Berglauf

28. Trophee des Martinaux in Lavey-Village 2014

Geschrieben von Thomas Delling.

17.08.2014 - 9:30 Uhr - 6,6 km / 1.225 Hm+ / 12 Hm-

Kopie_von_DSC07456Der Sonntagsausflug zur Skihütte "Les Martinaux" ist schweißtreibend!

Vor drei Jahren nahm ich schon einmal an diesem recht anspruchsvollen Berglauf teil. Damals war ich der 27. Anmelder, bekam die Startnummer 27 und kam in der Männerwertung auf dem 27. Platz ein. Dieses Jahr sind Ute und ich leider erst bei der "Inscription" am Sonntagmorgen, als die Startnummern 65 und 66 an der Reihe sind - muß ich dieses Mal etwa mein Lauftempo drosseln, um die Startnummer-Endplazierungs-Balance beizubehalten?

Wenn ich ehrlich bin: mein Trainingszustand gibt es gar nicht her, hier mit einem Zehner Schnitt, wie 2011, "hochzusausen". Der Morgen gibt sich schon recht sonnig und warm, was aber aufgrund der großen Waldabschnitte auf der Strecke kaum ins Gewicht fällt, wenn ich nach Ausreden (wegen der prognostizierten schlechten Zielzeit) suchen werde. Das obligatorische Einlaufen durch den Ort und auf den ersten Bergauf-Passagen gestaltet sich erwartungsgemäß recht zähflüssig, aber da kann man ja noch die rund 900 Kilometer Anreise mit "eingerosteten" Knochen und wenig Schlaf als Begründung vorschieben.

Kurz vor halb Zehn ist jedoch Schluß mit der Wehleidigkeit! Das Starterfeld versammelt sich vor der Schule von Lavey-Village (444 m) und lauscht den Ausführungen des Sprechers. Schon optisch habe ich mit meinen fast 90 Kilogramm hier nichts zu suchen, aber ich versuche mich trotzdem an dieser Herausforderung. Ebenso Ute - ihre Premiere in Lavey! Vor drei Jahren war sie nur Zuschauerin, heute kommt auch sie in den vollen "Genuß" der Veranstaltung und dieser umfasst neben dem wettkampfmäßigen Bergauf auch das entspannte Bergab! Es gibt keine Seilbahn, die die entkräfteten Läufer wieder nach unten bringt. Das "Auslaufen zum Start" ist aber nun für uns der angenehmste Teil eines Berglaufes und somit relativ problemlos.

Kopie_von_DSC07439Kopie_von_DSC07440Start an der Schule von Lavey-Village.                       Startnummer = Endplazierung?

Die ersten zweihundert Meter bis zum örtlichen Feuerwehrgebäude sind flach, danach geht es leicht steigend durch die engen Gassen zum Ortsausgang. Einen rund fünfzig Meter langen, etwas breiteren Straßenabschnitt muß ich nun noch zum Überholen nutzen, denn danach biegt der Kurs auf einen schmalen Waldweg ab, wo ein Vorbeilaufen am Vordermann nur noch bedingt möglich ist. Also gilt es jetzt Kräfte sparen für den langen, aber auch steilen Straßenabschnitt nach Savatan (620 m). Dort angekommen, ist die Luft aber auch schon raus! Wenn Überholvorgänge stattfinden, dann nur von hinten.

An der Polizeischule in Savatan ist die erste Wasserstelle aufgebaut. Dort gieße ich mir, im Vorbeihecheln, nur einen Becher über den Kopf. Danach verschwindet der Kurs im Wald und es gibt ein paar Bergab-Meter zum Erholen. Eine, auf dem leicht felsigen Untergrund gestürzte Frau aus der Spitzengruppe kommt mir dort humpelnd entgegen und beendet ihren Wettkampf nach gerade einmal zwei Kilometern.

Trotz einiger flacher Teilstücke bleibt der Rest der Strecke recht anspruchsvoll. Von gut zu laufenden Waldwegen, über steinige Abschnitte und Wiesenpassagen ist so ziemlich alles an Untergrund vertreten. Und es ist verdammt steil! Kurz vor dem zweiten Verpflegungspunkt in Morcles (1.160 m) nach fast 5 Kilometern habe ich meine "Tempogruppe" gefunden. Nur am abenteuerlich (auf der steilen Straße) aufgebauten Tisch der Verpflegung kann ich mich noch einmal drei, vier Plätze im Klassement nach vorn mogeln, da ich mir nur etwas zu trinken schnappe und nicht stehen bleibe.

Der Blick auf die Uhr verrät mir, daß es mit meiner 2011 erzielten Zeit vom 1:06 Stunden nichts mehr wird. Das bisherige "steil" erfährt eine weitere Steigerung und am letzten Wasserpunkt, rund einen Kilometer vor dem Ziel, habe ich mir schon 59:40 Minuten "die Beine vertreten". Der Becher Flüssigkeit landet wieder auf dem Kopf, denn jetzt kommt der schattenfreie Wiesen-Endspurt. Am "Noch 500 Meter"-Schild habe ich meine 2011er Zeit auf der Uhr stehen und der Kampf beginnt jetzt erst richtig.

Kopie_von_DSC07454Kopie_von_DSC07451Während Ute allein den Skihang hoch kommt ...          ... benötigt diese junge Frau Hilfe (von Mutti?)

Rund einhundert Meter geschotterte Forststraße lassen noch einmal eine kaum wahrnehmbare Tempoverschärfung zu. Dann biegt der "Weg" auf eine Art Skihang ab und das Brennen in den Oberschenkeln nimmt ungeahnte Ausmaße an. Jetzt bloß nicht noch einen Platz verlieren, denke ich mir. Nach vorn geht aber auch nichts mehr! Zwei Junioren und ein höchstwahrscheinlich Gleichaltriger bewegen sich nur einige Meter vor mir, aber sie halten ihre Schrittfolge bei. Keiner will hier, vor den im oberen Zielbereich aufgereihten Zuschauern, Schwäche zeigen!

Nach genau einer Stunde und 14 Minuten passiere ich völlig ausgelaugt die Ziellinie (1.657 m). An der Skihütte "Les Martinaux" warten jetzt Wasser, Tee und Iso sowie vorbereitete Portionen mit Weißbrot, Käse und Schokolade auf die Ankömmlinge. Viel Zeit zum Degustieren habe ich jedoch nicht, denn ich will Ute auf ihren letzten Metern zum Ziel nicht allein sterben lassen. Ihr gelingt es sogar, noch einen Mann zu überholen und zu distanzieren. Jedoch ist auch sie im Ziel gezeichnet vom Aufstieg.

Kopie_von_DSC07447Kopie_von_DSC07450Die letzten Meter bis zum Ziel.                                  ... noch ca. eine Viertelminute bis zur Erlösung.

Wir gönnen uns danach noch eine ganze Weile die phantastische Aussicht bis zum Genfer See und zum Mont-Blanc-Massiv. Als so ziemlich die Letzten nehmen wir nun den Abstieg nach Lavey wieder in Angriff, der stellenweise bergab komplizierter ist, als hochzu. In Morcles wird uns, wie gewohnt, Wein und auch der restliche Käse angeboten. Es geht recht familiär bei dieser Veranstaltung zu und der Dialog zwischen den Helfern und uns hält sich nur aufgrund unserer beschränkten Französisch-Sprachkenntnisse im kleinen Rahmen.

Kopie_von_DSC07482Kopie_von_DSC07486Am VP in Morcles gibt es auf dem Rückweg Rot- od. Weißwein! Der weitere Weg wird deshalb nicht breiter!

Auf dem Sportplatz der Schule von Lavey-Village finden derweil die Kinder-Wettkämpfe statt. Robin Van Persie, Xherdan Shaqiri, Carlos Teves und Thomas Müller - alle sind sie vertreten, zumindest werden ihre Trikots von den Kleinsten zur Schau getragen. Auch ich trage ein Fußballdress und zwar das der himmelblauen Pokalhelden vom Freitagabend (5:5 n.V. und 5:4 n.E. gegen Erstligist Mainz) - die kennt aber hier (noch) keiner. Während wir unsere (im Startgeld von 30 Franken inbegriffenen) Tortellini mit Hackfleisch und Tomatensoße futtern, entscheidet "Thomas Müller" den 400-Meter-Lauf der Unter-Neun-Jährigen mit riesigem Vorsprung für sich. Außerdem gibt es für jeden Teilnehmer ein Präsent in Form zweier Flaschen Kräuteressig mit Honig (Vinaigree de miel) und Walnußöl (Huile marinee aux noix) - keine Allerweltsware aus dem Supermarkt, sondern exklusiv aus lokaler Herstellung!

Am Stand von "Overstims" treffen wir den Organisator vom Trail Ticino, Fabio Bernasconi. Wir verquatschen mit ihm über eine Stunde - es geht um seine Veranstaltung, neue Zeitmeßgeräte und natürlich den PTL, an dem er zusammen mit Pascal Bourquin teilnimmt. Die Trainingsumfänge der beiden für diesen Gewaltmarsch um den Mont-Blanc sprengen jeden für uns vorstellbaren Rahmen. Hauptthema bleibt jedoch der plötzliche Tod des PTL-"Machers" Jean-Claude Marmier, der diesen Ultra von Jahr zu Jahr anspruchsvoller gestaltete und auch die Details der über 300 Kilometer langen Streckenführung genau kannte. Mit einem mulmigen Gefühl verlassen wir daher am späten Nachmittag das kleine Bergdorf, da ist mein 65. Gesamtplatz mit der Startnummer 65 nur Nebensache ...

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Ergebnis Männer:   95 im Ziel

1. Burns, Billy (Arbaz - GBR) - 1. VH1 - 47:56 min
2. Chauvert, Pierre (Team ... - SUI) - 1. SeH - 51:12 min
3. Amoudruz, Rene (Team Socquet Sports - FRA) - 1. VH2 - 55:02 min
4. von Siebenthal, Toni (Gstaad - SUI) - 2. SeH - 56:30 min
5. Nicolet, Claude (CA Varvagny - SUI) - 2. VH1 - 56:42 min
6. Orion, Maximillien (SCV Mount Asics Team) - 1. JuH - 57:16 min

57. Delling, Thomas (LV Limbach 2000) - 16. VH1 - 1:14:00 h

Ergebnis Frauen:   30 im Ziel

1. von Siebenthal, Nathalie (Laverien - SUI) - 1. Dames - 59:39 min
2. Fichter, Jennifer (Leysin - SUI) - 2. Dames - 1:03:35 h
3. Oester, Doris (Adelboden - SUI) - 1. Dames3 - 1:04:41 h
4. Gex-Fabry, Emilie (SC Champery - SUI) - 3. Dames - 1:08:19 h
5. Guex, Carole (Collonges - SUI) - 1. Dames1 - 1:08:30 h
6. Raeber Burgdorfer, Bernadette (Case Vavey - SUI) - 2. Dames1 - 1:09:42 h

22. Herfurt, Ute (LV Limbach 2000) - 4. Dames2 - 1:26:45 h

Veranstalterseite: www.tropheedesmartinaux.ch




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