Waldwiese

10. ULF (Ultra-Lauf Fichtelberg) 2013

Geschrieben von Thomas Delling.

31.10.2013 - 6:25 Uhr - 55,66 km / 1.605 Hm+ / 720 Hm- (Trainingslauf)

Kopie_von_DSC05075"Übersichtliches Teilnehmerfeld" oder "Jubiläum im erlauchten Kreis"

Mein zehnter Lauf von Chemnitz zum Fichtelberg stand an und mit Ute und Sören hatten sich letztendlich nur zwei Läufer durch den überaus schwierigen, dafür erforderlichen Qualifikationsmodus gemogelt, denn die über die vielfältigen Medien der heutigen Zeit in Umlauf gebrachten Schauergeschichten über die Entbehrungen und Qualen während dieser Tagestour hielten so manchen "eingeladenen" Lauffreund von dieser Unternehmung ab ...

Parallel dazu und um zweieinhalb Stunden zeitversetzt startet jedoch noch die 3-Mann-starke Reiter- ääh Radstaffel der Chemnitzer Verkehrs-AG, um den Gipfel des Fichtelbergs zu bezwingen. Es wird also eng werden auf dem Plateau von Sachsens höchstem Berg! Vorausgesetzt es kommen alle an! Und bei diesem Punkt macht mir natürlich das Wetter einen gewaltigen Strich durch die Rechnung (und das Ende Oktober!): Kälte, Regenschauer oder wie im Vorjahr (beim Nacht-ULF) Schnee(matsch) und eine daraus resultierende Ausfallquote von 66% des Teilnehmerfeldes hätten mir besser gefallen, wobei ich, der Jubilar, letztendlich nur das Ziel erreiche! So gab es aber nach anfänglichen 0°C (beim Start) noch Sonne satt und angenehme meteorologische Begleiterscheinungen, die ein Nichtankommen meiner Mitstreiter förmlich unmöglich machten.

Es wird also höchstwahrscheinlich nichts mit dem selbstgestrickten Helden-Epos, der so gut zu diesem Jubiläum gepasst hätte. Also mal ganz sachte wieder 'runter vom etwas zu hohen Roß und die Geschichte im nicht ganz so spektakulären Stil erzählt:

Mit Sören treffen wir uns, wie gewohnt, an der Endhaltestelle in Altchemnitz. Wir sind spät dran und müssen schon zum Treffpunkt hin die Schuhe etwas schneller bewegen. Das übersichtliche Starterfeld ist fürs obligatorische Foto schnell zusammengerückt und kurz darauf nimmt auch Sören seine Uhr in Betrieb. Den Pfarrhübel hoch Richtung Pappel noch auf Asphalt laufend, geht der Untergrund dort in eine Plattenstraße über. Dieses Geläuf reicht Ute allerdings schon aus, um eine Zwischenvermessung der Strecke zu vollziehen. Würde jetzt der "Helden-Epos" weitergeschrieben, müßte Ute schon umkehren, zurück nach Hause! Ungeeignet für den wesentlich anspruchsvolleren, folgenden Teil der Strecke! So gibt es jedoch ein paar aufmunternde Worte, denn sie will doch ihre mittlerweile sechste Fichtelberg-Ankunft nicht schon nach rund 3 Kilometern in den Dreck setzen.

Für die Distanzmessung ist heute außerdem Sören ganz allein verantwortlich. Ich habe auf meinen Schuhsensor verzichtet, da er nicht auf den getragenen Hoka kalibriert ist und ich dazu heute früh auch keine Zeit mehr hatte. Den überdurchschnittlich gedämpften "Hoka One One" trage ich zur "Polsterung" gegen meine Rückenschmerzen, welche glücklicherweise stark am Abklingen sind.

Wir laufen die Route, die wir die vorangegangenen Male absolviert hatten: über die Pappel, durch Berbisdorf, nach Eibenberg, Auental Kemtau, durch die Randsiedlung in Burkhardtsdorf und zur Besenschänke. Dann kommt das "Tischl" im Abtwald, wo wir die erste kurze Rast abhalten. Im kurz darauf folgenden Auerbach hält der ortsansässige Getränkehändler eine Erfrischung (in Form von limonadeverdünntem Bier) für uns bereit. Das Zeug vernebelt mir anschließend so die Sinne, daß ich im Wald- und Wiesenterrain oberhalb von Auerbach kurz die Orientierung verliere und meine Mitkämpfer gezwungen sind, mir den richtigen Weg weisen müssen. Was für eine Blamage!

Kopie_von_DSC05079Kopie_von_IMG_00000213Das "Tischl" bleibt ungedeckt, dafür gibt's am Verpflegungspunkt Auerbach "Radler"!

Durch das Auftanken in "Meischners Getränkehof" können wir den traditionellen Zwischenstop an der Jugendherberge getrost weglassen. Der Kopf ist zwischenzeitlich wieder klar und die Sinne sind bereit für die Aufnahme der Monotonie der Schneise I durch den Geyerschen Wald. Endlos geradeaus - Waldautobahn - Einschlafgefahr! Nur selten unterbrechen vereinzelte Wortgruppen den Genuß der Eintönigkeit, wir sind einfach nur sprachlos. Früher lag am Ende dieser Geraden der Wendepunkt der 18-Kilometer-Strecke des Thumer Pfingstlaufes, da konnte man gleich zweimal diese Freude auskosten - zum Glück wurde vor ein paar Jahren die Strecke "entschärft" und eine andere Variante gefunden.

Nach Überquerung der Zwönitzer Straße entschließe ich mich, im Sinne der Gruppe handelnd, das unwegsame Backenbart-Waldstück durch einen besser zu laufenden Weg durch die Abteilung Grauer Stein einzutauschen. Die anschließende Lauffreude (allerseits) auf einem begrasten Forstweg gibt mir dabei Recht und wir landen wie erwartet auf der Kiesbahn, dem Heimatliederweg.

Kopie_von_DSC05094Aussichtspunkt oberhalb von Hermannsdorf.

An den Hermannsdorfer Wiesen vorbei, auf der Kärnerstraße Richtung Fuchsberg (701 m) bewegen wir uns noch im Schatten des Waldes. Kurz darauf werden die Wege jedoch "sonniger" und wir haben zum ersten Mal am heutigen Tag einen freien Blick auf unser Ziel: weit hinten am Horizont thront die Silhouette des Fichtelberghauses. Zuvor müssen wir uns jedoch erstmal zum "nahe"gelegenen Scheibenberg durchkämpfen.

An der Gaststätte "Jägersruh" am Brünlaswald stoppt unser Tross für eine zehnminütige, schöpferische Pause. Nahrungsaufnahme in Form von Riegeln und Gels folgt. Ute muß zudem ihrem schmerzenden Fuß eine kleine Massage verpassen, denn das richtige Anwenden kleiner chiropraktischer Eingriffe und ein physiotherapeutisches Grundwissen sind eben Voraussetzung um an diesem Trainingslauf teilnehmen zu können! Ute beherrscht mittlerweile diesen "verarztenden" Teil ganz gut!

Der weitere Weg führt uns dann nach Scheibenberg, wo  der Supermarkt feiertagsbedingt geschlossen hat, aber Sören präsentierte eine (bei seinem Sommer-Solo zum Fichtelberg entdeckte) "Quelle" am Ortseingang von Oberscheibe  - zum Erfrischen ganz gut, trinkbar höchstwahrscheinlich nicht! Da müssen wir schon noch ein paar Kilometer durch die Flur, um an Trinkwasser (nach unserem Dafürhalten) zu gelangen. Am Erbisbächel, rund 10 Kilometer vor dem Gipfel, haben wir immer die Flaschen mit Bachwasser aufgefüllt, ohne danach große Magenprobleme zu bekommen. Also wird auch heute von diesem Angebot der Natur Gebrauch gemacht. Dem Wasser wird noch "zur Unterstützung während langer Ausdauerleistungen" ein Vitamin-Brausepulver zugesetzt und die anschließende neongelbe Farbe und der leicht chemische Geschmack nehmen uns die Angst, daß eine eventuell später auftretende Diarrhoe vom Bachwasser stammen könnte.

Kopie_von_DSC05105Kopie_von_DSC05115"Die Badelatschen, bitte!"                                          Der Ersatz-Fuß wurde mal wieder vergessen!

Auf der Schlußetappe über Joachimsthaler Straße, Ausrücke und Reitsteig muß Ute nochmals an ihren Fuß - Routinemassage zur Schmerzbekämpfung! Jetzt wird nichts mehr dem Zufall überlassen, ein Umkehren kommt nicht mehr in Frage, Augen zu und hoch! Nach 7 Stunden und 4 Minuten stehen wir in mitten von Menschenmassen auf dem Fichtelberg-Plateau. Die meisten von ihnen haben den Gipfel jedoch mit dem Moped, dem Auto oder der Seilbahn erklommen. Da kommen wir uns, in unseren Sportsachen, regelrecht verarscht vor.

Kopie_von_IMG_00000215Kopie_von_IMG_00000220Nach 7:04 h (brutto) / 6:34 h (netto) am Ziel.             80 Kilometer (incl. Keilberg): die Busfahrer.

Fehlt nur noch die Busfahrer-Equipe. Haben die sich etwa verfahren? Oder sind sie schon wieder auf der Rückfahrt? Auch ein Anruf beim Team-Kapitän schlägt fehl. Was ist da nur los? Im Foyer des Fichtelberghauses kümmern wir uns derweil um den dringend notwendigen Wäschewechsel und ich lasse mir an der Rezeption Fichtelberg-Stempel Nr. ?? in mein Buch drücken. Eine halbe Stunde nach uns trudeln die Pedaleure dann doch noch ein, "garniert" mit dem (hochwertigen) Keilberg-Gipfelerfolg. Nach rund 80 Kilometern steigen Jens, Rolf und Andreas von ihren Drahteseln und posieren mit uns vor den Gipfelbauten fürs Familienalbum.

Ein anschließender gemeinsamer Gaststättenbesuch rundet den erfolgreichen Gipfelsturm stilvoll ab. Linsensuppe mit Wiener Würstchen und ein Glas Bier werden hierbei kredenzt. Kurz nach halb drei halbiert sich die Sportlerrunde in der "Himmelsleiter", da wir den 15-Uhr-Bus von Oberwiesenthal nach Chemnitz nicht verpassen wollen. Also werden die angerosteten Knochen nochmal in den Laufmodus geschaltet und die ca. 2 Kilometer hinunter in den Ort mit unrunden Laufbewegungen absolviert.

Kopie_von_IMG_00000223Kopie_von_IMG_00000228Linsen- und Hopfensuppe zum Mittag.                         Abstieg nach Oberwiesenthal im Laufschritt.

Die Busfahrt nach Chemnitz wird zwar von mal zu mal teurer, aber man bekommt aufgrund zahlreicher Baustellen und damit verbundener Umleitungen jede Menge Erzgebirge zu Gesicht.

Statistik der zehn Fichtelbergläufe:

Nr. 1: 09.11.2008 - 9:00 Uhr - 58,42 km / 1.665 Hm+ / 780 Hm- / 5:43:59 h

Nr. 2: 01.06.2009 - 7:52 Uhr - 64,48 km / 1.870 Hm+ / 985 Hm- / 7:19:23 h

Nr. 3: 24.05.2010 - 8:20 Uhr - 58,46 km / 1.665 Hm+ / 780 Hm- / 6:51:00 h

Nr. 4: 13.06.2011 - 6:55 Uhr - 56,60 km / 1.665 Hm+ / 780 Hm- / 6:59:20 h

Nr. 5: 06.04.2012 - 7:25 Uhr - 64,73 km / 1.745 Hm+ / 856 Hm- / 6:56:13 h

Nr. 6: 28.05.2012 - 6:50 Uhr - 55,04 km / 1.539 Hm+ / 654 Hm- / 6:53:12 h

Nr. 7: 30.10.2012 - 23:15 Uhr - 59,05 km / 1.605 Hm+ / 720 Hm- / 8:40:54 h

Nr. 8: 07.05.2013 - 6:45 Uhr - 58,29 km / 1.595 Hm+ / 710 Hm- / 6:30:22 h

Nr. 9: 13.07.2013 - 14:30 Uhr - 116,31 km / 2.335 Hm+ / 2.335 Hm- / 16:59:24 h

Nr. 10: 31.10.2013 - 6:25 Uhr - 55,66 km / 1.605 Hm+ / 720 Hm- / 7:04:32 h

Ute Herfurt (Nr. 3*, Nr. 4, Nr. 6, Nr. 7, Nr. 9, Nr. 10)
Björn Golm (Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5)
Sören Schramm (Nr. 6, Nr. 10)
Siegfried Beyer (Nr. 6, Nr. 7)
Jens Mende (Nr. 2**, Nr. 3)
Robert Walker (Nr. 3*)

* ab Kilometer 29
** bis Kilometer 48   

Bilder vom Jubiläums-ULF            

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