerung vor sich haben. Hauptthema ist dabei die Hüttenreservierung, welche just an diesem Abend am zu schwachen Internet scheitert (Verifizierung funktioniert nicht) und für den nächsten Tag einen Anruf bei der Bank erfordert (Karte gesperrt). Ich fordere hiermit nun keinen Ausbau des Funknetzes im Gebirge. Man kann nur eben nicht immer und überall Reservierungen vornehmen - doch in diesem Punkt bekommen wir Rückenwind vom Hüttenwirt, der uns versichert, daß man (ohne Reservierung) nicht wieder von den Hütten weggeschickt wird.
Königssee
Fahrpreise für die Fährfahrt, aktuell 22,50 Euro
Malerwinkel (li.) und Blick auf den Königssee (re.)
Beschwerlicher Aufstieg - nur mit Nutzung der bereithängenden Liane möglich
Königsbachalm
Branntweinhütte (hat Ruhetag!)
Fichten-Naturverjüngung auf Wurzelstock
Von Schlange gebissene Kuh mit "Sonderrechten" am Hafnerkaser
Brettljause mit Spezialitäten der Hafnerkaseralm und benachbarter Almwirtschaften
Blick zum Watzmann
Schneibsteinhaus vor seinem Namensgeber
Carl-von-Stahl-Haus vor dem Hohen Brett
Aufstieg zum Hohen Brett
Blick zum Hohen Brett
Jägerkreuz
Auf dem Gipfelplateau des Hohen Bretts
Sicht vom Hohen Brett
Abstieg zum Stahlhaus
Alpenedelweiß
Große Wäsche zum Feierabend am Stahlhaus
Abends am Stahlhaus
12.08.2024 / 6:45 Uhr / 15,7 km / 1.000 Hm+ / 1.313 Hm-
Carl-von-Stahl-Haus (1.736 m) - Wasseralm i. d. Röth (1.423 m)
Um 6 Uhr ist die Nachtruhe im Lager vorbei. Ohne Frühstück brechen wir 6:45 Uhr auf, denn dieses muß bis zum Schneibstein (2.276 m), den wir 8:20 Uhr erreichen, noch warten. Der (essbare) Rucksackinhalt schmeckt mit der entsprechenden Aussicht gleich wesentlich besser. Nach einer halben Stunde Essen, Trinken und Gucken geht es weiter. Ute kann unterwegs (mittels Telefonats) ihre Bankkarte wieder aktivieren - eine Reservierung für heute Abend gelingt jedoch nicht. Am Seeleinsee (1.809 m) gibt es neben dem zweiten Frühstück auch noch einen Badegang. Als jedoch immer mehr Badegäste am steinigen Ufer eintreffen, verlassen wir die Badestelle um halb 12. Über den Paß des Hochgschirr (1.949 m) steigen wir steil Richtung Obersee, bis zum Abzweig des Landtalsteigs (1.205 m), ab. Nun geht es langsam aber teils recht luftig wieder aufwärts. Der Blick auf Ober- und Königssee ist grandios.
Nach acht Stunden Geh- und Pausenzeit erreichen wir um 14:45 Uhr die Wasseralm (1.423 m). Am Stahlhaus stehen dafür acht bis zehn Stunden (reine Gehzeit) angeschrieben und wir sind trotzdem der Meinung, noch nicht unser richtiges Tempo gefunden zu haben. Unser Wanderschritt erscheint uns einfach zu zäh. Wir wissen nun aber auch, daß die vorgegebenen Etappen „maßgeschneidert“ sind und ein Zusammenlegen von Tagestouren oder auch nur von Abschnitten, wie wir es im Vorjahr bei den Höhenwegen 1 und 2 im Aostatal praktizierten (aus 31 mach 18), unmöglich erscheint. Die vorgegebenen 28 Etappen erfordern demzufolge 28 Wandertage - das Herauslaufen eines Tages (der für die zusätzliche Triglav-Besteigung von uns vorgesehen war) ist unrealistisch. Ein Ruhetag entfällt somit ebenfalls - war aber auch nicht vorgesehen. Nun muß nur noch das Wetter mitspielen und uns nicht zu einer Pause zwingen, denn das gibt unser Zeitplan nicht her. Gegen 18:30 Uhr gibt es schon mal eine kleine Kostprobe in Form von Starkregen und einem schweren Gewitter, welches sich bis in die Nacht hinein zieht. Das Areal der Wasseralm wird von dem abendlichen Unwetter kaum frequentiert, für das Berchtesgadener Land gibt es jedoch eine Unwetterwarnung (schwere Gewitter, Starkregen und orkanartige Böen).
Gepfefferte Preise halten uns von der Teilnahme am Abendmahl, bei dem es nur eine Gemüsesuppe (15 Euro) oder eine Gemüsesuppe mit Würstel (18 Euro) zur Auswahl gibt, ab. Die selbstgemachten großen Stücken Kuchen (je 5,50 Euro) und das Faßbier (zu 6,50 Euro) am Nachmittag müssen da ausreichen. Da auch das Frühstück nicht gerade preisgünstig erscheint (Müsli für 17 Euro sowie Brot mit süßem Aufstrich 14 Euro, mit Wurst 18 Euro), werden wir wieder „ohne“ den nächsten Tag beginnen. Geschlafen wird im Lager-Oberdeck, wo vier von neun Schlafplätzen frei bleiben.
Sonnenaufgang am Stahlhaus
Frühstück auf der Stahlhaus-Terrasse
Blick zum Hohen Brett
Blick auf Watzmann (hinten links) und Jenner (vorn rechts)
Schneibstein
Blick zum Hohen Brett (li.) und Hohen Göll (re.)
Abstieg vom Schneibstein
Abkühlung im Seeleinsee
Hochgschirr
Auf dem Weg zur Wasseralm
Talblick auf Obersee und Königssee
Wasseralm und Lager-Schlafplatz
13.08.2024 / 7:10 Uhr / 17,9 km / 1.734 Hm+ / 1.038 Hm-
Wasseralm i. d. Röth (1.423 m) - Ingolstädter Haus (2.119 m)
Kurz nach 6 Uhr geht es aus dem Schlafsack. Eine Stunde später sind wir abmarschbereit. Die Wiesenwege sind noch naß und demzufolge das Innenleben der Schuhe kurz darauf auch. Wir sind allein unterwegs, Heidelbeeren am Wegesrand müssen aufkommendes Magenknurren unterdrücken, zwei Auerhühner (Tetrao urgallis) am Funtenseesattel fühlen sich durch unser Kommen gestört und flattern eilig davon, an einer monumentalen Fichte (vor dem Abzweig zur Saletalm) holen wir dann auch unser Frühstück nach: ungarische Salami, Schmelzkäse, Brot und Riegel.
Auf dem Zubringer zum Kärlingerhaus (1.630 m) beobachten wir den Hubschrauber bei der Hüttenbelieferung. Dabei hat er u.a. 13 Fässer Bier am Haken. Wir machen einen Abstecher zur Hütte, um von der gelieferten Ware zu probieren - der Preis von 7 Euro pro Halblitereinheit läßt es dann auch bei einer davon bewenden. Nach einer Dreiviertelstunde machen wir uns Punkt 12 wieder auf den Weg und schieben eine Stunde später am Hirschentörl (1.876 m) die Mittagspause nach. Am Horizont ist unser Tagesziel, das Ingolstädter Haus und der Große Hundstod, zu sehen. Wir tasten uns durch das Geröll des Steinernen Meeres und erreichen 14:45 Uhr die Dießbachscharte mit dem Ingolstädter Haus (2.119 m). Die fehlende Reservierung stellt auch hier kein Problem dar - uns wird ein Platz im Winterquartier zugewiesen, den wir am Abend noch gegen einen Platz im Haus eintauschen könnten, falls Reservierungen nicht wahrgenommen werden. Bis alle Formalitäten und das Feierabendbier durch sind, vergeht eine Stunde.
Nun hatte uns ja schon der „Bua“ von der Wasseralm Regen und Gewitter am Nachmittag prognostiziert und nun sieht es auch immer mehr danach aus. Für 17 Uhr wird dieses Szenario dann auch im Hüttenumfeld bestätigt. Doch da wartet ja noch der Große Hundstod gegenüber. Ich war schon zweimal oben, nur Ute noch nicht. Zwei Stunden stehen auf dem Wegweiser an der Hütte, doch ich erinnere mich, da nur eine Stunde gebraucht zu haben - das ist zwar 15 Jahre her aber erscheint mir als machbar. Wir wählen den etwas schnelleren Schritt, der im oberen Teil die Unterstützung kraftvoll zupackender Hände benötigt und siehe da, nach nur 57 Minuten stehen wir 16:42 Uhr auf dem Hundstod (2.593 m). Nur fünf Minuten genießen wir die gigantische Sicht u.a. auf den Watzmann und den Hochkalter. Ute kraxelt mit zittriger Hand ein paar Zeilen ins Gipfelbuch. 16:47 Uhr geht es wieder abwärts. Das Gewitter meldet sich 17:10 Uhr mit Blitz und Donner, es ist glücklicherweise nicht direkt über uns. Nach 40 Minuten rasantem Abstieg erreichen wir 17:27 Uhr unsere Unterkunft. Im Nachhinein betrachtet, war es totaler Blödsinn, bei solchen sich abzeichnenden Witterungsbedingungen noch einmal für eine (wenn auch zeitlich kurze) Bergbesteigung aufzubrechen.
Das Abendessen fällt heute etwas großzügiger aus. Zu zweit vertilgen wir drei Tiroler Gröstl, welche mit Bier hinuntergespült werden. Im Winterlager „Chalet“ sind von den acht vorhandenen Betten nur fünf belegt. Um 20:30 Uhr ist Nachtruhe.
Wasseralm am Morgen
Weg am Hang des Wasserbergs
Watzmann-Südspitze, Mittelspitze, Watzmannkinder (im Vordergrund) und Watzmannfrau (v.l.n.r.)
Hohe Fichte und verschlungener Kronenwuchs einer Lärche
Grünsee
"Bierkutscher" in den Alpen
Funtensee- oder Kärlingerhaus
Detail einer Informationstafel am Haus
Bierladung wohlbehalten am Haus eingetroffen
Ingolstädter Haus ("Punkt" li. d. Bildmitte am Horizont) und Großer Hundstod (re.)
Ingolstädter Haus mit den Schindlköpfen (li.)
Aufstieg zum Großen Hundstod
Gewitter im Anmarsch - das Ingolstädter Haus (Bildmitte) im Steinernen Meer ist "gut getarnt"
Auf dem Großen Hundstod
Blick zum Hochkalter
Blick zum Watzmann
Abstieg zum Ingolstädter Haus
Das Gewitter entlädt sich derweil linkerhand über dem Steinernen Meer
Sonnenuntergang
14.08.2024 / 7:20 Uhr / 15,3 km / 350 Hm+ / 1.659 Hm-
Ingolstädter Haus (2.119 m) - Maria Alm (810 m)
Auch heute ist die Nacht um 6 Uhr beendet, denn der spektakuläre Sonnenaufgang ruft! Das Frühstück verschieben wir auch heute wieder ins Gelände. Auf einem Felsblock nahe des Pratersterns (2.150 m) haben wir eine schöne Übersicht auf das Steinerne Meer und seine Umrahmung und auf der Terrasse des Riemannhauses (2.177 m) gleichen wir später unser Getränkedefizit aus. Nach einer Stunde Pause wagen wir uns 10:30 Uhr an den steilen Abstieg nach Maria Alm. An der Talstation der Materialseilbahn ist ein größerer Radlader damit beschäftigt, die steinernen Spuren der Unwetternacht zu beseitigen. Der vorgegebene Weg zum Fürstenbründl ist zudem gesperrt. Wir nehmen daher den Umweg zurück zur breiten Forststraße, die starke Ausspülungen aufweist und auf der feines Gestein das Laufen auf dem steilabfallenden Asphalt erschwert.
Für die Nacht haben wir auch diesmal noch keine Bleibe, doch es ist mit 14:45 Uhr noch recht früh am Tage und die Hoffnung ein Dach über dem Kopf zu finden, ist dementsprechend groß. Die Unterkunftssuche wird nach drei Fehlversuchen erfolgreich gestaltet und ehe es zum Einkaufsbummel geht, werden noch die Klamotten gewaschen. Obwohl wir schon geduscht haben, werden wir auf unserem Rückweg zur Pension vom Regen überrascht und ein zweites Mal abgebraust. Dazu gesellt sich dann auch noch das übliche Gewitter, welches wir von unserem überdachten Balkon „genießen“.
Nach insgesamt 190.754 Schritten haben wir den ersten Alpen-Gebirgszug, die Berchtesgadener Alpen, mit insgesamt 106,8 Kilometern und 6.907 Höhenmetern im Anstieg überwunden. Ganz nebenbei haben wir noch sieben Berggipfel (Geiereck, Salzburger und Berchtesgadener Hochthron, Hohes Brett, Schneibstein, Großer Hundstod, Äulhöhe) eingesammelt.
Sonnenaufgang
Blick zurück zum Ingolstädter Haus (vorn rechts: das Winterquartier) und dem Großen Hundstod
Steinernes Meer
Großer Hundstod (li.) und Watzmann-Südspitze (re.)
Schönfeldspitze (li.) und Wurmkopf (M.)
Äulhöhe: im Hintergrund der Hundstod und die komplette Watzmann-Familie (Mann, 5 Kinder u. Frau)
Riemannhaus mit dem markanten Sommerstein "im Nacken"
Talblick
Abstieg vom Riemannhaus
Blick zurück - auf den Sommerstein und den Felsabstieg vom Riemannhaus
Weiterer (umgeleiteter) Abstieg ins Tal
Maria Alm: die Berchtesgadener Alpen liegen hinter uns
Gasthof "Pension Struber"
15.08.2024 / 8:50 Uhr / 15,9 km / 1.610 Hm+ / 304 Hm-
Maria Alm (810 m) - Statzerhaus (2.116 m)
Mit reichhaltigem Frühstück im Bauch beginnen wir unsere heutige Bergtour etwas später. Es soll zwar auch wieder recht warm werden und ein langer Anstieg steht auf dem Programm, doch da kommt es auf eine Stunde mehr oder weniger Schatten nun auch nicht an. Viele Waldabschnitte begleiten uns von der Urslau (795 m) hinauf zur Schwalbenwand. Wir sind wieder nur allein unterwegs. Der Speiseplan für unterwegs wird ausschließlich von Heidelbeeren gedeckt und zum Nachfüllen unserer Wasserflaschen müssen wir (aufgrund einer Unachtsamkeit) mühsam erkämpfte Höhenmeter wieder zurückgehen. Der bei einer Hütte stehende Holzbrunnen (1.650 m) ist die einzige Möglichkeit dafür.
Der Gipfel der Schwalbenwand (2.011 m) ist mit einem Gipfelkreuz mit Buch versehen. Daneben werkeln zwei Arbeiter an einem Fundament (für ein größeres Kreuz?), obwohl heute Feiertag (Maria Himmelfahrt) ist. Eine Viertelstunde genießen wir die Aussicht, u.a. auf den Zeller See und im Nacken auf die Wand von Hochkönig und Steinernem Meer. Das heutige Tagesziel, das Statzerhaus, haben wir schon eine ganze Weile vor Augen, schließlich laufen wir es im Halbkreis über einen Kamm an. Der Schönwieskopf (1.994 m) ist der nächste Gipfel auf diesem Grat. Die Nr. 3, den markanten Ochsenkopf, nehmen wir aufgrund der fehlenden Zuwegung und der Einzäunung nicht noch in unsere Gipfelsammlung mit auf. Ein Pfad vom Sattel (1.920 m) bringt uns zum Hundstein (2.116 m), auf dem das Statzerhaus des Österreichischen Touristenklubs steht.
Zum Feiertag ist die Hütte gut besucht und wir werden gar nicht so recht für voll genommen. Eine erste Nachfrage zur Übernachtung wird noch vage mit einer ausgebuchten Hütte abgetan, wir sollten aber noch abwarten. Ein späteres Nachhaken (mit Bierbestellung) wird auch noch vertröstet, ehe dann die Entwarnung kommt: „Ihr kennts hierbleim.“ Als sich die Tagesgäste (die meisten mit dem E-Bike über die kurze Zufahrt zu Besuch) so nach und nach verziehen, wird das Ausmaß der „ausgebuchten Hütte“ sichtbar: insgesamt neun Schlafplätze werden benötigt, denn mehr Leute sind nicht anwesend - in einer Hütte mit sechs Betten und 27 Schlafplätzen im Lager. Da kann das Essen noch so lecker schmecken und der löbliche Kampf gegen den Alkoholismus besonders stark ausgelebt werden (denn Nachbestellungen, oder besser Lieferzeiten, in puncto Bier waren besonders zeitintensiv), wenn man sein Geld schon mit den Tagesausflüglern gemacht hat, sollte man das auch so publizieren. Mit fünf anderen Alpenüberquerern (zwei Norddeutsche, eine Stuttgarterin und zwei Münchnern) verbringen wir den Abend und sind natürlich dann auch in einem Sieben-Betten-Lager untergebracht.
Das Statzerhaus (benannt nach dem Alpinisten und kurzzeitigen ÖTK-Präsidenten Moritz Edler von Statzer) ist schon etwas besonderes. Es glänzt mit seiner Position auf der höchsten Erhebung der Salzburger Schieferalpen, die einen phänomenalen Rundblick gewährt. Zudem ist das Gebäude größtenteils recht urbelassen (wenn auch ab und zu modernisiert) und versprüht mit seinen knarrenden Dielen den Charme des Baujahres 1900. Die Wände in der urigen Gaststube zeugen vom regelmäßig seit 1516 in der Naturarena am Hundstein ausgetragenen Jakobiranggeln („Hundstoa-Ranggeln“). Bei jedem Wetter wird dabei am Sonntag nach Jakobi (25.07.) vom Ranggler versucht, ohne die Anwendung von Würge-, Hebel- oder Schmerzgriffen, den Gegner auf die Schulterblätter zu legen.
Leicht beengt legen wir uns um 22 Uhr auf unsere Schulterblätter. Die hölzernen Doppelstocklager machen dabei keinen zu stabilen Eindruck, doch das sehen nur die Frauen, die in der unteren Etage liegend, die Verformung der oberen Lattenroste registrieren. Mit etwas mehr Verständnis hätte man uns sieben Leute auch bequem auf mehrere Lager aufteilen können, doch soweit geht die Nächstenliebe nun mal nicht.
Maria Alm und die südliche Felsrahmung des Steinernen Meeres
Aufstieg zur Schwalbenwand
Schwalbenwand
Blick von der Schwalbenwand zum Zeller See
Streckenführung des Hochkönig-Marathontrail und Endurancetrail
Schönwieskopf
Gipfelbuch-Eintrag Schönwieskopf
"Kammweg" mit Ochsenkopf
Starzerhaus auf dem Hundstein
Hundstein-Gipfelkreuz neben dem Starzerhaus
Hundstoa-Ranggeln (Aushang am Starzerhaus)
Blick zum Hochkönig-Massiv
Sonnenuntergang
16.08.2024 / 7:15 Uhr / 24,9 km / 465 Hm+ / 1.633 Hm-
Statzerhaus (2.116 m) - Rauris (948 m)
Halb sieben geht es aus den Federn. Um Zeit zu sparen, verzichten wir erneut auf das Frühstück. An den Drei Kreuz’n (1.900 m) der Pfarrachhöhe (1.922 m) holen wir dies nach und essen, was der Rucksack hergibt. Nebenbei haben wir noch eine gute Sicht auf die vor uns liegenden Hohen Tauern, durch die unser weiterer Weg führen wird. An der Riester Aste (1.420 m) legen wir noch eine Trinkpause nach. In Taxenbach (775 m) versorgen wir uns noch einmal im Supermarkt für eine Mittagspause (11:30 Uhr), verpassen aber die im Führer beschriebene Brücke über die Salzach. Die gleichnamige Promenade führt jedoch auch auf der anderen Flußseite zu einer sicheren Überquerung des Gewässers und präsentiert zusätzlich oberhalb des Sportplatzes die 350-jährige Taxenbacher Haselfichte. Das Holz der Nordtiroler Haselfichte ist aufgrund seiner speziellen Maserung ein besonderes Wertholz für den Instrumentenbau.
Nach der Salzachbrücke sind wir wieder auf der Originalstrecke. Die Schluchten der Kitzlochklamm (728 - 840 m) bestimmen nun die Wegführung, die sich auf Stegen, Leitern und Brücken gestaltet. Auch nach dem Klammbesuch steigt unser Weg ganz sachte bis zur Bleuerberg-Quelle (1.008 m) weiter an, um danach sanft hinab nach Rauris (948 m) auszuklingen. Gegenüber der Kirche quartieren wir uns 15:45 Uhr im Hotel „Platzwirt“ ein, welches Ute im voraus gebucht hatte. Der Proviant für die nächsten Tagen wird später noch im Ort eingeholt, ehe wir uns das verdiente Feierabendbier „im Park“ gönnen.
Die Salzburger Schieferalpen liegen hinter uns - mit nur 63.743 Schritten für 39,8 Kilometer sowie 2.075 vertikalen Metern eine schnelle Angelegenheit (wobei der letzte Tagesabschnitt ab der Salzach schon zu den Hohen Tauern gehört). Insgesamt sechs Gipfelkreuze passierten wir auf diesem Abschnitt, wovon die Pfarrachhöhe allein drei davon zu bieten hat. Die Schwalbenwand, der Schönwieskopf und der Hundstein sind da mit ihrer „einfachen“ Bestückung regelrecht bescheiden.
Sonnenaufgang (neben dem Hochkönig-Stock)
Statzerhaus
Pfarrachhöhe - Blick auf die Glocknergruppe
Großglockner (li. d. Bildmitte); Großes Wiesbachhorn (M.), Klocknerin (re. daneben) u. Hoher Tenn (re.)
Pfarrachhöhe: Blick zurück zu Hundstein (li.) und Galtviehkopf (re.)
Drei Kreuz'n
Großglocknerblick
Rieser Aste: Wachhund "ruhigstellen"
Kriegerdenkmal in Taxenbach
Haselfichte Taxenbach
Kitzlochklamm
Rauris
Gedenken an die Gefallenen der beiden Weltkriege
17.08.2024 / 9:00 Uhr / 25,7 km / 1.410 Hm+ / 182 Hm-
Rauris (948 m) - Schutzhaus Neubau (2.176 m)
Es ist kurz vor 6 Uhr und wir betrachten skeptisch den Wolkenvorhang, der sich über Nacht tief ins Raurisertal gelegt hat. Heute haben wir besonders viel Zeit, denn erst 7:30 Uhr wird das Frühstücksbuffet im Hotel freigegeben. Dieses ist recht umfangreich und somit werden die körpereignen Speicher auch umfassend von uns gefüllt. Relativ spät beginnen wir unsere Etappe, die mit 8:15 Stunden reiner Gehzeit veranschlagt ist. Grob gesagt, geht es heute fast ausschließlich bergauf - anfangs recht zurückhaltend auf einfachem Geläuf. Daher wird auch ein recht hohes Wandertempo von uns vorgelegt, welches im Almgasthaus Lechnerhäusl (1.210 m) für eine halbstündige Mittagspause (Bier und Johannisbeerschorle) kurz ausgebremst wird.
Da wir nun in der Goldberggruppe der Hohen Tauern unterwegs sind, darf ein ehemaliger Goldwaschplatz (1.250 m) natürlich nicht fehlen. Dieser befindet sich in Straßennähe und ist dementsprechend gut besucht, schließlich lagern Schätzungen zufolge in der Goldberggruppe noch rund 120 Tonnen des begehrten Edelmetalls. Uns überkommt jedoch keine Goldgräberstimmung, denn unsere Rucksäcke sind auch ohne Gold schon viel zu schwer und außerdem setzt nun starker Regen ein. Der Knappenweg ist ausgespült und teilweise zerstört, daher müssen wir uns noch bis zur Forsthütte (1.280 m) den Asphalt mit den mautpflichtigen Kraftfahrzeugen teilen. Auf einem schönen Waldweg gelangen wir zum Parkplatz Lenzanger (1.550 m) und weiter zur Durchgangsalm (1.742 m) und Gainschniggalm (1.775 m). Es ist 15:15 Uhr als wir diese bei heftigem Donnergrollen passieren. Noch rund anderthalb Stunden sind es bis zum Tagesziel und das Gewitter meldet sich immer deutlicher. Glücklicherweise wechseln wir nun das Tal, hören es folglich nur auf der anderen Seite krachen und bleiben davon verschont. Der Regen stellt seine Tätigkeit wenig später auch noch ein und 16:20 Uhr haben wir das Schutzhaus Neubau (2.176 m) erreicht. In der Berghütte ist so gut wie alles neu. Das Schlaflager unter dem Dach ist mit Sperren in Einer- und Zweierlager unterteilt - ein Relikt aus der unsäglichen Corona-Maßnahmen-Zeit, welches als sinnvoll erachtet werden kann, da es wenigstens ein wenig Privatsphäre garantiert.
Blick ins Raurisertal
Rundwanderweg Wörth
Einödkapelle St. Hubertus - "Kapelle an den Hohen Ainaten" von 1530
Sägewerk an der Hüttwinkl-Ache in Frohn
Blick zurück
Lechnerhäusl
Raurisertal
Am Rand des Knappenweges
Informationstafel zum Sonnblickgebiet
Gainschniggalm, dahinter der Hohe Sonnblick mit dem Zittelhaus
Riffelscharte mit dem Niedersachsenhaus (li. der Bildmitte, auf dem Kamm)
Weg zum Naturfreundehaus Neubau
Schutzhaus Neubau und der Hohe Sonnblick (re.)
18.08.2024 / 7:40 Uhr / 18,7 km / 1.080 Hm+ / 1.446 Hm-
Schutzhaus Neubau (2.176 m) - Fraganter Hütte (1.810 m)
Heute ist der Zeitplan auf der Hütte eng gestrickt: ab 6:30 Uhr gibt es Frühstück und bis 8 Uhr muß das Lager geräumt sein. Zum Frühstück wartet ein kleines Buffet auf die Gäste: Kümmelbrot mit Wurst und Käse, dazu Müsli und Kaffee sind vollkommen ausreichend für den Start in den Tag. Beim Zusammenpacken der Klamotten wird nicht gebummelt und so geht es schon 7:40 Uhr an die frische Luft. Die Wolken hängen tief, es ist aber trocken. Vorbei an vielerlei Zeugen des ehemaligen Goldbergbaus nehmen wir den Tauerngold-Rundwanderweg, der laut Wegweiser in zweieinhalb Stunden zur Fraganter Scharte führt. Doch wir sind gut in Fahrt und in der Hälfte der Zeit sind wir 8:55 Uhr am höchsten Punkt der Salzburg-Triest-Route, jener Fraganter Scharte (2.754 m). Inmitten der Waschküche gibt es so gut wie nichts zu sehen, daher verbietet sich auch eine zusätzliche Besteigung der Herzog-Ernst-Spitze. Nach einer Viertelstunde Pause ziehen wir weiter.
Steil geht es nun hinab und der weiße Dunst verhüllt zum Glück einen Teil der im Führer beschriebenen Landschaftszerstörung durch die Skiliftanlagen und die dazugehörige Infrastruktur. Wir passieren den Hochwurtenspeicher (2.417 m), den Weißsee (2.365 m) und das Weißenseehaus (2.378 m), welches (wie beschrieben) nur nach Bedarf geöffnet ist. Dies ist heute nicht der Fall, eine kleine Zwangspause, wegen des einsetzenden Regens, hätten wir uns jedoch gern im Hütteninneren gegönnt. Wir ziehen daher weiter und sind kurz darauf wieder in der Natur. Die Nässe treibt nun die Alpensalamander (Salamandra atra) aus ihren Löchern und man muß schon höllisch aufpassen, keinen der schwarzen Kameraden zu ertreten. Vorbei am angestauten Schwarzsee (2.318 m) und mehreren kleineren Seen auf einem Plateau (2.437 m) führt der Sandig-Höhenweg nun steil hinauf zum Sattel Saustellscharte (2.560 m). Durch wässrige Wiesen arbeiten wir uns danach weiter Richtung Melenwände vor. Rund 250 Meter Aufstieg hält nun die Scharte des Ochsentriebs (2.651 m) für uns bereit. Kaum vorstellbar, daß dieser Übergang zum Viehtrieb Verwendung findet, zumal Abschnitte dieses Pfades in der wuchtigen Gesteinswand nach der Schneeschmelze nur noch recht spärlich vorhanden sind. Diese Zweifel widerlegt später ein uns gezeigtes Video der Fidelen Mölltaler, die in ihrem Lied „Es ziehen Rinderherden durch die Felsenwand“ dieses Schauspiel besingen und mit Filmaufnahmen bestätigen.
Auf der anderen Seite des Sattels (den wir 12.55 Uhr erreichen) ist der Weg zum Schobertörl (2.360 m) wieder auf Wanderwegniveau und auch der Rest hinab ins Tal hält keine größeren Schwierigkeiten für uns bereit. An der Eggerhütte (1.930 m) ist eine „Ausstellung“ dem Thema Buttern gewidmet, über das wir uns noch informieren, ehe wir weiter zur Fraganter Hütte (1.810 m) absteigen.
Ab 14:40 Uhr sind wir Hüttengäste im Schutzhaus Fragant, bekommen anfangs noch recht freundlich (von einer jüngeren Frau) unsere Feierabendgetränke geliefert und unser Zwei-Bett-Zimmer gezeigt. Danach verflacht der ganze Umgangston „etwas“. Jeder Frage folgt (von der Chefin) eine sarkastische Antwort, Widerwilligkeit wird offen zur Schau gestellt und ein ausufernder Nikotingenuß steht im Vordergrund und nicht etwa der zahlende Gast! Über die Qualität des Abendessens (Champignon-Creme-Suppe, Cordon Bleu, Tiramisu) gebe ich mal lieber keine Bewertung ab, da dieses Urteil zu subjektiv wäre. Es ist schon seltsam, wie der Service hier so läuft. Als Hüttengast braucht man sicherlich keine Rundumbetreuung, ein normaler Umgangston und ein gesundes Verhältnis zu seiner Arbeit reichen da schon völlig aus.
Schlafzimmer(tal)blick
Schlimm, wenn Berggänger darauf hingewiesen werden müssen!
Historische Bauten des Goldbergbaus
Tauerngold-Rundwanderweg
Fraganter Scharte - höchster Punkt der offiziellen Wanderroute Salzburg - Triest
Stempelstelle an der Fraganter Scharte (2.754 m)
Blick zum Hochwurtenspeicher
Salamander
Saustellscharte (2.560 m)
Hoher Ochsentrieb (2.651 m)
Schobertörl (2.355 m)
Eggerhütte (1.930 m)
Fraganter Hütte (1.810 m)
19.08.2024 / 8:40 Uhr / 24,9 km / 1.100 Hm+ / 2.050 Hm-
Fraganter Hütte (1.810 m) - Stall (860 m)
Ab 7 Uhr gibt es Frühstück - in Form eines Buffets. Die Auswahl ist jetzt nicht überwältigend groß, reicht aber für die Erstplazierten vollkommen aus. Nachfolgende Frühstücksgänger haben da nicht so viel Glück, auch wenn ein Schild nur die Entnahme „einer Semmel pro Person“ fordert. Bei einem Preis für die Halbpension von 39 Euro ist diese Einschränkung regelrecht frech, wenn man dazu bedenkt, daß die Infrastruktur eine Hüttenbelieferung mit dem Sattelzug ermöglichen würde. Wenn dann noch eine „Nachbestellung“ (eine halbe Stunde vor Frühstücksschluß) von der Chefin mit „Irgendwann reichts.“ abgeschmettert wird, ist man froh, bald wieder in die noch nassen Latschen schlüpfen zu können, um das Weite zu suchen.
Die Route zum Sadnig (2.745 m) über die Sadnigscharte (2.484 m) steht heute als einziger ernsthafter Anstieg auf dem Programm. Dieser beginnt recht sanft durch Wald und Heide, wird zum Sattel und zum Gipfel aber immer steiler. Während wir ganz schön zu kämpfen haben, laufen uns ganz unbeschwert drei Schneehühner (Lagopus muta) vor die Linse. Um 11 Uhr stehen wir auf dem Hohen Sadnig, einem phantastischen Aussichtsberg, und genießen dieses Privileg eine halbe Stunde lang. Ob früher auch der österreichische Alpinist Heinrich Harrer (1912 - 2006), der sich mehr den höchsten Bergen der Erde verschrieben hatte, hier oben stand, ist (mir) nicht überliefert. Für die Schlußszenen des Films „Sieben Jahre in Tibet“ holte dies 1996 jedenfalls sein „Double“ Brad Pitt für ihn nach - im Rother-Wanderführer ist deshalb auch von „Brad Pitt Peak“ die Rede.
Wir steigen gewohnt zügig ins Tal, nehmen den Anstieg zum Staller Tor (2.152 m). Dort "verlaufen" wir uns zuerst in die Koppel, durch die der Fahrweg führt. Doch dort warten schon ein paar aufgeregte Jungbullen auf unsere Ankunft - ein geordneter Rückzug zum Eingangstor steht uns nun bevor. Wir beurteilen unsere Lage neu und kommen zu dem Entschluß, nur ein paar Meter durch die Koppel zu gehen und dann den Elektro- und den Stacheldrahtzaun zu übersteigen, um außerhalb der Kuhweide zu laufen. Die Wegmarkierung ist jedenfalls so gelegt, führt später aber wieder zu den eingezäunten Bullen. Diese sind glücklicherweise außer Sichtweite, doch die Wegfindung wird (trotz eines Wegweisers auf der Weide) zum Geduldspiel.
Am Ende der Koppel verliert sich die beschriebene Spur. Wir wissen aber grob die Richtung, und kämpfen uns über zwei Stacheldraht-Zäune wieder auf die Route. Danach sind wir nur noch nach unserem Gefühl unterwegs und im Anschluß an eine abenteuerliche Bachpassage verläuft sich der Weg im Nichts. Wir nutzen nun die langatmige Serpentinenführung des Forstweges, kommen dabei glücklicherweise am Standplatz des Koller-Seilkranes und des Harvesters vorbei, deren Arbeit schon von weit oben zu begutachten war. Nach Rücksprache mit dem „Baggerfahrer“ kann ich mir diese speziellen Forstarbeiten aus der Nähe anschauen und auch Bilder und Videos davon anfertigen. Der Rest des Talweges auf der Straße ist eher ereignisarm, dafür aber schön ausufernd lang. Dazu schließt sich in Stall (870 m) die Quartiersuche an, welche letztendlich noch einen größeren Umweg um den Ort beinhaltet. Im Gasthof Suntinger schlagen wir unser Nachtlager auf - zum Empfang gibt es ein Begrüßungsstamperl (Zirbe), später noch ein Abendessen mit riesigen Portionen (Wiener Schnitzel und Omelett mit Schinken) und das obligatorische Feierabendbier.
Die Goldberggruppe der Hohen Tauern ist von uns passiert. Für die 69,3 Kilometer und 3.590 positiven Höhenmeter benötigten wir 112.818 Schritte, erledigten mit dem Sandig (2.745 m) nur einen Gipfel, überschritten aber mit der Fraganter Scharte (2.754 m) den höchsten Punkt der Tour.
Aufstieg zum Sadnig
Sadnig (2.745 m)
Talblick Richtung Fraganter Schutzhaus
Abstieg vom Sadnig (Hinterfeld)
Absteigen durch Übersteigen
Holzbringung mittels Seilkran und Vollernter
Kriegerdenkmal in Stall
20.08.2024 / 8:10 Uhr / 19,0 km / 1.785 Hm+ / 298 Hm-
Stall (860 Hm+) - Hugo-Gerbers-Hütte (2.347 m)
Das Prasseln des anhaltenden Regens wirft uns gegen 6 Uhr endgültig aus dem Bett. Ab 7 Uhr gibt es ein umfangreiches Frühstück mit Brot und Brötchen sowie Butter, Marmelade, Wurst und Käse, dazu Saft und Kaffee. Weil wir hungrig sind, essen wir auch alles ratzeputz auf - und siehe da, der Regen stellt seine Arbeit urplötzlich ein.
Wir müssen nun auf den Radweg an der Möll, den wir trotz Umweges auf Asphalt nicht mit trockenen Füßen erreichen, weil sich ein Wiesenabschnitt noch dazwischenklemmt. Das ist ärgerlich aber vielleicht trocknen die Schuhe auf den nächsten rund fünf Kilometern Radweg-Asphalt ab. Um 9:45 Uhr erreichen wir die Lamnitzbachbrücke (840 m), die am 22./23.08. voll gesperrt ist, und beenden die endlose Straßenhatsch ohne Höhengewinn. Dieser steht nun an und dies gleich recht deftig. Auf einem Kahlschlag geht es sehr steil und direkt nach oben, die Kehren der bestehenden Forststraße werden nur minimal genutzt und der Pfad fordert seinen Schweiß - trotz fehlender Sonneneinstrahlung. An einer Kreuzung unterhalb der Rosseggalm (1.506 m) gibt es für uns eine kleine Pause, aber nur zum Fotografieren. Eine wuchtige Lärche steht dort am Zaun und zieht folglich unsere Blicke auf sich.
Eine richtige Pause legen wir dann an der Lorenzalm (2.000 m), einer einzelnstehenden Holzhütte, ein. Es ist schließlich schon 12:45 Uhr und der Magen meldet sich fürs Mittagessen an. Nach 45 Minuten gehen wir weiter und passieren noch ein paar Hütten. Bald darauf betreten wir „Wolfsgebiet“, mit dem strengen Hinweis die Wege nicht zu verlassen. Ob dem wirklich so ist, wagen wir zu bezweifeln - auch wenn nach dem Gippersee (2.036 m), am Einstieg zum Klingentörl (2.382 m), fein säuberlich Skeletteile eines Schafes am Wegesrand abgelegt sind. Alles sieht aus wie arrangiert - erst eine Unzahl Verbotsschilder, dann die Absperrung an der Seehütte und nun diese Inszenierung. Es ist Privatgelände und deren Besitzer wollen sicher nur mit Nachdruck auf die verpflichtende Wegbindung des Wanderers hinweisen.
Der Weg vom Sattel bis zum Tagesziel wird von einem dunklen Wolkenvorhang, der sich am Höhenzug festhält, „beschattet“. Der zu befürchtende Regen bleibt glücklicherweise aus und so erreichen wir trocken um 16 Uhr die Hugo-Gerbers-Hütte (2.347 m). Dort werden wir freundlich von den Wirtsleuten (Enkel mit ihren Großeltern?) empfangen. Die Hütte wird ehrenamtlich vom Österreichischen Gebirgsverein (eine eigenständige Sektion des ÖAV) bewirtschaftet und die Belegung wechselt wöchentlich. Sie wurde 1910 in Betrieb genommen und seitdem scheint die Zeit keine großen Veränderungen an ihr vorgenommen zu haben. Mit den nur 25 Schlafgelegenheiten (in drei Lagern) ist die Hüttengröße grob angedeutet. Die urige Gaststube wiederum kann diese 25 Personen nur bedingt aufnehmen, wenn sie sich denn alle gleichzeitig dazu entschließen würden - es ist immerhin der einzige Aufenthaltsraum. Wasser gibt es im Gebäude nicht und der Waschplatz an einer „Quelle“ hinter dem Haus ist momentan versiegt. Doch rund 200 Meter Richtung Roter Beil gibt es sogar eine Dusche. Sie entnimmt ihr Wasser aus dem Fels und ist mit einer halbierten Holzröhre im Gelände installiert. Von dort bezieht die Hüttenküche auch ihr Wasser für die Zubereitung der Mahlzeiten. Diese gibt es dann am Abend auch nur aus einer Schüssel pro Person: erst Vorsuppe mit Pfifferlingen, danach Kichererbseneintopf (nur den Schoko-Bananen-Kuchen mit Pfirsich gibt es auf einem Extrateller). Der Aufwasch des Geschirrs wird mit den Hüttengästen zusammen erledigt, während Ute und ich Wasserkanister in der nahegelegenen „Dusche“ für die nächsten Arbeitsgänge füllen und herantragen. Ein Plumpsklo (eine Komposttoilette, bei der Holzspäne den Geruch verhindern) und der „Trockenraum“ am Kamin der Gaststube untermauern die Einfachheit, mit der man in den Bergen leben kann. Es ist herrlich hier - für mich die bisher beste Herberge unserer Tour. Nur zehn Übernachtungsgäste sind heute auf der Gerbershütte, für morgen ist sie jedoch ausgebucht.
Stall im Mölltal
Direttissima nach der Lamnitzbachquerung
Lärche an der Roseggalm
Lorenzalm
"Wolfsgebiet" oder nur Einschüchterung der Wandererscharen in diesem Privatgelände?
Gippersee
Prähistorisches Dinosaurierskelett oder doch natürlicher "Wolfsverbiß"
Klingentörl (2.382 m)
Berg Heil! ... fragwürdiger Gipfelerfolg auf einer unbenannten Anhöhe vor der Gerbers-Hütte
Hugo-Gerbers-Hütte
Dusche mit Talblick unweit der Gerbers-Hütte
Gaststube
Zu den Schlafräumen im Obergeschoß
Verbote und Regulierungen nach neuesten EU-Verordnungen
Abendstimmung an der Hütte
21.08.2024 / 8:15 Uhr / 12,0 km / 910 Hm+ / 1.071 Hm-
Hugo-Gerbers-Hütte (2.347 m) - Feldnerhütte (2.186 m)
Es regnet mal wieder, als wir uns 6:45 Uhr aus unseren Schlafsäcken schälen. Das anschließende Frühstück gibt sich, im Gegensatz zur Bescheidenheit der Hütte, regelrecht dekadent: Brot, Wurst, Käse, Schinken, Pflaumenmus, Porridge, Kaffee und Tee. Bevor wir die als „schwierig“ titulierte Tagesetappe in Angriff nehmen, machen wir noch einen Abstecher zum Roten Beil (2.497 m), auf dessen Rückweg wir noch unsere Wasserflaschen an der „hütteneigenen“ Naturdusche auffüllen. Um 9 Uhr sind wir zurück an der Hütte und nehmen nun noch unsere schweren Kiepen auf. Der Regen hat sich schon lange verzogen und der straffe Wind bläst die Felsen trocken - beste Voraussetzungen für unsere Tour.
Entlang des Grates zieht sich der teils ausgesetzte Pfad zum Schwarzwandkopf(2.683 m), über dessen Wänden ein Steinadler (Aquila chrysaetos) kreist. Je näher wir dem Gipfel kommen, umso rarer macht er sich am Himmel. Oben angekommen, ist er aus unserem Sichtkreis verschwunden. Wir wollen aber nicht meckern, denn die Sicht auf die umliegenden Berggruppen ist herrlich - so auch auf dem Hochkreuz (2.709 m), welches wir von 11 bis 11:45 Uhr für uns allein in Beschlag nehmen. Auf unserem Abstieg zum Kirschentörl (2.426 m) kommen uns dann gleich mehrere Tourengeher entgegen. Das Plateau unterhalb des Hochkreuz’ hält eine besondere Überraschung bereit: Kärntens einsamster und zugleich Österreichs höchstgelegener Briefkasten. Dieser wurde einst von einem Almhirten aus einer Bierlaune heraus an der Wegkreuzung installiert. Der Kasten wird vom 18. Juni bis 13. September täglich geleert, außer am 7. Juli und am 4. August. Diese zwei Daten sollte man jetzt nicht hinterfragen, da sie ebenso spontan festgelegt sind, wie die Idee insgesamt „geplant“ war. Der Entleerungszeitraum entspricht dagegen dem zeitlichen Aufenthalt des Initiators auf der Alm, der Schwanensteinhütte. Bei seinen Talfahrten zum Lebensmittelkauf wirft er die Post in einen „richtigen“ Briefkasten - und soll dabei sogar Nachfrankierungen vornehmen (diese Information ist allerdings ohne Gewähr).
Wir haben keine Postkarten im Gepäck und können uns daher den nächsten Bergwänden widmen, die uns zum Glenktörl (2.457 m) führen. Wir passieren dabei die Vierzehn Seen, die sich bei einer kleinen Bestandsaufnahme (vom Kamm aus) gut und gerne als zwanzig Seen entpuppen, wenn man denn alle Tümpel dafür erfasst. Leider setzt nun Regen ein. Noch einmal müssen die Hände aus der Tasche genommen und beim Anstieg durch ein enges Felsfenster zu Hilfe genommen werden. Auf Blockgelände geht es hinab zum Sattel, an dem man zum Namensgeber des Gebiets, dem Kreuzeck, in 1:40 Stunden aufsteigen kann. Aufgrund der bestehenden Sichtverhältnisse und der „hohen Luftfeuchtigkeit“ verzichten wir darauf. Daher stehen uns nur noch 45 Minuten Abstieg bevor. Es gibt dabei mal wieder (diesmal zudem frisch gewaschene) Heidelbeeren und 14:30 Uhr endet unser Tag an der Feldnerhütte (2.186 m). Hier kommen wir auch ohne Reservierung unter, obwohl dies gern gewünscht gewesen wäre. Wir bekommen einen Lagerplatz unter dem Dach zugewiesen (8-er Matratzenlager, zwei Plätze werden frei bleiben) und machen es uns danach in der Gaststube bequem. Im angrenzenden Glanzsee könnte man auch ein Bad nehmen, doch die äußeren Bedingungen laden nun mal nicht gerade dazu ein.
Die Hütte füllt sich so nach und nach. Neben einigen Einheimischen kommen auch ein größerer Schwung Holländer und unsere Salzburg-Triest-Mitstreiter. Wir sitzen bis zur Hüttenruhe (22 Uhr) mit Wirt Bruno zusammen. Er unterhält uns auf seine ganz spezielle Art, denn er ist Berliner und seit 21 Jahren hier in Kärnten. Völlig gelassen kritisiert er die neuen Sitten, die nun auch in den Bergen Einzug halten und ihn innerlich sichtlich zusetzen. Bruno wünscht sich deshalb nur den Erhalt des Status’, den die Kreuzeckgruppe derzeit innehat: Ruhe vor den großen Touristenströmen und ein Geheimtip für diejenigen, die sich hier auch zu benehmen wissen. Zudem verdeutlicht er anhand der Flugpreise die Planung des Nahrungsmittelvorrats für die Berghütte. Da für ihn nur eine Hubschrauberlieferung zu Beginn der Saison in Frage kommt, muß auf dem Einkaufszettel auch alles stimmen. Hauptabnehmer beim Bier wäre ein Viehhirte, der trotzdem zuverlässig seine Tiere an den Hängen der Kreuzeckgruppe versorgt und tagtäglich 4:30 Uhr an der Feldnerhütte vorbei „zur Arbeit“ geht. Er würde sicherlich noch länger seine Geschichten mit uns teilen …
Panorama am Morgen, neben der Hütte der Rote Beil (unser erstes Tagesziel)
Roter Beil - Aussicht zum Etappenbeginn
Kosaken-Kreuz an der Kreuzelscharte (2.471 m)
Kreuzeck-Höhenweg entlang des Kreuzeck-Höhenzuges
Hochkreuz (2.709 m) - dritthöchster Gipfel der Kreuzeckgruppe
Kirschentörl (2.426 m)
Briefkasten am Kirschentörl
... im Hintergrund Hochkreuz (li.) und Schwarzwandkopf (M.)
"Vierzehn Seen"
Felsdurchbruch zur Nordseite des Kreuzeckkamms
Talblick vom Glenktörl (2.457 m) Richtung Feldnerhütte
Glanzsee oberhalb der Feldnerhütte
Feldnerhütte
In der Feldnerhütte
22.08.2024 / 7:15 Uhr / 18,7 km / 595 Hm+ / 2.141 Hm-
Feldnerhütte (2.186 m) - Greifenburg (640 m)
Der Morgen ist ordentlich vernebelt. Es ist so zugezogen, daß wir bis zum Lackentörl (2.379 m) erstmal den falschen Weg wählen und so noch ein paar Höhenmeter zusätzlich mitnehmen. Unsere Schuhe haben schnell die Nässe der Wiesen und Wege aufgenommen und ein Platz zum Frühstücken findet sich in dieser ungemütlichen „Waschküche“ nicht. Also gibt es „Heidelbeeren to go“, die zuhauf unsere Route säumen und so das von uns ausgelassene Morgenmahl der Hüttenküche ersetzen. Das Gestein ist glitschig und fordert höchste Konzentration beim Gehen. Es geht auf und ab, teils ausgesetzt, zum Zweiseentörl (2.368 m). Die Sicht ist dabei auch weiterhin stark eingeschränkt.
Am Sattel des Zweisee-Schwarzstein (2.240 m) holen wir dann unser Rucksack-Frühstück nach. Wenigstens wird uns nun der Blick ins Tal gewährt - dabei beobachten wir die nervenaufreibende Arbeit zweier Viehhirten, die eine Kuhherde in unsere Richtung bugsieren wollen. Beide haben am Ende des Tages sicherlich mehr Höhenmeter in den Beinen wie wir. Die Arbeit in den Bergen ist hart und nötigt Respekt ab - für uns sind die Berge Erholung, weil wir hier aus freien Stücken unterwegs sind und keinerlei (für die Allgemeinheit) nützliche Ergebnisse liefern müssen. Wir können frei von Alltagssorgen in den Tag hineinleben, um kurz nach 11 Uhr schon das erste Bier trinken (aus dem wassergekühlten Trog oberhalb des Turggerbachs - 1890 m) oder uns zur Mittagszeit mit üppiger Brettljause oder leckerem Apfelstrudel vollstopfen (bei Erna’s Dünhofenhütte an der Emberger Alm (1.790 m).
Über steilabfallende Waldabschnitte und viele Straßenkehren nähern wir uns dem Tal und erreichen 15:30 Uhr Greifenburg (640 m). Im „Gasthof Post Aigner“ macht Ute eine Übernachtung mit Frühstück klar. Ohne Urlaubspflichten geht es dann aber doch nicht ganz: Wäsche waschen, weitere Übernachtungen für die Folgetage reservieren und den Essennachschub für den (fast) geleerten Rucksack einholen.
Mit der Kreuzeckgruppe verlassen wir nun auch die Hohen Tauern - 88.042 Schritte für 49,7 Kilometer mit 3.290 Metern im Anstieg. Mit Roter Beil (2.497 m), Schwarzwandkopf (2.683 m) und Hochkreuz (2.709 m) erweiterten wir unsere Gipfelsammlung um drei weitere Berge. Leider verabschiedet sich auch die Aufzeichnungsmöglichkeit von Polar und so bleibt der Zähler bei insgesamt 455.357 Schritten stehen - nach insgesamt 266,6 Kilometern mit 15.862 Höhenmetern.
Feldnerhütte - Gastraum am Morgen
Lackentörl
Zweiseetörl
Zweisee-Schwarzstein
Wenigstens etwas Talblick wird uns gewährt!
Viehhirten bei ihrer beschwerlichen Arbeit
Gaumenfreuden im Urlaub
Abstieg von der Emberger Alm nach Greifenburg
31-Sprossen-Holzleiter
Greifenburg
23.08.2024 / 9:05 Uhr / 29,1 km / 950 Hm+ / 850 Hm-
Greifenburg (640 m) - Radnig (740 m)
Die riesige Auswahl des Frühstücksbuffets und ein Apothekenbesuch gleich nebenan zögern unseren Startzeitpunkt hinaus. Wir haben dabei nur etwas Einreibe für Beine geholt (weil sich unsere mitgeführte Franzbranntweintinktur ungefragt im Rucksack ausgebreitet hatte) und bekamen noch mehrere Gratis-Traubenzucker zugesteckt - diese werden für uns in den Julischen Alpen „noch Berge versetzen“. Doch erstmal nehmen wir den Weg hinab zur Drau, dem wir bis Bruggen (588 m) folgen. Dort wollen wir wenigstens das Gasthaus Wulz aufsuchen, welches Ute bei der gestrigen Unterkunftssuche mehrfach erfolglos zu kontaktieren versucht hat. In deren Gaststätte und dem dazugehörigen Laden kann man, laut Führer, aus über 1.000 Sorten Bier wählen. Doch der Zahn der Zeit (Corona-Maßnahmen, Inflation) hat auch dieser Institution den Stecker gezogen. Nur noch ein Schild am hinteren Gebäude erinnert an die glorreiche Zeit des außergewöhnlich großen Bierangebots.
Durch den Wald geht es nun hoch zur Alm Pfarreben (1.160 m), wo wir 11:30 Uhr den höchsten Punkt unserer Route über die Gailtaler Alpen erreichen. Wir entscheiden uns nun aber noch, die bewirtschaftete Waisacher Am (1.245 m) zu besuchen. Dort steht zudem auf einem benachbarten Hügel eine formschöne Rotbuche, für die sich mein Fotoapparat interessiert. Nach einer halbstündigen Bierpause setzen wir unsere Wanderung um 12:30 Uhr fort. Es geht auf einem breiten Forstweg talwärts, bei dem sich Ute fast in einer über den Weg ausgebreitete Ringelnatter (Natrix natrix) verheddert hätte.
Am Ende des Weges gelangen wir am Ortseingang von Weißbriach (790 m) zu einer Gedenkstätte für die Heimkehrer und die Gefallenen der Weltkriege. Mehrere Appelle gegen den Krieg sind dort auf Tafeln verewigt: „Wer den Krieg erlebt hat, muß ihn ablehnen! Frieden in Freiheit“ (Heimkehrerverband Steiermark-Kärnten), „Dem unbekannten Soldaten. Gefallen auf dem Feld der Ehre, begraben dann im fremden Land, vermißt von denen die sie liebten, hier ruhen sie als unbekannt“, „Menschen die die Welt zerstören, die sitzen immer an der Macht. Da sie nie zu denen gehörten die blieben in der großen Schlacht.“ und „Möge die Jugend nie die Bedeutung des Wortes ‚Krieg‘ am eigenen Leib erfahren.“ … und trotzdem überzieht Europa derzeit wieder ein gigantisches Säbelrasseln, bei dem sich die Initiatoren schön aus der Pflicht nehmen und andere (in den Krieg) vorschicken.
Nach einer Vesper in Weißbriach (u.a. mit sechs Tüten Erdbeereis - bei immerhin 32°C) spazieren wir gemütlich an der Gössering bis Jadersdorf (690 m) hinab. Da wir im Etappenort Hermagor, aufgrund eines Honigfestes, keine Chance auf eine Übernachtung hatten, müssen wir nun die Originalstrecke verlassen und uns gen Radnig orientieren. Dafür geht es wieder bergauf und eine kleine Verlängerung durch den Wald bauen wir uns zusätzlich ein. Der Bogen um den Hügel des Rauns bringt uns zum Radniger Wasserfall und zum Naturschwimmbad, ehe wir 17:30 Uhr unsere Unterkunft in Radnig (740 m) erreichen.
Wir haben die Gailtaler Alpen, über den nicht so alpin geprägten Abschnitt des Gitschtales, so gut wie hinter uns. Wobei diese recht schmale Stelle im rund 100 Kilometer langen Gebirgszug erst mit Überquerung der Gail in Hermagor am morgigen Tag beendet sein wird. Insgesamt sind nun 295,7 Kilometer mit 16.812 Höhenmetern von uns zurückgelegt. Verschleißerscheinungen halten sich bei uns noch in Grenzen, doch bei meiner Ausrüstung wird es für die kommenden Etappen brenzlig. Eine angerissene Halterung am Rucksack sehe ich da noch nichtmal so problematisch, wie meine Schuhe, die schon ganz schön von den Bergen gezeichnet sind. Sicherlich zieht man für gewöhnlich in den Alpen Bergschuhe an die Füße, doch Ute und ich haben ja auch genügend sportliche Herausforderungen in den Alpen gemeistert und dabei stets „Turnschuhe“ getragen (Trail Verbier, UTMB, PTL, Tor des Geants). Es ist zum Bergwandern einfach ein leichteres Gefühl an den Beinen, wenn man sog. Trailrunning-Schuhe verwendet. Wenn jedoch so ein (für den Berggebrauch hergestellter) Schuh, der auch noch nach dem höchsten Berg der Alpen benannt ist, nach rund 300 Kilometern Laufleistung kein Profil mehr auf seiner hochgelobten Vibram-Sohle aufweist, muß man sich für den weiteren Tourenverlauf Gedanken machen. Die Julischen Alpen mit ihrem schroffen Gestein stehen ja noch aus.
Frühsport (Maut-Meile)
Obere Drau
"1000 Sorten Bier"
Rotbuche an der Waisacher Alm
Waisacher Alm
Jägerstand unterhalb der Waisacher Alm
Weißbriach, Heimkehrergedenkstätte
Radniger Wasserfall
Kein Ruhmesblatt für einen Trailrunning-Schuh nach rund 300 Kilometern Laufleistung!
24.08.2024 / 8:45 Uhr / 27,6 km / 1.590 Hm+ / 924 Hm-
Radnig (740 m) - Rifugio Nordio e Deffar (1.406 m)
Auch heute soll es wieder recht warm werden und die Sonne unser tägliches Programm begleiten. Wir starten nach einem ausgiebigen Frühstück vom Hotel Karnia hinab nach Hermagor (603 m). An der Gössering in der Ortsmitte passieren wir ein Sportgeschäft, welche mehrere Schuhe in der Außenauslage feilbietet. Wir gucken uns das Angebot näher an und werden nach längerer Suche (mit Beratung vom Chef) fündig: Millet Hike Up GTX M heißt mein neuer Begleiter, der vorerst noch im Rucksack platznimmt. Es handelt sich dabei um einen Trailrunning- und Wanderschuh mit einer robusteren Verarbeitung als sie mein derzeitiges Schuhwerk aufweist. Das bedeutet allerdings auch 28 Gramm mehr pro Kniehub, was bei einem Endpreis von reduzierten 90 Euro (laut Etikett 159,99 Euro) kaum ins Gewicht fällt. Für heute muß es aber noch mein Altra Mont Blanc (Kaufpreis immerhin 180 Euro) tun. Er wird am Abend allerdings ein erstes Loch zwischen Sohle und Oberschicht aufweisen und sich damit endgültig für einen Rucksackaufenthalt über die Julischen Alpen anbiedern. Für die letzten fünf leichten Etappen kann er seine Leichtigkeit am Fuß ja nochmal ausspielen.
Auch auf dem folgenden, langen und technisch unschwierigen Abschnitt an der Gail und im Forststraßen-Anstieg durch den Wald vermittelt er weiterhin ein angenehmes Tragegefühl. Interessant wird es erst, als wir nach einem Verläufer (bei dem sich der anfangs breite Weg nach und nach in unwegsames Unterholzgestochere auflöste) einen fast senkrechten Anstieg im Hochwald meistern müssen. Die Tritte im Waldboden müssen nun sitzen und die Hände suchen Halt in den Wurzelarmen der über einem stehenden Bäume. Rund zwanzig Minuten verbringen wir in diesem Abschnitt, der locker eine II auf der UIAA-Skala aufweist ;)
Um 13 Uhr erreichen wir die Dellacher Alm (1.362 m), wo wir uns mit Wasser zum Mitnehmen (am Brunnen) und Getränken zum Sofortverzehr (im Biergarten) eindecken. Auf dem Karnischen Höhenweg geht es anschließend bergauf-bergab weiter. Wir pausieren erneut - diesmal an einem Bach zum ausgedehnten Fußbad und nach dem Kesselwaldgraben (1.344 m) zum Fotografieren einer mächtigen Fichte am Wegesrand. An der Görtschacher Alm (1.555 m) findet eine größere private Feier statt. Dort könnten wir auch ein Gratisgetränk bekommen, so sagt es zumindest ein Junge, den wir abseits der Feier am Wegrand treffen. Doch wir lehnen ab - müssen ja nicht „auf jeder Hochzeit tanzen“. Durch eine Pferdekoppel führend, bringt uns der Pfad hoch zum Starhand-Sattel (1.885 m). Danach verlieren wir die eben mühsam zusammengetragenen Höhenmeter wieder - durch einen Wald geht es zur Dolinza-Alm (1.460 m), von wo es nur noch wenige Meter bis zur Grenze nach Italien sind. Diese überschreiten wir am Lomsattel (1.470 m) und erreichen 17:30 Uhr die CAI-Schutzhütte Rifugio Fratelli Nordio e Riccardo Deffar (1.406 m).
Die Übernachtung hatte Ute im Vorfeld gebucht, sie beinhaltet Bettenlager mit Halbpension (und diese wiederum ermöglicht das Gratis-Duschen, was in Berghütten meist gebührenpflichtig ist). Das Abendessen ist üppig und lecker. Zur Vorspeise gibt es Spaghetti mit Knoblauch-Öl, der Hauptgang besteht aus Gulasch und Polenta. Im Neun-Bett-Zimmer ist 20:30 Uhr für uns Zapfenstreich.
Gail
Dellacher Alm
Karnischer Höhenweg
Abkühlung im Bach
Monumentale Fichte am Wegesrand oberhalb des Kesselwaldgrabens
Zwischen Görtschacher Alm und Hochfläche am Starhand
Blick von der Hochfläche zum Starhand (M.)
... und zu den Julischen Alpen
Grenzübergang Lomsattel
Rifugio Fratelli Nordio e Riccardo Deffar
25.08.2024 / 8:00 Uhr / 19,3 km / 845 Hm+ / 1.511 Hm-
Rifugio Nordio e Deffar (1.406 m) - Tarvis/Tarvisio (740 m)
Erst 6:45 Uhr ist allgemeines Wecken im Raum. Das Frühstück wird ab 7 Uhr angeboten und ist für italienische Verhältnisse recht großzügig. Bevor wir heute auf die Reise gehen, bekommen wir von der Hüttenwirtin einen exklusiven Kugelschreiber (Aufschrift: SALZBURG + RIFUGIO NORDIO 1400 mt + TRIEST) mit auf den Weg - eine schöne Geste! Mit dem sich angedeuteten Schuhwechsel gehts los - entlang des Baches aufwärts durch den Wald, danach über Almwiesen zur Feistritzer Alm (1.722 m). Es ist 9 Uhr und genügend Luft für einen zusätzlichen Abstecher zum Doppelgipfel des Oisternig. Fünfzig Minuten später stehen wir am Gipfelkreuz des Ostgipfels (2.032 m) und genießen den Rundblick, tragen uns ins Gipfelbuch ein und besuchen nun auch den Hauptgipfel (2.052 m), der nur wenige Gehminuten westlicher liegt. In die Hänge des Oisternig wurden im Gebirgskrieg 1915-18 massive Geschützstellungen und Unterkünfte angelegt, welche heutzutage zu besichtigen sind. Unvorstellbare menschliche Leistungen wurden damals vollbracht, bei denen mehr Menschenleben durch Lawinen, Steinschlag, Kälte, Hunger, Entkräftung und Krankheiten als durch Kampfhandlungen zu beklagen waren. Die einst verbündeten Nachbarländer trennte seit der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn am 23.05.1915 eine 600 Kilometer lange Front vom Stilfser Joch bis zur Adria. Ehemalige Weggefährten zermürbten sich nun als Alpini und Gebirgsjäger in einem sinnlosen Stellungskrieg zwischen ihren geliebten Bergen.
Um 11 Uhr sind wir zurück an den Häusern der Feistritzer Alm, durch die die österreichisch-italienische Grenze verläuft. Die Schutzhütte Oisternig, welche auf österreichischer Seite steht, mit hauseigenen Rezepten wirbt und von einem italienischem Familienunternehmen bewirtschaftet wird, ist unser heutiger „Mittagstisch“. Wir sind aber fair und beschränken unser Mahl auf zwei Getränke, damit für die hungrigen Autotouristen noch genügend von diesen italienischen Köstlichkeiten übrigbleibt. Ein übervoller Magen wandert nun mal nicht gern, daher sollte man nur das von der Wärme (28°C) entzogene Wasser dem Körper zurückgeben. Zurück auf der Route, passieren wir entlang der Grenzführung die Almkirche Maria Schnee (1.754 m), den Pletschasattel (1.616 m) und die Achomitzer Alm (1.712 m) mit dem nicht mehr bewirtschafteten Schönwipfel-Schutzhaus. Beim Abzweig des Karnischen Höhenweges ist die Höhenangabe mit „über der Adria“ vermerkt - es sind demnach noch 1.712 Meter bis zum Ziel, wenn nicht noch ein paar Gegenanstiege dazwischen kommen ;)
Heute geht es tendenziell nach unten. An der unbewirtschafteten Forsthütte am Mulikopf / Rif. Forestale Cima Muli (1.495 m) rasten wir erneut. Nach einer viertelstündigen Pause verschwinden wir 13:15 Uhr im Wald hinab zum Bartolotal / Val Bartolo. Der Weg wird deutlich schmaler und ist teils durch umgestürzte Bäume blockiert. Als Wanderer kämpft man sich da schon irgendwie durch, doch als Radfahrer wird es schon schwieriger. Kaum zu glauben, daß man hier mit dem Fahrrad runterfahren muß - aber Spuren zeugen davon und lassen den Wanderer respektvoll staunend zurück. Im unteren Teil des Felshanges nimmt zudem der Schwierigkeitsgrad für den Fahrradfahrer zu. An der Talsohle (970 m) geht unser Pfad in eine Straße über, die von Menschenmassen frequentiert wird. Irgendein Konzert im hinteren Teil des Tales treibt die Leute hierher. In Saifnitz / Camporosso (807 m) wechseln wir ins Kanaltal / Val Canale, wo wir am Parkplatz des Musikfestivals um 14:30 Uhr eine Trinkpause einlegen (müssen). In diesem, bis 1918 zu Kärnten gehörenden Ort, spricht man mehrheitlich einen Dialekt des gailtalerischen Slowenisch - nur bei der Feuerwehr werden die Kommandos noch in Deutsch gegeben. Vielleicht hätte es Ute geholfen, wenn die Feuerwehr bei deren Volksfest für den Getränkeausschank verantwortlich gewesen wäre, wie es bei uns gang und gäbe ist. Die Sprachbarriere jedenfalls beschert ihr statt einem Radler ebenfalls ein Bier. Das lähmt natürlich (bei der intensiven Sonnenbestrahlung) den Bewegungsapparat. Doch bis zum Etappenort Tarvis / Tarvisio (740 m) sind es nur noch rund drei Kilometer, wo auch gleich beim erstbesten Etablissement (Hotel Raibl) eine Übernachtung festgemacht wird.
Nach einer erfrischenden Dusche und dem Waschen der Klamotten, brechen wir zu einem Stadtbummel auf, der in Wirklichkeit der Ladensuche dient. Der Rucksack muß nun wieder mit Proviant aufgefüllt werden, da der Rother-Führer für die anstehende Woche in den Julischen Alpen keine Möglichkeit des Nachkaufens von Lebensmitteln prophezeit. Auch ein Pizzaessen (für die nachfolgend schweren Etappen) wird darin empfohlen, doch das ist in Italien scheinbar nicht möglich. In allen Gastwirtschaften, an denen wir vorbeikommen, hält sich der Gast an seinem Glas Wein fest - Pizza Fehlanzeige! Essen die überhaupt was (vor 21 Uhr)? Ja, in unserem Hotel wird im Außenbereich Pizza serviert. Zwei Zweiertische sind noch frei und nicht reserviert, doch wir sollen im Innenraum platznehmen. Dann eben nicht! Vielleicht kommt ja noch besserbetuchte Kundschaft vorbei - wir verziehen uns jedenfalls, mit knurrendem Magen, aufs Zimmer. Doch keine Panik, liebes Hotel, die entgangene Pizza fressen wir euch morgen doppelt und dreifach vom Frühstücksbuffet!
Der Karnische Hauptkamm war, mit nur zwei Tagesetappen, eine sehr kurze Angelegenheit. Aktuell haben wir 342,6 Kilometer mit 19.247 Höhenmetern im Anstieg zurückgelegt. Nun geht es nach Slowenien in das schroffe Gebirge der „Julier“, für das sechs Etappen vorgesehen sind.
Einlaufen und Nachschnüren der neuen Schuhe
Feistritzer Alm
Oisternig
Kapelle "Maria Schnee"
Bunker an der Achomitzer Alm
Rast an der Forsthütte
Val Bartolo
Radweg in Saifnitz / Camporosso / Zabnice
Historische Aufnahme von Tarvis (im Hotel Raibl ausgehangenes Bild)
26.08.2024 / 9:15 Uhr / 25,7 km / 900 Hm+ / 532 Hm-
Tarvis/Tarvisio (740 m) - Tamar-Haus (1.108 m)
Wie angekündigt und vom Magen in Auftrag gegeben, wird das Frühstück heute etwas ausgedehnt. Dabei sind wir nicht die einzigen, die scheinbar gestern Abend keine Pizza mehr bekommen haben, denn auch die anwesenden Italiener stehen mehr am Buffet als das sie am Tisch sitzen. Dementsprechend schnell sind die Tröge auch leer und die Spätaufsteher haben das Nachsehen, weil nicht schnell genug nachgefüllt wird.
Mit maximal zulässigem Wandergewicht (Körper + Rucksack sind zum Bersten gefüllt) verlassen wir relativ spät unsere Unterkunft. Heute steht erstmals eine „Variante“ an, da die Zacchi-Hütte, als Etappenziel, ausgebucht ist. Man könnte nun trotzdem die Route über diese Berghütte nehmen und zu unserem neuen Tagesziel, der Tamar-Hütte, weiterlaufen, das wäre uns aber mit rund zehn Stunden reiner Gehzeit zu lang. Zudem ist der Weg zwischen dem Rifugio Zacchi (1.380 m) und La Poticina (1.844 m) durch einen Murenabgang gesperrt - man müsste demnach sowieso die „Variante“ laufen, die bis zum Unteren Weißenfelder See identisch mit dem „Original“ ist.
Auf dem Radweg (einer ehemaligen Bahnstrecke) verlassen wir Tarvis und biegen außerhalb des Ortes für einen kurzen Abstecher in die Gailitz-Schlucht / Orrido dello Slizza (670 m) ab. Nach den Häusern von Aciete (820 m) führt ein Waldweg zum Unteren Weißenfelser See / Lago Fusine Inferiore (924 m). Es ist Mittagszeit und eine Getränkepause können wir getrost einschieben, bevor wir wieder talwärts zum Radweg gehen, der von Tarvis ins slowenische Aßling / Jesenice, führt. Um 13:30 Uhr passieren wir die italienisch-slowenische Grenze (846 m) und biegen vom Radweg zum „normalen“ Grenzübergang nach Ratschach / Rateče ab. Hier wirbt ein Stop-&-Shop-Schild zum günstigen Einkauf. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und füllen wenigstens unsere Getränkeflaschen auf. Der Magen wird mit einer Tüte Chips beruhigt, für mehr ist sowieso kein Platz.
Nach rund zwei Kilometern biegen wir vom Radweg in ein Seitental ab. Es geht verwinkelt durch den Wald und endet am Nordischen Zentrum / Nordijski Center in Ratschach-Matten, dem heutigen Planica (870 m). Statt einer erneuten Rast steht nun das volle Besichtigungsprogramm auf dem Plan. Los geht es dabei mit dem Studium der Tafeln, welche einen unvollständigen Abriß vom geschichtsträchtigen Gelände am Fuße des Ponca-Gebirges geben und endet mit einer Besteigung (selbstverständlich mit vollem Gepäck) der legendären Skiflugschanze der Gebrüder Gorišek / Letalnica bratov Gorišek. Auch wenn am Hang des Srednje brdo noch sieben weitere Schanzen in verschiedenen Größenordnungen stehen, zieht die 1969 eröffnete (und mehrfach umgebaute) Skiflugschanze automatisch die Blicke auf sich. Mit einer Schanzengröße (Hillsize) von 240 ist sie derzeit, mit dem Vikersundbakken, die größte Schanze der Welt. Auf ihr wurden bisher 28 Skiflug-Weltrekorde aufgestellt. Den aktuellen Schanzenrekord hält seit 2019 der Japaner Ryöyü Kobayashi mit 252,0 Metern. Einen ebenso respektablen Rekord hält der Österreicher Christof Hochenwarter für die zu überwindenden 202 Meter Höhendifferenz - allerdings von unten nach oben. Beim RedBull 400 im Vorjahr „lief“ er die 400-Meter-Strecke vom Auslauf hinauf zum Absprung in 4:52 Minuten. Das wir das in dieser Zeit nicht annähernd bewerkstelligen, ist nicht so schlimm. Ärgerlicher ist da eher das Fehlen des Stempels (oder zumindest des Stempelteils) am oberen Schanzenbau, den man mit einem im Souvenirshop „im Tal“ erhältlichen, zweiten Stempel kombinieren kann.
Doch wir müssen weiter und der Gang in das Verwaltungsgebäude hätte nur Zeit gekostet. Wir betreten am Ende des Sportkomplexes den Triglav-Nationalpark / Triglavski Narodni Park und ein bequemer Weg bringt uns zum Tamar-Haus / Platinski dom Tamar (1.108 m), welches wir 17:20 Uhr erreichen. Die Übernachtung ist vorweg gebucht, das obligatorische Bier schmeckt und die letzten Tagesgäste verlassen so nach und nach die Hütte - Ruhe kehrt ein. Zum Abendbrot serviert man uns Polenta mit Gulasch bzw. Buchweizenbrei mit Sauerkraut und Kreiner Würsten. Mit unseren Münchner Mitstreitern Rosanna und Klaus sind wir die einzigen Übernachtungsgäste und teilen uns ein 21-Betten-Lager.
Tarvis - Piazza Unita
Tarvis - Trampolino Fratelli Nogara, stillgelegte K90-Schanze (HS 100)
Mit dem Verlassen von Tarvis kommt Triest immer näher!
Gailitz-Schlucht / Orrido dello Slizza
Gailitz-Schlucht u. Denkmal zu Ehren der in den Napoleonkriegen Gefallenen auf Kärtner Boden (Greuther Hügel in Grünwald)
Grünwald / Boscoverde
Bahnhäuschen der ehem. Kronprinz-Rudolf-Bahn
Dreisprachige Ausschilderung am Radweg Tarvis - Aßling
Unterer Weißenfelser See
Noch 4 Kilometer bis Slowenien
Grenzübergang am Radweg (Weißenfelspaß / Valico di Fusine / Belopeški prehod)
27.08.2024 / 9:40 Uhr / 9,0 km / 1.027 Hm+ / 447 Hm-
Tamar-Haus (1.108 m) - Posthaus am Werschetzpaß (1.688 m)
Heute gibt es erst 8 Uhr Frühstück, was für eine Berghütte recht ungewöhnlich ist. Daher nutze ich die Zeit davor für einen kleinen Rundgang ums Haus. Der am Eingang in den Wald angebrachte Wegweiser schreibt unser Tagesziel, den Werschetzpaß / Vršič mit 2:45 Stunden aus, während die Prestigeberge Jalutzspitze / Jalovec und Mangart mit sechs bzw. acht Stunden veranschlagt werden. Doch diese beiden lassen sich schlecht in unsere heutige, recht kurze Tour integrieren. Wir müssen unsere reichlich vorhandene Zeit anderweitig totschlagen. Das Frühstück macht dabei den Anfang: Kaffee, Brot, Marmelade, Honig, Leberwurst und sogar eine Büchse Thunfisch pro Person.
Zu Beginn unserer Tour machen wir einen Abstecher zum Schwarzwasserfall / Slap Črne vode (1.250 m). Auch wenn es heute nicht so drückend heiß ist, tut eine Abkühlung unter der Felsdusche ganz gut. Unser Weg setzt sich danach durch eine Felsrinne stetig steil ansteigend fort, geht danach in Lärchenwald über und erreicht den Slatnica-Sattel (1.815 m). Da es erst 11.30 Uhr ist, haben wir genügend Spielraum für die rund einhundert Höhenmeter zur Slemenova Špica (1.911 m), die wir auf bequemen Wiesenweg in einer Viertelstunde absolvieren. Es ist Mittagszeit, welche uns mit einer Aussicht auf die Steinwände von Mojstrovka, Jalovec und den Ponca-Spitzen sowie einem „Rückblick“ hinab zu den Skischanzen und unserer Unterkunft im Tamartal versüßt wird. Über die Scharten von Slatnica und Vratica (1.807 m) gelangen wir zum völlig überlaufenen Werschetzpaß / Vršič (1.611 m). Es ist Sloweniens höchstgelegener Straßenpaß, der Kronau / Krajnska Gora mit Trenta verbindet. Etwas abseits des Trubels befindet sich das Točar-Haus / Točarjev dom na Vršiču (1.620 m), auf dessen Terrasse wir eine zweite Mittagspause einlegen. Fast anderthalb Stunden Rast gönnen wir uns. Mit Schwarzbier, Kreiner Würsten und Tomate Mozzarella stärken wir uns ausgiebig, schließlich sind es nun noch 15 Minuten bis zu unserem Tagesziel, dem Posthaus / Poštaski dom na Vršiču (1.688 m), zu dem wir 14:45 Uhr gelangen.
Wir beziehen kurz darauf ein Acht-Bett-Zimmer („Mariborska soba“), welches wir uns mit vier Amerikanern teilen werden. Der Tag ist noch lang - für ausschweifende Bergtouren jedoch zu kurz. Daher nehmen wir nur noch die Aussichtshügel Bavha (1.706 m) und Werschetz / Vršič vrh (1.737 m), die sich in unmittelbarer Hüttennähe befinden, mit. Das Abendessen gibt es ab 18:30 Uhr noch vor der Hütte: Kichererbsensuppe, Spaghetti Bolognese und Pfannkuchen mit Sahne, Waffel und Erdbeeren.
28.08.2024 / 8:35 Uhr / 9,9 km / 1.015 Hm+ / 653 Hm-
Posthaus am Werschetzpaß (1.688 m) - Pogačnik-Haus (2.050 m)
Ab 6 Uhr mache ich es mir vor der Hütte bequem. Doch mit dem klassischen Sonnenaufgang hinter malerischer Bergkulisse will es einfach nicht klappen, denn immer wieder ziehen dunkle Wolken über den Prisank / Prisojnik. In diese Richtung führt unsere heutige Etappe und diese liest sich in der Beschreibung wie folgt: „Schwere Etappe. Nicht bei Regen, Nässe oder Gewitter gehen. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit unabdingbar. Einige Passagen sind mit Stahlseilen und Eisenstiften gesichert. Eine kurze Leiter, aber auch ungesicherte Kletterei im II. UIAA-Schwierigkeitsgrad sind zu bewältigen. Vorsicht auf Schotter und Restschneefeldern. Zwischen WP 4 (Einstieg in die Westwand des Razors) und WP 6 (Pogačnik-Haus) besteht Steinschlaggefahr durch weiter oben gehende Bergsteiger.“
Bevor es aber auf Tour geht, steht noch ein ausgedehntes Frühstück an. Mittlerweile haben sich auch die Wolken am Himmel verzogen und der Weg um den Prisank verursacht erste Schweißperlen im Gesicht. An einer Weggablung am Gladki rob (1.860 m) widerspricht sich dann unser zuverlässiger Wanderführer: einerseits sollen wir uns an den Markierungen der Nummer 1 (Slowenischer Bergwanderweg / Slovenska Planinska Pot) orientieren (dies ist der Weg geradeaus) und uns Richtung Razor mit rund 200 Metern Höhenverlust rechts halten. Wir nehmen die „1“ und steigen immer höher, bergab geht es erst an einem viel späteren Abzweig, vor dem Einstieg in die Prisank-Felsen. Obwohl es Europas erster Bergwanderweg, der ein Land komplett durchquert, ist (614 km mit 37.300 Hm+), zweigt dieser in fast unwegsamen, kaum noch als Pfad zu deutenden Bewuchs hinab. Eine vor uns flüchtende Kreuzotter im Dickicht untermauert den Status eines Wildwechsels (statt Weitwanderweges), der zu guter Letzt auch noch (markiert) über die Astwucherungen von Latschenkiefern führt. Nach schier endloser Stocherei im Gestrüpp mündet er auf einem gut angelegten Waldweg. Wir sind wieder auf Kurs, es geht nun (wie im Führer beschrieben) „leicht wellig durch Latschenkiefern und offenes felsiges Gelände“.
Wir nähern uns immer mehr dem Talschluß und realisieren, in der rechts neben uns liegenden mächtigen Steinwand den Übergang zum nächsten Sattel bestreiten zu müssen. Was aus der Ferne betrachtet, unmöglich aussieht, entpuppt sich als durchdacht angelegter Steig durch die Felswand. Bestens markiert und an den nötigen Stellen mit Eisen gesichert führt uns der SPP 1 um den ersten riesigen Block. Ein ungesicherter Abstieg auf einer Platte folgt und eine eng durch das Gestein führende Kehre bringt uns wieder nach oben. Im Gegenverkehr kommen uns acht Bergsteiger entgegen - sicherlich Bezwinger des Razors. Der obere Teil der Route zum Planja-Sattel / Sedlo Planja (2.349 m), den wir 13:25 Uhr erreichen, ist regelrecht entspannt.
Bis 14:15 Uhr verweilen wir bei bester Sicht (u.a. zu Sloweniens Felsklotz Nr. 1, dem Triglav) und gutem Rucksackessen (Wurst, Käse, Brot). Wir beobachten einen Steinbock mit Jungtier und deren Leichtfüßigkeit im hochalpinen Gelände. Der mit einer dreiviertel Stunde angeschriebene Weg zur Hütte entpuppt sich dann doch als zu optimistisch veranschlagt. Rund eine Stunde quälen wir uns durch das Schuttfeld und die Felsblöcke hinab. Das Pogačnik-Haus / Pogačnikov dom na Kriških podih (2.050 m) steht neben dem kaum wahrnehmbaren „Hügel“ des Griva. Auch hier tummeln sich, neben einer Vielzahl Bergtouristen, 15 Steinböcke in unmittelbarer Hüttennähe. Ab 16 Uhr beginnt das Zuweisen der Schlafplätze (10-Bett-Zimmer „Planja“ a 41,85 Euro HP) und um 18:30 Uhr kann man (aufgrund der Sprachbarriere) auf Abbildungen sein Abendessen bestellen: zwei Kreiner Würste für mich und Bohneneintopf (mit viel Sauerkraut) für Ute. Obwohl die Hütte nach außenhin (via Internet) voll ausgebucht ist, bleiben sechs Schlafplätze in unserem Raum frei.
Morgens vor der Berghütte
Poštarski dom na Vršiču
Der Prisank kommt für uns nicht in Frage!
Sloweniens Weitwanderweg SSP1 durch Latschenkieferngeäst
Der Weg zum Talschluß hin wird anspruchsvoller
Talschluß
Blick zum Prisank
Geröllfeld vor dem Einstieg in den Fels
Wegführung über ein Band in der Felswand
Abstieg auf einer Platte
In der Westwand des Razors
Blick zum Prisank
Ausgesetzte Wegführung - aber immerhin "überdacht"
Turn - zwischen Prisank und Mali Razor
Prisank
Der Doppelgipfel des Planja
Planja-Sattel
Planja-Sattel mit Razor im Hintergrund
Pogačnik-Haus (kaum wahrnehmbar in der Bildmitte), dahinter der Triglav
Der Triglav in Wolken (links das Triglav-Haus auf der Kredarica)
Steinböcke
Abstieg vom Planja-Sattel zum Pogačnik-Haus
Abstieg vom Planja-Sattel zum Pogačnik-Haus
Pogačnik-Haus vor der Felswand des Pihavec'
Pogačnik-Haus / Pogačnikov dom na Kriških podih
Steinböcke unterhalb der Hütte
Passend zur Steinbockschau des Tages: "Kozel Lager" und "Kozel Dunkel" a 6,50 Euro
Abendlicher Talblick von der Hütte
Gaststube im Pogačnik-Haus
29.08.2024 / 8:00 Uhr / 12,5 km / 1.150 Hm+ / 1.049 Hm-
Pogačnik-Haus (2.050 m) - Dolič-Hütte (2.151 m)
Ab 6 Uhr wird in der Hüttenküche schon das Frühstück bereitet. Wir haben es aber nicht eilig und lassen den ersten Schwung durch, ehe wir uns 6:30 Uhr im Gastraum Spiegel- bzw. Rühreier mit Brot schmecken lassen. Dazu gibt es Kaffee, die Getränke für unterwegs kommen aus dem Wasserhahn. Es ist zwar nicht als Trinkwasser ausgewiesen, wird aber als solches vom Küchenpersonal „empfohlen“.
Am Pfad, der durch Geröll und Felsstufen zum Sattel Dovška vratca (2.180 m) führt, warten erneut mehrere Steinböcke auf den Hobbyfotografen. Dieser hat beim Abbiegen in den Bukovije-Talkessel nun noch ein wesentlich mächtigeres Fotomotiv vor sich - die scheinbar unüberwindbare Nordwand des Dreikopfs, des Triglavs. Auch wenn die (fürs Fotografieren ungünstige) Sonneneinstrahlung hierbei versucht, das Bild des steinernen Kolosses zu verwässern, verliert die rund drei Kilometer breite und 1.500 Meter hohe Wand nichts von ihrer Wucht, die nun auf den Betrachter einwirkt. Man muß seinen Blick natürlich auch kurzzeitig von diesem Nationalheiligtum der Slowenen abwenden können, denn auch der Abstieg erfordert (teils mit Seilsicherungen versehen) höchste Konzentration.
Über das Luknja-Biwak (1.430 m) führend, geht es anschließend zum gleichnamigen Sattel - anfangs recht sanft durch schattigen Wald, danach schweißtreibend steil durch Schutt hinauf (1.758 m). Nach einer kleinen Mittagspause begeben wir uns 11:40 Uhr wieder talwärts. Ein gut ausgebauter Weg, der einst militärischen Zwecken diente, bringt uns bis auf 1.460 Meter Seehöhe und biegt danach zum Dolič-Paß ab. Auf bequemen Zick-Zack-Weg nehmen wir nun den finalen Anstieg zur Hütte. Als diese dann am Horizont auftaucht, zieht hinter ihr zudem ein Gewitter auf. Noch rund eine Stunde haben wir vor uns und die Abstände zwischen Blitz und Donner werden kürzer. Wir gehen in eine Art Endbeschleunigung über - die lethargische Dahinsapperei wechselt in einen schnellen Marschschritt.
Mit Erfolg, denn wir retten uns „unbeschadet und trocken“ um 14 Uhr in die, von einem steinernen Bollwerk umgebene (geschützte) Dolič-Hütte / Koča na Doliču (2.151 m). Sie steht seit 1953 unterhalb des Dolič-Sattels / Sedlo Dolič im Schatten des mächtigen Kanjavec und ist Ausgangspunkt für die Besteigung des Triglavs. Bekannt ist sie auch als Triester Hütte / Trzaška koča na Doliču, in Anspielung auf ihren Ursprung, einer 1930 von italienischen Bergsteigern gebauten Holzhütte, die im Winter 1950/51 dem Schnee zum Opfer fiel. Für den Neubau wurde ein etwas höher liegender, sicherer Ort gewählt. Aufgrund der hohen Besucherzahlen erfolgte 1973 ein größerer und modernerer Anbau. Trotzdem ist die Behausung recht spartanisch gehalten - ein vor sich hintropfender Wasserhahn im Eingangsbereich muß die Körperhygiene für alle absichern, ein zweitüriges Plumpsklo außerhalb die Notdurft gewährleisten.
Jedenfalls haben wir genügend Zeit, die wir in der Gaststube zubringen, denn die Schlafplätze werden erst 16 Uhr zugewiesen. Der Zug für eine Triglav-Besteigung (für die im Führer ein Extratag veranschlagt wird) ist dabei aber auch abgefahren. Wie ich (zu spät) aus den Gesprächen der Hüttengäste aufschnappe, braucht man für den Auf- und Abstieg je zwei Stunden. Das wäre gleich im Anschluß an das Gewitter machbar gewesen - nun ist jedoch zu viel Zeit dafür verstrichen. Ein Doppelstockbett in einem Fünfer-Zimmer ist unser Schlafplatz. Mit uns teilen sich noch ein slowenischer Bergführer und ein ungarisches Paar den kleinen Raum. Schade, daß dabei der Ungar die allgemeinen Hüttenregeln nicht ganz so beherrscht, wie es sein sollte. Er macht die Nacht zum Tag - kein Schnarchen, dafür Rumpoltern, Rotzen, Röcheln, Quatschen, Trinken.
Blick zurück zum gestrigen Abstieg zwischen Planja (li.) und Razor (re.)
Blick zum Pihavec
Auf dem weg zum Dovška vratca
Blick zurück zur Hütte mit dem Planja-Doppelgipfel
Blick vom Sattel Dovška vratca
Der Triglav drängt sich uns so langsam auf ...
Triglav-Nordwand über dem Bukovlje-Talkessel
Blick zurück zum Felsdurchgang Skok - Sovatna
Luknja-Paß (Bildmitte)
Bivak pod Luknjo
Luknja-Paß
Luknja-Paß mit Bovški Gamsovec
Blick vom Luknja-Paß in Vrata-Tal
Für militärische Zwecke in den Fels gehauene "Straße" - der Weg von Trenta zur Dolič-Hütte
Blick ins Tal von Trenta
Jede Menge Fels über dem Weg (rechts unten im Bild)
Entspannte Hüttengäste an der Dolič-Hütte - das Gewitter hängt hinter dem Dolič-Sattel linkerhand
Koča na Doliču pod Triglavem, Trenta 88, SLO-5232 Soča
Steinböcke an der Dolič-Hütte
Gastraum in der Dolič-Hütte
30.08.2024 / 7:30 Uhr / 17,5 km / 710 Hm+ / 1.341 Hm-
Dolič-Hütte (2.151 m) - Komna-Haus (1.520 m)
Weit vor 6 Uhr verlässt der Bergführer fast geräuschlos unseren Schlafraum. Kurz darauf folge ich ihm an die frische Luft. Es herrscht Aufbruchstimmung, denn der Großteil der Hüttengäste hat natürlich die Triglav-Besteigung auf dem Tagesplan und will dabei keine Zeit verlieren. Es ist demzufolge viel los vor der Hütte - zwei Steinböcke lassen sich davon jedoch nicht irritieren und grasen gleich hinter dem Bau gewohnt ungestört die Wiese ab. Als sich der große Trubel etwas verzogen hat, bestellen wir unser Frühstück. Es gibt (im Rahmen der 55,20-Euro-Halbpension pro Nase) zwei Spiegeleier mit Brot und eine Tasse Tee. Der sonst wahlweise angebotene Kaffee kostet extra - das ist Abzocke, wie auch die 6 Euro für anderthalb Liter Wasser oder die gebührenpflichtige Steckdosennutzung. Man sollte den Bogen dabei nicht überspannen! Berghütte hin oder her, Wasserknappheit haben auch andere und für jeden Furz die Hand aufhalten, geht auch mal ganz schnell nach hinten los.
Vom Traum der Triglav-Besteigung hatte ich mich gestern Abend schon innerlich verabschiedet. Heute früh wäre noch die Möglichkeit gewesen, diese Bergfahrt vor unsere Tagesetappe zu hängen. Doch dann hätten wir auch gleich ganz zeitig losgemußt und hätten dann ab Mittag noch rund sechs Stunden Tagessoll zu erledigen. So viel Streß wollen wir im Urlaub dann auch nicht, denn unser tägliches Programm merkt man abends schon - man ist ja schließlich keine 30, äh 50 mehr!
Einen kleinen Umweg haben wir heute aber doch noch auf dem Plan. Am Hribarice-Sattel (2.358 m) kann man mit einer Stunde zusätzlich den Kanjavec (2.568 m) auf einer mittelschweren Variante (laut Wanderführer) mitnehmen. Doch schon das Schild am Paß mit einer Zeitangabe von 45 Minuten und auch die persönliche Einschätzung beim Blick zum Gipfel, lassen Zweifel aufkommen. In Angriff genommen wird er trotzdem - schließlich ist es Sloweniens achthöchster Gipfel und wird als hervorragender Aussichtspunkt beschrieben. Wir schlängeln uns durchs endlose Gestein Stück für Stück nach oben und auf dem Grat muß man mal kurz die Hände zu Hilfe nehmen. Problemlos sind wir nach der angeschriebenen Dreiviertelstunde um 9:15 Uhr auf dem Gipfel. Die Sicht ist in alle Richtungen grandios, doch immer wieder bleiben die Augen am Triglav „gegenüber“ hängen.
Nach einer halben Stunde Pause gehen wir wieder zum Tagesprogramm über. Über die Südseite steigen wir bequem zu unserer Tagesetappe hinab, dabei fordern uns noch vier Steinböcke, die direkt am Weg stehen, zum Fotostop auf. Wir verlieren in der Steinwüste nun immer schneller an Höhe und entdecken bei einer Rast am smaragdgrün schimmernden Jezero v Ledvicah (1.831 m) Edelweiß. Auch die andere Vegetation nimmt ab da merklich zu.
Um 12:30 Uhr erreichen wir die Sieben-Seen-Hütte / Koča pri Triglavskih jezerih (1.685 m). An einem Brunnen füllen wir unsere leeren Wasserflaschen wieder auf und nehmen danach das Getränke- und Speiseangebot der Hütte in Anspruch: Heidelbeerstrudel und Kreiner Wurst, dazu ein Union-Radler und ein Laško-Bier. Wir sitzen dazu vor der Hütte, denn da trocknen die schweißgebadeten Sachen am besten. Als wir unsere Tour fortsetzen wollen, donnert es um uns herum und Starkregen setzt ein. Wir warten daher auf die erstbeste Gelegenheit und harren bis 14:15 Uhr aus. Doch die scheinbare Wetterbesserung hält nicht lang’ und das Donnergrollen beginnt erneut. Zudem weicht uns ein heftiger Regenguß ein. Doch unser Weg ist lang - lang genug, um die nächste Schönwetterperiode mitzunehmen. Diese zieht sich exakt bis 16:50 Uhr - unserer Ankunftszeit am Komna_Haus / Dom na Komni (1.520 m). Danach kübelt es wieder ohne Unterlaß.
Unsere Herberge hat fast Hotelcharakter, einzig das Wasser ist rationiert. Wir bekommen ein Vier-Bett-Zimmer zugewiesen, welches wir uns mit einem Schwede teilen. Abends gibt es Szegediner Gulasch (eher Szegediner Sauerkraut mit einem Stück Gulasch) oder Gemüseeintopf mit Kartoffelbrei, als Nachtisch Tiramisu. Die hervorragendeAnbindung des Hauses ans Internet sichert zudem die Buchung weiterer Übernachtungen.
Dolič-Hütte vor der Wand des Kanjavec
Für uns gibt es keinen Umweg über den Triglav!
Blick zurück zum Hribarice-Sattel und Mišeljski konec (M.)
Im Anstieg zum Kanjavec
Alpenschneehühner
Auf dem Gipfelgrat des Kanjavec' - im Hintergrund der Triglav
Blick auf das Hribarice-Plateau mit den drei Spitzen des Vršaki (li.) sowie die Gipfel Velika und Mala Zelnarica (M.)
Grat zum Kanjavec
Auf und Ab am Grat
"Gipfelkreuz" Kanjavec
Eintrag ins Gipfelbuch
Triglav - vom Kanjavec aus gesehen
Blick vom Kanjavec zu Prisank, Planja und Razor (links der Bildmitte).
Steinböcke beim Abstieg vom Kanjavec
Das Sieben-Seen-Tal / Dolina Triglavskih jezer mit seiner steinernen Einfassung
Jezero v Ledvicah
Sieben-Seen-Hütte / Koča pri Triglavskih jezerih
Dvojno jezero, der Doppelsee unterhalb der Hütte
Der Weg wird zum Bach und selbst die Linse vom Fotoapparat weicht auf - heftiger Regenguß an der Kalu-Alm.
Der Schein trügt: Komna-Haus kurz vor einem heftigen Regenschauer (nach unserer Ankunft)
... denn hinter dem Fotografen naht die nächste Regenfront.
31.08.2024 / 8:30 Uhr / 23,9 km / 730 Hm+ / 2.050 Hm-
Komna-Haus (1.520 m) - Tolmein/Tolmin (200 m)
Obwohl wir heute auf nicht ganz hohem Niveau (nur die Seehöhe betreffend) übernachteten, hat sich am Morgen der im Tal befindliche Wocheiner See / Bohinjsko jezero noch unter einer Wolkendecke versteckt. Wir sind allerdings schon weit vor 6 Uhr aus den Federn und kümmern uns um die im Trockenraum aufgegangenen Sachen, die noch eine recht hohe Restfeuchte aufweisen. Ab 7 Uhr geht es ans Frühstücksbuffet, welches reichlich von allem bereithält. Unser letzter Tag in den Alpen ist nun angebrochen - dementsprechend bedächtig trotten wir von der Hütte Richtung Globoko-Paß. Es geht wellig auf teils zugewachsenen Pfaden durch Kiefernwald dahin. Wir rasten oft, meist nur, um uns mit wehmütigem Blick von den Bergen zu verabschieden. Der höchste von ihnen ist heute mit Wolken verhangen, während wir die volle Sonneneinstrahlung ausbaden.
Um 11:20 Uhr haben wir den Globoko (1.863 m) neben dem gleichnamigen Paß (1.820 m) erreicht. Wir haben Mühe, die zahlreich vorhandenen Edelweiß nicht zu zertreten, denn unser Hauptaugenmerk gilt dem Fernblick. Von hier aus könnte man das Mittelmeer sehen - so steht es zumindest im Wanderführer. Doch dafür sind entweder unsere Augen zu schlecht oder der südliche Horizont ist zu diesig. Der Blick zurück gilt vorrangig dem Klotz des Triglavs, der sich immer noch mit seinem störenden Wolkenumhang beschäftigt.
Nun geht es nur noch bergab. Von der letzten Alpenscharte wird die lange Talfahrt in Angriff genommen. Wir passieren neben unzähligen Edelweiß und einer größeren Bunkeranlage des Gebirgskrieges das Globoko-Biwak / Bivak na prevalu Globoku (1.790 m) - eine liebevoll eingerichtete kleine Hütte mit allerlei Retroinventar. Eine entgegenkommende Gruppe junger Männer macht uns auf eine Kreuzotter aufmerksam, die in aller Seelenruhe unseren Weg passiert. Für ein Foto ist sie dann aber doch zu schnell.
An der Razor-Alm / Koča na planini Razor (1.315 m) gönnen wir uns noch eine halbstündige Getränkepause, ehe wir im bizarren Buchenwald teils steil bergab nach Gartenberg / Tolminske Ravne (924 m) absteigen. Nach einer Erfrischung am Brunnen dieses Weilers nehmen wir nun den seit Tagen „vermissten“ Asphalt unter die Sohlen, indem wir sehr lange Straßenabschnitte talwärts (und teils auch bergauf) gehen. In Laz (445 m) lassen wir uns noch für eine Käseplatte und die nötigen Getränke im Letni Vrt Pr Jakču nieder, von wo man einen herrlichen Talblick genießt. Ein etwas versteckter Weg bringt uns danach zur Dantehöhle / Zadlaška jama (270 m) und zum Ausgang der Tolmeiner Klamm / Tolminska korita (253 m), wo uns der Zutritt zu diesem Naturschauspiel verwehrt ist. Wenigstens erhalten wir von der darüberführenden Straßenbrücke einen kleinen Einblick in diese Schlucht. Wir haben nun auch den Triglav-Nationalpark verlassen, passieren wenig später den Soldatenfriedhof des 1. Weltkrieges / Loče pri Tolminu(auf dem 3.300 gefallene Soldaten ruhen) und erreichen 17:30 Uhr Tolmein / Tolmin (200 m). Eine halbe Stunde später beziehen wir im Hotel Dvorec Quartier, welches am Alpe-Adria-Trail liegt. Nach dem Duschen und dem Wäschewaschen wird im Supermarkt noch das Abendessen und die Rucksackverpflegung für die nächsten Etappen organisiert. Der Tag endet spätabends mit Regen und Gewitter.
Morgendlicher Talblick vom Komna-Haus
Komna-Haus am Morgen
Bauwerk der Natur am Wegesrand
Abschied von den Julischen Alpen
Blick zum (unverhüllten) Wocheiner See
Globoko (rechts) mit darunterliegendem Paß (vorn links im Bild)
Ehemalige militärische Anlagen unterhalb des Globoko
Hunderte Edelweiß am Hang des Globoko
Blick ins Globoko-Biwak
Razor-Alm / Koča na planini Razor
Steil durch Buchenwald talwärts
Ausgesetzt mit Aussicht
Gartenberg / Tolminske Ravne in Sicht
Ortseingangsschild
Dantehöhle
Blick in die Tolmeiner Klamm
Tolmeiner Klamm
Soldatenfriedhof von Tolmein
Verpasster Zweitliga-Fußball, NK Tolmin gegen Jadran Dekani (0:1)
01.09.2024 / 8:45 Uhr / 22,1 km / 1.140 Hm+ / 798 Hm-
Tolmein/Tolmin (200 m) - Tribil Superiore (542 m)
Halb sechs ist die Nacht beendet. Heute ist erneuter Schuhwechsel - der leicht defekte und sohlenmäßig abgewetzte Altra Mont-Blanc darf sich noch einmal bewähren. Fünf leichte Etappen stehen nun noch an, da ist ein etwas leichterer Schuh genau richtig. Bevor es auf die Reise geht, steht ab 7 Uhr das Frühstück auf dem Programm. Doch 7 Uhr in südlichen Ländern ist eben nicht 7 Uhr nach „deutscher“ Zeitmessung und so wird das überwiegend deutsche Publikum im Hotel mächtig unruhig, als sich zwei, drei Minuten nach sieben immer noch nichts bewegt. Für diese scheinbar endlose Wartezeit wird der (deutsche) Tourist entsprechend entschädigt - ein Frühstücksbuffet, welches kaum Wünsche offen lässt. Bis 10 Uhr könnten wir uns die Bäuche vollschlagen, doch wir schaffen es mit Ach und Krach nur bis 8:10 Uhr.
Wir schwenken im Ort kurz von unserer Route ab, um das Stadion oder den Sportplatz aufzusuchen, wo gestern Abend (ohne uns als Zuschauer) slowenischer Zweitligafußball stattfand. Der Blick schweift aber mehr zum Parkplatz der Sportstätte, da dort ein übermächtiger Tulpenbaum (liriodendron tulipifera) die Szenerie bestimmt. Sein genaues Alter ist nicht bekannt, es wird jedoch angenommen, daß er um 1700 gepflanzt wurde. Auf dem Alpe-Adria-Trail setzen wir unsere Tour fort und überqueren den Sontig / Soča (190 m), der unter seinem italienischen Namen traurige Berühmtheit erlangte: Isonzo. Die zwölf Isonzo-Schlachten, die sich über 29 Monate (Juni 1915 bis Oktober 1917) hinzogen und riesige Lücken bei beiden Kriegsparteien hinterließen, endeten mit der größten Katastrophe der italienischen Armee - dem „Durchbruch bei Karfreit“, bei dem die österreichisch-ungarischen Truppen mit Unterstützung deutscher Einheiten einen Rückzug der Italiener (rund zwei Millionen Soldaten und ca. 400.000 Flüchtlinge) erzwangen. Nach 885 Tagen Kriegsgeschehen kehrte endlich wieder Frieden am smaragdgrün-schimmernden Fluß ein. Damit war das „große Völkerringen“ aber noch nicht beendet, die Kriegshandlungen verlagerten sich nur an andere Orte.
Auf unserem Weg zum Kolovrat, dem wohl aussagekräftigsten Schauplatz unserer Etappe, der diese Kampfhandlungen thematisiert, verfehlen wir am Ortsausgang von Woltschach / Volče (205 m)unseren Weg. Doch das ist jetzt kein Beinbruch, da auch der Alpe-Adria-Trail und die Markierung des „OSEEH Vertikal tek“-Berglaufes (5 km mit 1.000 Hm+) das gleiche Ziel (Kolovrat) ansteuern. Es ist nur recht warm - 30°C und Sonne satt. Mehrfach muß ich im Anstieg mein Hemd auswringen, denn der Schweiß fließt in Strömen und weicht auch meine Hose mit ein. Da ist es wichtig, diese verlorengegangenen flüssigen Mineralien „im Ziel“ mittels Bierzufuhr zu ersetzen. Das können die Mopedfahrer in ihren Ledertrachten, die zeitgleich mit uns am Kolovrat (1.076 m) ankommen, natürlich nicht. Sie beglücken sich, ganz im Sinne der StVO, mit Mineralwasser aus 0,5-er Plasteflaschen. Ob sie sich auch noch ein zweites Getränk gönnen? Ich frage sie lieber nicht und trage meinen „Hopfen-Nachschlag“ recht provokativ an ihnen vorbei zu unserem schattigen Sitzplatz.
Doch so viel Eintracht, wie eben erlebt, herrschte hier nicht immer. Ein Labyrinth von Schützengräben und Befestigungen sowie Beobachtungsposten und Nachschubwegen durchzieht die Hügel und erinnert an die Zeit des 1. Weltkrieges, als sich die Italiener hier verschanzten. Über den höchsten Punkt des heutigen Tages, Na Gradu Klabuk (1.114 m), führt die slowenisch-italienische Grenze. Nach unserem militärischen Exkurs steigen wir 13:30 Uhr zur italienischen Seite ab. Der Weg schlängelt sich sehr steil hinab. Für meine fast profillosen Schuhe ist diese Aufgabe auf Dauer nicht lösbar und so liege ich nach einer Rutschpartie im Staub. Dabei habe ich mir schön das rechte Bein verdreht und kann nur mühsam wieder aufstehen. War es das etwa? Die Alpen sind überquert. Will mein Körper deshalb einen Abbruch erzwingen? Doch darauf habe ich noch keine Lust. Triest heißt das Ziel, auch wenn es jetzt im Kopf rotiert: Muß ich jetzt nachts durchhutschen? Ute bräuchte dann nur noch ein Einzelzimmer buchen und würde tagsüber zu mir auflaufen. Vielleicht geht es auch ganz normal weiter, wenn ich jetzt gleich wieder in Bewegung komme und den Knochen so keine Chance zum Einrosten gebe. Zur Unterstützung nehme ich meine Stöcke zu Hilfe, die ich größtenteils am Rucksack durch die Gegend trug - das ist ja jetzt keine Demütigung, andere Weitwanderer legen die Gehhilfen gar nicht erst weg und haben die im Dauerbetrieb im Einsatz.
Das Rifugio Solarie (956 m), an der Provinzstraße 45 gelegen, hat jedenfalls geschlossen. Das sieht der berühmte „Blinde mit Krückstock“ schon von weitem, doch ein offensichtlich sehr mitteilungsbedürftiger Mann (von der Tourismusbranche scheint er nicht hier abgestellt zu sein) bekräftigt unsere Wahrnehmung sehr theatralisch: „Chiuso.“ Und weil das noch nicht reicht, wiederholt er sein „Chiuso.“ noch dreimal. Wir können also beruhigt weiterwandern, denn diese Almgaststätte ist offenbar geschlossen. Die für Brieg / Clabuzzaro (802 m) angekündigte Osteria finden wir auch nicht gleich auf Anhieb und so fällt eine weitere Rast eben aus. Um 15 Uhr passieren wir die Kirche, den Friedhof und das Denkmal von San Volfango (754 m) und geraten wenig später bei Scala (660 m) in einen heftigen Regenschauer. Wir laufen daher zu einem Unterstand zurück, wo wir die halbstündige Regenpause nahezu trocken überstehen.
Gern hätte ich den Monte Cum (ein Hügel, der zwar nicht auf der Route liegt) mitgenommen, aufgrund meiner leichten Mobilitätseinschränkung verzichten wir darauf. Auf dem Friedensweg / Sentiero della Pace kommen wir noch an ehemaligen Materialposten und Außenlagern der italienischen Armee vorbei - stumme Zeugen des Krieges 1914/18. Unser Quartier in Tribil Superiore (542 m) ist 16:45 Uhr erreicht. Erstmals gibt es das Bier nur in 0,33-er Behältern, dafür ist das Essen (Reis mit Schnitzel und Gemüsebeilage) großartig. Wir teilen uns die Unterkunft mit zwei jungen Frauen, die ebenfalls Salzburg-Triest gehen aber schon fünf Tage länger dafür unterwegs sind und einem Alpe-Adria-Wanderer.
Wäschetrockenplatz Hotelzimmer
Tulpenbaum am Brajda-Sportpark
Sontig (deutsch) / Soča (slowenisch) / Isonzo (italienisch) / Lusinç (furlanisch)
Mühsamer Aufstieg zum Kolovrat
Rastplatz mit Aussicht
Blick vom Kolovrat zu den Julischen Alpen
Trinški vrh (1.138 m) und die Narben des Krieges
Freilichtmuseum Kolovrat
Na Gradu Klabuk (Grenze Slowenien - Italien)
Blick vom letzten Tausender der Tour Richtung Julische Alpen
Straßengrenzübergang Italien - Slowenien am Passo Solarie / Sedlo Solarji (955 m)
Paolo-Peli-Gedenkstein (li.) / Ricardo-Giusto-Denkmal, der erste ital. Gefallene (re.) am Solarie-Paß
Rifugio Casoni Solarie (CHIUSO)
Militärische Befestigungen am Monte La Cima
Mauereidechsen (Podarcis muralis)
Kirche von San Volfango
Natur trifft auf Technik
Wolkenbruch bei Scala
Blick auf den Kolovrat-Kamm
Tribil Superiore: Alpe-Adria-Trail-Wanderer (li.) und Alpini-Gedenken in der B&B-Unterkunft (re.)
02.09.2024 / 8:20 Uhr / 14,8 km / 510 Hm+ / 434 Hm-
Tribil Superiore (542 m) - Castelmonte (618 m)
Heute steht, wie gerufen, nur eine recht kurze Etappe auf dem Plan. Sie ist mit vier Stunden angegeben und ermöglicht es so, meinem lädierten Bewegungsapparat etwas Ruhe zu gönnen. Nach der Völlerei vom Vortag müssen wir heute zum Frühstück etwas kürzertreten. Für italienische Verhältnisse ist das Angebot überdurchschnittlich und daher vollkommen ausreichend.
Wir gehen den Tag ruhig an, denn es drängt uns ja nichts. Streckenlänge und Höhenmeter sind moderat, ebenso die Wegebeschaffenheit: viele Straßenabschnitte und breite Wanderwege. Mit tatkräftiger Stockunterstützung bekomme ich auch die wenigen Bergabstücke in den Griff. Unsere Route verläuft in Sichtweite zur slowenischen Grenze auf einem Kamm, der nur ein paar kleinere Wellen im Profil hinterlässt. Die Kirchen San Giovanni (702 m) und San Nicolò (670 m) laden unterwegs zur Aussichts- oder Essenpause ein. Vor unserem Etappenziel verlieren wir rasch rund 200 Meter an Höhe, welche wir im Anschluß steil wieder nach oben müssen. Es ist 13:45 Uhr, als wir den Wallfahrtsort Castelmonte (618 m) erreichen. Da Montag ist, haben alle „Gaststätten“ (wie auch schon unterwegs die Locanta al Trivio) im Umfeld geschlossen. Das wußten wir, hoffen aber auf das erweiterte Angebot (an Snacks und Getränken) in den beiden Devotionalienläden im Kloster. Doch diese Information aus dem Rother-Führer ist überholt - es bleibt uns also nur, den Wasserhahn auf der Toilette oder an der Klostermauer leerzutrinken. Ab 15 Uhr können wir auch unser Quartier im Innenhof beziehen, weil wir im voraus gebucht haben. Für alle anderen Interessenten an einer Übernachtung heißt es, bis 20 Uhr warten. Mittels Anruf wird der „Nachtwächter der Klosteranlage“ (so seine Funktion innerhalb der Kirchenmauern) zur Unterkunft gebeten, was auch innerhalb von zehn Minuten von ihm umgesetzt wird. Freundlicherweise verkauft er uns für die Abendgestaltung noch Wasser, Radler, Bier (wieder nur 0,33-er) und Chips, denn ausgewogene Ernährung ist auf so einer Reise immens wichtig.
Seilkran (italienisches Modell?) am Wegesrand
Quelle des Rio Costlas (601 m)
Unterwegs ...
Varch-Urataca (584 m): Hier schaukelt man im Alfa Romeo!
Höhle einer Maschinengewehrstellung in Klance
Ganztägig auf Weg 747 unterwegs
Blick von der Kirche San Giovanni zu den Julischen Alpen (am Horizont)
Himmlische Ruhe, wo einst und Gedeih und Verderb gekämpft wurde
Chiesa di San Nicolò
Vier deutsche Gefallene wurden einst an der Kirchmauer begraben
Castelmonte
Alter Olivenbaum in Castelmonte
Casa del Pellegrino - unsere Herberge in Castelmonte
Castelmonte "von innen" (li.) und das Kreuz im gegenüberliegenden Parco della Croce (re.)
Licht- und Wolkenspielereien am Himmel über Castelmonte
03.09.2024 / 7:00 Uhr / 31,9 km / 650 Hm+ / 1.212 Hm-
Castelmonte (618 m) - Kremaun/Cormòns (56 m)
In einem Kloster beginnt der Tag bekannterweise recht zeitig. Wir schlafen allerdings noch bis 5 Uhr, ehe wir uns ans Tageswerk machen. Aus dem Rucksack wird das Frühstück gezaubert und ist (aufgrund seines geringen Umfangs) nur von symbolischer Natur. Noch bevor die Kirchturmuhr sieben schlägt, verlassen wir die Klosteranlage von Castelmonte. Mein lädiertes Knie dankt mir den gestrigen Ruhetag und lässt eine vollständige Belastung wieder zu. Das Thermometer zeigt schon 21°C, doch die Bäume halten die Kraft der Sonne noch schön zurück. Eine Baustellenabsperrung für den Wegebau stellt kein Problem dar, weil noch niemand um diese Uhrzeit arbeitet. Es ist ja auch noch verdammt frisch, zumindest für italienische Verhältnisse! Wir passieren die Kapelle Tre Re (530 m) und gelangen kurz darauf zu den ersten Weinbergen, die uns heute ganztägig den Wegrand säumen. Ein kleiner Verläufer bei Brischis (219 m) ist dabei nicht zu tragisch, wenn dabei grob die Richtung stimmt.
In Centa (160 m) holen wir unser ausgefallenes Frühstück nach. In einem B&B fragen wir nach dem „zweiten“ B ohne das „erste“ B und werden prompt vom Mutter-Tochter-Gespann mit Brot, Käse, Wurst, Rührei und Wasser versorgt. Der danach vorgesehene Besuch der Kirche Peter & Paul entfällt, weil die Tante der Tochter, die den Schlüssel für das Gebäude hat, nicht erreichbar ist. Dann muß eben der kulturelle Teil auf der Strecke bleiben. Nun geht es weiter über Albana (99 m) ins Weinbaugebiet Collio, dem Aushängeschild der Winzer im Friaul: Weinberge, kleine Wälder, viel Straße, teils steile Rampen und 31°C mit viel Sonnenschein. Man könnte in einem der vielen Weingüter in dieser Gegend einkehren - doch Wein ist bei dieser Wärme nunmal kein guter Durstlöscher. Wir beschränken uns deshalb auf den wohldosierten Mundraub, der bei der Weinlese vergessenen Trauben, die zuhauf noch die Reben am Wegrand schmücken. Auch eine (noch nicht im Führer erwähnte) Wasserstelle am Ende von Scriò (216 m) wird in den Ernährungsplan aufgenommen.
Die Ortschaften, die wir durchlaufen, bestehen meist nur aus ein paar Gebäuden. Weinberg reiht sich an Weinberg (meist mit weißen Trauben bestückt) und verfallene Weingüter wechseln sich mit modernen Prachtbauten dieser Art ab. Unsere Pausen mehren sich, da die Wärme uns immer schneller den Stecker zieht, besonders, wenn es wieder in einem Weinberg nach oben geht. In Trussio (70 m) haben wir, nach einem Abstecher über Crastin (135 m) und Ruttars (140 m), die Talsohle am Fiume Judrio erreicht. Entlang der Provinzialstraße 14 gelangen wir zum finalen Anstieg des Tages. Es geht durch den Wald (natürlich mit einem selbstverschuldeten Umweg) zur Kirche Beata Vergine del Soccorso (189 m). Dort lasse ich Ute mit den Rucksäcken am Parkplatz zurück und erobere im Alleingang den Monte Quarin (274 m). Für den Rückweg baue ich mir dann selbst noch eine kleine Wegverlängerung ein, ehe wir gemeinsam den steilen Abstieg nach Kremaun / Cormòns (56 m) in Angriff nehmen.
Unsere Unterkunft, unweit des Stadtzentrums gelegen, ist 16 Uhr erreicht: das Hotel Felcaro - eine einstige Villa mit „österreichischen Wurzeln“. Die Ausstattung des Hotels erinnert fast ausnahmslos an die Zeit der Habsburger, auch ein Pool im Außenbereich steht zur Verfügung. Wellness und Nostalgie pur - auch beim Übernachtungspreis: nur 73 Euro für ein Doppelzimmer mit Halbpension. Wir stürzen uns aber erstmal ins Getümmel der Stadt, schließlich muß der Rucksack wieder aufgefüllt werden und ein Pizza-Essen sollte in Italien auch auf der Agenda stehen. Doch da haben wir wohl (wie schon in Tarvis) aufs falsche Pferd gesetzt!? Es gibt zwar dezente Hinweise auf die Hefeteigspeise auf den Aushängen der Lokalitäten, doch bestellen kann man diese nicht. Die Tische im Außenbereich der Wirtschaften sind meist mit Weißwein zugestellt, dieser ist überdurchschnittlich gut und (mit 1,50 Euro für ein Glas) verdammt preiswert. Doch dies rechtfertigt nicht, dem hungrigen Wanderer das Essen zu verwehren. Ute wird bei einem Bäcker fündig, der wenigstens Pizzastücke in kalter Form anbietet.
Statt Schwimmbeckennutzung im Hotel steht abends noch ein wenig Streß an. Eine über das booking-com-Portal getätigte Buchung wird plötzlich (telefonisch) vom Hotel storniert, weil sie ihr Zimmer nicht nur für eine Nacht belegen wollen. Das kann man nachvollziehen, doch es geht um die Stornierungskosten, die uns nun von „booking“ zugestellt würden. Trotz Sprachbarriere und Abreißen der Telefonverbindung wird dieses Thema nach einigem Hin und Her aus der Welt geschafft. Eine neue Herberge wird zudem gefunden und dingfest gemacht.
Mit dem Sonnenaufgang verlassen wir Castelmonte
Kapelle Tre Re, Baujahr 1470
Sollten wir, in dieser offensichtlich gesetzlosen Gegend, lieber umkehren?
Blick auf die ersten Weinberge der Etappe - oberhalb von Fragielis
Bed & Breakfest in Centa
Weinbaugebiet Dolegna del Collio (Mernico, Restocina, Ruttars Cavezzo, Scriò, Vencò)
Collio Brda - Weinbauregion Görzer Hügelland
Weinberg "Braide-Alte" der Azienda agricola Livon
Bequemer Anstieg im Schatten
Blick zum Monte Quarin mit der Wallfahrtskirche
Blick auf Kremaun / Cormòns
Wallfahrtskirche Beata Vergine del Soccorso
Monte Quarin: Besitzerwechsel der Burg im Jahre 1497
Castello di Cormòns, Ruine einer Höhenburg aus dem 7. Jahrhundert
04.09.2024 / 8:55 Uhr / 36,5 km / 430 Hm+ / 466 Hm-
Kremaun/Cormòns (56 m) - Tybein/Duino (20 m)
Das opulente Frühstück, welches im Felcaro aufgetischt wird, bringt uns an den Rand der Belastbarkeit. Trotzdem kaufen wir uns im örtlichen Supermarkt noch ein paar Getränke zum Sofortverzehr, denn auch heute soll das Quecksilber wieder über die 30°C-Marke steigen. Flaches Geläuf mit wenig Schatten hält der Reiseführer parat, da ist ein hoher Wasserpegel im Körper schon mal die halbe Miete. Noch 43 Kilometer sind es auf dem Straßenweg bis Triest, zeigt uns ein Schild am Ortsausgang an. Die Herrmann’sche Route hat da noch ein „paar Meter“ mehr zu bieten und windet sich auf Nebenstraßen und -wegen durch Wein“berge“ nach Süden.
In Gradis am Sontig / Gradisca d’Isonzo (32 m) wird ebenfalls alkoholfrei nachgetankt, ehe es auf den Görzer Karst geht. Dort steht die Luft und die Sonne hat ihre bisherige Zurückhaltung aufgegeben. Auch hier sind noch Stellungen aus dem 1. Weltkrieg vorzufinden, die von den Isonzoschlachten gezeichnete Landschaft, eine von hunderten Kratern durchpflügte Mondlandschaft, hat sich die Natur mittlerweile zurückgeholt - ihre mahnende Botschaft bleibt allerdings für die Ewigkeit. Passend dazu schrieb J. Aichinger nach seinem Besuch sämtlicher Höhenstellungen zwischen Isonzo und Tirol im Sommer 1918 in der „Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins“: „Bin ich also nicht imstande, aus eigenen Erlebnissen Kämpfe zu schildern, so kann ich doch durchweg aus eigener Anschauung über diese Spuren berichten, die der Krieg in die Berge eingegraben hat. Sie sind tief genug; manches wird zwar mit den Jahren verschwinden, die Wälder werden wieder nachwachsen, kahle Hänge sich wieder begrünen, aber die Arbeit im Stein, diese aus dem Fels gehauenen und gesprengten Gänge und Höhlen werden noch nach Jahrhunderten unseren Nachkommen von dem furchtbaren, mörderischen Krieg erzählen, der einst hier getobt hat.“ Dieses Zitat trifft demnach nicht nur für die Alpen zu, sondern hat für sämtliche Schlachtfelder Relevanz. Da könnten sich die aktuellen Kriegstreiber mal zum gemeinsamen Ausheben von Schützengräben (bei bestem Sonnenschein und ohne feindlichen Beschuß) im angewärmten Gestein der Hochflächen treffen und danach ein Resümee ihrer Tätigkeit ziehen - es müssen ja nicht immer die anderen die eigenen Ideen ausbaden.
In Doberdò del Lago (92 m) rasten wir für das Mittagessen aus dem Rucksack, da das folgende Restaurant im Besucherzentrum von Gradina (134 m) nur an Wochenenden geöffnet hat. Dort können wir uns zumindest am Wasserhahn erfrischen, bevor es in den ehemaligen Steinbruch des Naturschutzgebietes geht. An der Casa Cadorna (106 m), einer 1916 erbauten Steinhütte, die den Namen eines grausamen und menschenverachtenden italienischen Generals trägt, nimmt ein steiler Pfad den von oben zu erahnenden Doberdosee / Lago di Doberdò (14 m) ins Visier. Da der „See“ in einer Karstsenke liegt, regulieren dessen Wasserhaushalt die unterirdischen Zu- und Abflüsse durch Quellen bzw. Hohlräume. Erschütterungen durch Sprengungen während des Weltkrieges 1914/18 brachten das System von Zufluß und Entleerung ins Wanken. Bei unserer Stippvisite ist kaum Wasser wahrzunehmen - doch das ist im Sommer und Winter generell so.
In Jamiano (43 m) sind noch 22 Straßenkilometer bis Triest angeschlagen. Wir biegen nach einer kurzen Schaffenspause in einem schattenspendenden Bushäuschen wieder in die Natur ab und steigen sachte nach Medeazza (163 m) auf. Nun dauert es nicht mehr lang und wir haben einen ersten „richtigen“, einen großartigen Blick auf die Adria, nachdem wir vorher schon ab und zu die Werftanlagen von Falkenberg / Monfalcone gesichtet hatten. Wir blicken auf die stark frequentierte Eisenbahnlinie, die Autobahn, unseren Etappenort und das dahinterliegende Mittelmeer. Es ist 17 Uhr und noch eine Stunde benötigen wir, um unsere Unterkunft in Tybein / Duino (20 m), nach einem „Stadtrundgang“ zu erreichen. Außergewöhnliche Gastgeber mit einem Faible für ausgefallene Raumgestaltung erwarten uns. Doch wir haben gar keine Zeit für Schickimicki und gekünsteltes Gehabe, denn wir wollen nochmal in den Ort. Zwar springen wir nicht (wie im Wanderführer empfohlen) von der Hafenmole in die Fluten, denn der erste Adriakontakt ist bei uns für den morgigen Tag vorgesehen. Nach dem Sonnenuntergang bleibt uns noch der Gang zum außerhalb liegenden Supermarkts und dem Besuch einer „Pizzeria“. Endlich kommt Ute zu ihrer italienischen Teigspezialität. Das Bedürfnis ist groß und so wird die Speisekarte nur grob überflogen. Die „Pizza“ mit Schinken soll es jedenfalls sein. Der Kellner bringt uns daraufhin die bestellten Getränke, das Besteck und Brot. Brot zur Pizza? Egal, wie hier die Essensgewohnheiten auch sind, Ute hat Hunger! Nach einiger Wartezeit wird eine große Salatschüssel serviert - schmeckt hervorragend zu Brot und Weißwein, ist aber keine Pizza. Also die Speisekarte nochmal etwas kontrollierter gelesen und siehe da: hier gibt es nur Salate! Über so viel Blödheit müssen wir lachen, doch der Salat war erste Wahl. Also doch nichts falsch gemacht!
Hotel Felcaro: Auf gehts zum Frühstück!
Noch ein Blick in den Spiegel, bevor es los geht.
Die Kutsche bleibt stehen! Wir gehen zu Fuß!
Duomo di Sant'Adalberto
Nur noch 43 Kilometer bis Triest!
Blick zurück auf Monte Quarin (li.) und Monte Mò (re.)
Weintrauben an der Rebe
Gelesene Weintrauben
Das Ende von Corona!?
Gradis am Sontig: Denkmal für die Gefallenen des 1. und 2. Weltkriegs
Himalayazedern (Cedrus deodara) im Parco della Spianata in Gradisca d'Isonzo / Gradis am Sontig
Zitadelle von Gradis
Das Gebiet "Trincea delle Frasche" - die mit Ästen abgedeckten Schützengräben als größtes Hindernis der ital. Armee im Sommer 1915
Rundweg "Trincea delle Frasche"
Durch den aufgelassenen Steinbruch von Gradina
Blick auf den Karstsee Lago di Doberdò
Weg zur Casa Cardona
Lagd di Doberdò: Paludario (Paludarium)
Lago di Doberdò
Straßenwegweiser in Jamiano
Große Pause in Jamiano
450 Meter bis zur Staatsgrenze (zu Slowenien)
Blick auf unser Etappenziel und die Adria
Tybein / Duino
Für einen kleinen Obolus hätte man auch rund 800 Meter Wegstrecke über die Schienen abkürzen können.
Castello di Duino
05.09.2024 / 8:00 Uhr / 27,0 km / 550 Hm+ / 570 Hm-
Tybein/Duino (20 m) - Triest/Trieste (0 m)
Es geht auf zur Schlußetappe! Nach einem „italienischen“ Frühstück, bei dem nur der Anschein eines Morgenmahls vorgetäuscht wird, machen wir uns gegen 8 Uhr auf die Socken. Wir steuern den Rilkeweg an, der uns entlang (oberhalb) der Steilküste, teils recht steinig aber meist mit guter Aussicht zum Ortsteil Seestein / Sistiana (50 m) bringt. Mit leichter Steigung setzt sich unser Schlußakkord nach Santa Croce (210 m) fort, wo wir gegen 11 Uhr an der Kirche ein Pause einlegen. Die Straßenschilder weisen nun nur noch 9 Kilometer bis Triest und 4 bis Prosecco aus. Dazwischen liegt (für uns) aber auch noch der „Aussichtsberg“ Monte San Primo (277 m) mit seiner kanzelförmigen Betonerhöhung. Kurznach dem Meeresblick setzt heftiger Regen mit dumpfen Donnerschlägen ein - unser Schritt wird schneller und unter einer Grundstückseinfassung in Prosecco (254 m) finden wir wenigstens etwas Schutz vor der aufdringlichen Nässe.
Kurzzeitig besinnt sich das Wetter wieder und auf dem Weg zum Obelisk von Optschinach / Opicina (340 m) trocknen die nassen Klamotten recht schnell. Doch irgendwie will man uns die letzten Meter dann doch nicht im Sonnenschein gönnen und die Bewässerung von oben beginnt erneut. Wir biegen in den abschließenden Abstieg zur Adria ein. Es ist 14:30 Uhr, als wir unseren Zielort erreichen. „Trist, trister, Triest!“ - ein paar Erinnerungsbilder und ein Video vom Ortseingangsschild müssen aber sein. Zudem ziert nun auch eines unserer roten Bändchen (die wir am Rucksack als Erkennungszeichen für den Salzburg-Triest-Wanderer über die Alpen getragen haben) das Triest-Schild. Sehr steil und auf Pflaster setzt sich danach unser Abstieg in die Stadt fort. Hut ab vor denen, die auf dieser engen Straße ihren Alltag „ausfechten“.
Wir schlängeln uns durch die weitläufige Stadt und gelangen über den Piazza dell’Unita d’Italia zur Adria (0 m). Wir haben es geschafft! 15:30 Uhr stehen wir knapp unter Meereshöhe der Adria im Wasser - es wird unser einziger Kontakt mit dem Mittelmeer bleiben. Bevor es auf Hotelsuche geht, gönnen wir uns zwei Tüten Eis vom benachbarten Eiswagen. Im Hotel „Istria“ finden wir nach einiger Suche Unterschlupf. Danach können wir uns ins Getümmel der Stadt stürzen und finden (zu unserem Erstaunen) am Großen Kanal sogar eine Pizzeria, die ihrem Namen auch gerecht wird. Mit Einsetzen des sich lange angekündigten Starkregens endet die italienische Freiluftgastronomie abrupt. Für uns eine Punktlandung, denn mit dem Bezahlen der Rechnung wurde es erst ungemütlich. Mit „Füße in der Adria“, italienischem Eis, Pizza und Wein ist zudem unsere Urlaubsliste abgearbeitet.
Schloß Tybein / Castello di Duino
Der Golf von Triest (vom Rilkeweg aus gesehen)
Der Rilkeweg führt an der Steilküste entlang
Eine durchgängige Beschilderung "Salzburg - Triest" gibt es nicht ... Markierung eines österr. Reiseveranstalters
Santa Croce - Chiesa Invenzione della Santa
Vedetta Liburnia (li.) / Chiesetta di San Rocco in Santa Croce (re.)
Aussichtskanzel auf dem Monte San Primo
Heftiger Regenguß bei Prosecco
Beschilderung in Prosecco-Contovello
Strada Napoleonica von Prosecco nach Optschinach
... wird auch Strada Vicentina genannt
Blick auf Triest
Obelisk von Optschinach
Ortseingang an der Scala Santa von Triest
Unser rotes Band (welches wir am Rucksack über die Alpen trugen) ziert nun auch den Ortseingang an der Scala Santa
Canal Grande - der Große Kanal in Triest
Piazza dell'Unita d'Italia, der Platz der italienischen Einheit
... fast am Ziel unserer Wanderung (am Brunnen der vier Kontinente auf dem Piazza dell'Unita d'Italia)
... noch vorbei an diesem Gebäude, dem Palazzo del Governo
... und dann stehen wir nach 573,4 Kilometern Fußmarsch in der Adria
Täglich 19 Uhr treffen sich die Salzburg-Triest-Wanderer vor dem Tourismusbüro - das sind heute nur die zwei
06.09.2024 / 7:15 Uhr / ca. 20 km / kaum Höhenmeter
Strandsuche und Hafenbesichtigung
Unsere prallgefüllten Strandtaschen warteten am gestrigen Abend im Hotel ungeduldig auf ihren zweckgebundenen Einsatz und so machen wir uns am Morgen in aller Frühe mit den Badesachen auf die Socken. Das Frühstück wird im Vorbeigehen beim Bäcker eingesackt und im Gehen konsumiert. Viel Zeit haben wir nicht, denn um 11 Uhr müssen wir aus unserem Hotelzimmer. Die besten Strände findet man heutzutage über verschiedene Suchmaschinen im Internet. So handhaben wir es auch und folgen grob der vorgegebenen Richtung. Triest ist nun mal eine Hafenstadt und da muß man auch mal ein paar Meter laufen. Nach etwas Umherirren haben wir uns für einen Strand am nördlichen Ufer von Triest entschieden. Wir laufen entlang von Industriebrachen bis Barcola. Den von Google angezeigten Strand haben wir da lange passiert, doch dort war alles eingezäunt und private Strandanlagen (Bagno CRAL Autorità Portuale, Bagno Ferrovario), an denen wir danach vorbeikommen, sind logischerweise nur für „Mitglieder“ der Hafenbehörde bzw. Eisenbahn bestimmt. Leicht angesäuert begeben wir uns nach der erweiterten Strandsuche am Segelboothafen von Barcola auf den Rückweg. Doch wie schon am Vortag bei der Hotelsuche scheint Google nicht auf dem neuesten Stand zu sein und geleitete uns zu Absteigen, die vor mehreren Jahren vielleicht (?) einmal Touristen beherbergten.
Nach dem Erledigen der Formalitäten im Hotel (wo wir unsere großen Rucksäcke für den Tag deponieren können) wollen wir uns mal den Hafen von Triest (soweit dies möglich ist) näher anschauen - die 2,3 Millionen Quadratmeter Hafengelände würden wir sowieso nicht an einem Tag schaffen. Deshalb gucken wir uns in aller Ruhe das bunte Treiben rund um das am Morgen im Seebahnhof / Stazione Marittima vor Anker gegangene Fährschiff MSC Splendidad an, ehe wir weiter zum Containerhafen gehen. Ganz nebenbei entdecken wir auch einen Badestrand, zumindest ist dieses Stück Betonlandschaft als solches ausgewiesen und für 8 Euro Eintritt nutzbar. Doch unser dringendes Badebedürfnis hat sich erledigt - wir streifen da lieber noch ein wenig durch die Stadt. Gegen Abend holen wir unser Gepäck aus dem Hotel (wo wir auch noch einmal duschen hätten können) und finden uns anschließend am Piazza dell’Unita d’Italia ein. Täglich 19 Uhr treffen sich dort (laut Führer) die Salzburg-Triest-Wanderer vor der Tourist-Information. Heute sind wir nicht allein vor Ort, wie es gestern der Fall war. Mit sechs unserer Wegbegleiter der letzten Wochen und Tage tauschen wir bis 20 Uhr unsere Erlebnisse aus, dann „ruft“ uns die Heimfahrt.
Der erneute Transfer über die Alpen, diesmal mit dem Flixbus (Triest-Berlin), beendet 21:05 Uhr unseren Urlaubsaufenthalt am Meer. Über die Zwischenstationen Laibach / Ljubljana, Veldes / Bled, Klagenfurt, Linz, Budweis / Česke Budejovice und Prag werden wir mit halbstündiger Verspätung um 11:30 Uhr in Dresden abgesetzt. Da unser Anschlußbus (Dresden-Straßburg) erst 12:40 Uhr fährt, gibt es keinen Streß, wie auf der Hinfahrt in Nürnberg. Gemütlich klingt der Urlaub nach einer Stunde Busfahrt und dem Anschlußzug (13:52 Uhr ab Chemnitz Hbf) 14:30 Uhr daheim aus. Der Alltag (und vor allem Kater Hermann) hat uns wieder. Es wird nicht leicht für uns, in diesen Zirkus wieder einzutauchen. Vielleicht gelingt es uns ja!?
Punto Franco Vecchio - Alter Freihafen
Der Siegesleuchtturm (Faro della Vittoria) in Triest-Gretta ist 67,85 Meter hoch
MSC Splendida - 55.000 PS, 333 Meter lang, 38 Meter breit, Baukosten: 550.000.000 US-Dollar, Flagge: Panama
Die größte Segelyacht der Welt, beschlagnahmt 2022, monatliche Unterhaltungskosten: 800.000 Euro
Das will man uns doch hier nicht als "Strand" verkaufen?
Segelboothafen von Triest
Eisenbahnromantik im Hafen von Triest
Punto Franco Nuovo - Neuer Freihafen
Campo Sportivo Massimiliano Starc - Fußballplatz des ASD Sant'Andrea-San Vito
Salzburg-Triest-Wanderer Thomas, Ute, Jürg, Irene, Klaus und Rosanna vor dem Rathaus (Palazzo del Municipal)
Capitaneria di Porto - Hafenbehörde
Abschied vom Mittelmeer
Auch wenn jetzt die Dimension unseres Urlaubs für manchen etwas zu weit ausgeholt erscheint, wir hatten kein Problem damit. Wir hatten nie das Gefühl, nicht am Mittelmeer anzukommen. Wichtig war uns, jeden Meter dieser Unternehmung (vom Salzburger Kurpark bis in die Adria bei Triest) auch zu Fuß zurückgelegt zu haben und nicht auf technische Hilfsmittel ausgewichen zu sein. Langatmige Abschnitte im Tal oder beim Abstieg gehören genauso zu einer Alpenüberquerung wie schwierige Bergpassagen oder schlechtes Wetter. Von letztgenanntem wurden wir glücklicherweise verschont und konnten daher unseren Zeitplan auch ganz gut umsetzen.